Bosch: Schwächelnde Wirtschaft und stockender Hochlauf der E-Mobilität bremsen Zulieferer

(dpa/jr) Zulieferer im Dilemma: Bosch muss massiv in Zukunftstechnologie investieren, die Kosten dürfen aber nicht aus dem Ruder laufen. Wegen der schwächelnden Konjunktur setzt man die Jahresziele vorsichtig an.

Hohe Investitionen in die E-Mobilität und E-Antriebe (im Bild die Produktion von 800-Volt-Motoren in HIldesheim) bremsen den Zulieferer bei der Zielvorgabe: Bosch steuert durch schwierige Zeiten. | Foto: Bosch
Hohe Investitionen in die E-Mobilität und E-Antriebe (im Bild die Produktion von 800-Volt-Motoren in HIldesheim) bremsen den Zulieferer bei der Zielvorgabe: Bosch steuert durch schwierige Zeiten. | Foto: Bosch
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Wegen des stockenden Hochlaufs der E-Mobilität und der angespannten Konjunktur hält sich der Technologiekonzern Bosch mit den Jahreszielen zurück. «Die Märkte entwickeln sich verzögert – das ist bei der Elektromobilität so, das ist bei Wasserstoff und Wärmepumpe nicht anders», sagte Bosch-Chef Stefan Hartung am Donnerstag anlässlich der Bilanzpressekonferenz im schwäbischen Renningen. Man sehe in diesen Bereichen zwar weiterhin große Wachstumschancen. 2024 bleibe aber anspruchsvoll.

Wachstumsfeld und Kerngeschäft: Nachhaltige Mobilität

In seinem Kerngeschäft Mobility treibt Bosch strategische Entscheidungen für kommendes Wachstum zielstrebig voran: Allein in diesem Jahr laufen rund 30 Serienprojekte für Elektrofahrzeuge an.

„Die Elektromobilität kommt – die Frage ist nur, wie schnell in den verschiedenen Regionen der Welt“, sagte Hartung. „In Europa werden 2030 nach unserer Einschätzung voraussichtlich 70 Prozent aller Neuwagen reine Elektroautos sein, in China und Nordamerika 40 bis 50 Prozent.“

Wo große Distanzen mit schweren Fahrzeugen zu überwinden seien, blieben laut dem Konzern-Chef Lösungen wie Plug-in-Hybrid und Range-Extender noch einige Zeit gefragt. Weiteren Schub erwartet Bosch Mobility aus der Fahrdynamik-Technologie: Mit neuen und redundanten Bremssystemen, zugeschnitten besonders auf das elektrifizierte und automatisierte Fahren, wächst der Zulieferer jährlich um zehn Prozent – deutlich stärker als der Markt. Mit dem Vehicle Motion Management (VMM) setzt man auf eine innovative Systemlösung, die künftig alle Fahrzeugbewegungen koordiniert, indem es Bremse, Lenkung, Antrieb und Dämpfung ansteuert. Allein für zurückliegende Wintererprobungen haben die Schwaben mehr als 20 Testfahrzeuge großer Marken mit Varianten des VMM ausgestattet.

„Wir sind früh unterwegs und werden in diesem Jahr bereits mit einem ersten Auftrag in Serie gehen“, erklärte Hartung. Insgesamt will das Unternehmen damit im Jahr 2030 bereits einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe erzielen.

Wachstumsfeld: Wasserstoffmotor soll bei Nutzfahrzeugen helfen

Im Wachstumsfeld Wasserstoff bekräftigt der Zulieferer seine geschäftliche Erwartung: 2030 kann der Umsatz mit Wasserstoff-Technik voraussichtlich fünf Milliarden Euro erreichen. „2023 ist unsere Produktion von Brennstoffzellen-Systemen in Stuttgart und im chinesischen Chongqing angelaufen“, sagte Hartung. Leitmarkt werde voraussichtlich zunächst China sein, in Europa und Nordamerika erwartet Bosch erst in der nächsten Dekade größere Zuwächse. Aus technischer Sicht ist der schnellste Weg zum klimaneutralen Nutzfahrzeug-Verkehr mit dem Wasserstoff-Motor möglich. Für die entsprechende Technik sieht man 2030 ein Marktvolumen von nahezu einer Milliarde Euro.

Der Bosch-Chef erklärte: „Schon in diesem Jahr kommt in Indien ein Wasserstoffmotor mit unserer Einblastechnik auf die Straße, und wir arbeiten bereits an fünf Serienaufträgen namhafter Lkw-Hersteller aus allen Teilen der Triade.“

Auch an der kräftig zunehmenden Wasserstoff-Erzeugung will Bosch teilhaben: Weltweit wird bis 2030 die Kapazität für die Wasserstoff-Elektrolyse gut 170 Gigawatt installierter Leistung erreichen – rund 25-mal so viel wie heute. „Mit unserem Elektrolyse-Stack sind wir auf Kurs zum Markteintritt im nächsten Jahr“, erläuterte Hartung. „Bosch soll künftig nicht nur als Name für Wasserstoff-Antriebe, sondern auch für die Wasserstoff-Produktion stehen. Wir werden als Zulieferer den Zukunftsmarkt aktiv mitgestalten.“

Auch Wärmepumpen sind ein Wachstumsfeld

Der weltweit größte Autozulieferer - der auch Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge sowie Wärmepumpen verkauft - will seinen Umsatz im laufenden Jahr um fünf bis sieben Prozent steigern. Die Prognose fällt damit zurückhaltender aus als im Vorjahr. Das liege auch daran, dass man keinen nennenswerten Rückenwind aus der Weltwirtschaft erwarte, sagte Bosch-Finanzchef Markus Forschner. In den ersten drei Monaten 2024 sei der Umsatz der Gruppe im Vorjahresvergleich sogar leicht gesunken. Bei der Profitabilität stehen die Zeichen auf Stagnation: Forschner sieht das Unternehmen höchstens auf dem Niveau von 2023.

Im vergangenen Jahr machte der Konzern wie bereits bekannt einen Umsatz von rund 91,6 Milliarden Euro und ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 4,8 Milliarden Euro. Dafür sei der Einsatz aller Kräfte nötig gewesen, hatte Hartung früher im Jahr gesagt. Unter dem Strich blieben rund 2,6 Milliarden Euro übrig - deutlich mehr als im Vorjahr. Die Rendite - in dem Fall der Anteil des operativen Gewinns am Umsatz - lag bei 5,3 Prozent.

Sie ist eine wichtige Kerngröße für den Konzern, der aktuell mit seinen finanziellen Kräften haushalten muss, um den Wandel an verschiedenen Stellen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Bosch muss sein Geschäft teils radikal neu aufstellen und investiert dafür Milliarden - unter anderem in den Bereichen E-Mobilität, Wasserstoff, Chips und Wärmepumpen. Bis sich die Investitionen auszahlen, dürfte aber noch einige Zeit vergehen.

2026 will Bosch eine Rendite von mindestens sieben Prozent erreichen - und damit zwei Jahre später als angepeilt. Diese ist Hartung zufolge nötig, um aus eigener Kraft offensiv in Zukunftstechnologien, etwa für den Klimaschutz, investieren zu können.