WBO kritisiert Vergabeverfahren im Enzkreis

Die öffentliche Hand forciere Sozialdumping, während die Aufgabenträger den Baden-Württemberg-Index ignorierten, sagt der Busverband.

Yvonne Hüneburg vom WBO befürchtet durch das Vergabeverfahren Sozialdumping beim Fahrpersonal. (Foto: WBO)
Yvonne Hüneburg vom WBO befürchtet durch das Vergabeverfahren Sozialdumping beim Fahrpersonal. (Foto: WBO)
Claus Bünnagel

Für den Verband-Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) ist die Sache klar: Der Enzkreis boykottiert bei einer aktuellen Vergabe den Baden-Württemberg-Index. 

Ein Unding! (Yvonne Hüneburg, stellvertretende WBO-Geschäftsführerin)

 Zumal Landesverkehrsminister Winfried Hermann sich öffentlich für den Baden-Württemberg-Index ÖPNV Straße starkmache. 

Zum Hintergrund

Mit Datum vom 11. Mai 2021 hat der Enzkreis zusammen mit den Landkreisen Karlsruhe und Böblingen sowie der Stadt Pforzheim drei Vergabeverfahren mit einem Umfang von 2,3 Mio. Fahrplankilometer pro Jahr veröffentlicht. Die Vergabeunterlagen zeigten laut WBO: Der aktuell vom Land veröffentlichte Baden-Württemberg-Index werde damit bewusst umgangen. Die Kostenindexierung werde nach einem Bundestarif vorgenommen, der in Baden-Württemberg keinerlei Relevanz habe. Für den WBO ein echtes Ärgernis.

Busunternehmer, Landtagsabgeordnete und Kreisräte in der Region haben im Vorfeld der Vergabe mehrfach auf den neuen Landesindex hingewiesen. (Hüneburg) 

Auch der Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis (VPE) soll sich explizit für die Anwendung des Baden-Württemberg-Index ausgesprochen haben – er sei nicht gehört worden. 

Der Verband habe umgehend reagiert und diesen Umstand unmittelbar nach Veröffentlichung der Vergabeverfahren am 12. Mai gerügt und Abhilfe eingefordert – bislang ohne Konsequenz. 

Für uns ist klar, dass sich die Verantwortlichen in der Verwaltung absichtlich gegen den Landesindex ausgesprochen haben. (Hüneburg) 

Gründe sieht die stellvertretende WBO-Geschäftsführerin, die diesen echten Kostenfortschreibungsindex mitverhandelt hatte, in der Sparwut und dem mangelnden sozialen Verantwortungsbewusstsein der Aufgabenträger. 

Die öffentliche Hand kauft Verkehrsleistungen ein und ist nicht bereit, den angemessenen Preis dafür zu bezahlen. (Hüneburg)

Der Index

Der vom Land mitentwickelte Baden-Württemberg-Index solle insbesondere die Bezahlung des Fahrpersonals über die lange Vertragslaufzeit – im konkreten Fall acht Jahre – nach Tarif gemäß Landestariftreuegesetz (LTMG-BaWü) sicherstellen. Tarifentwicklungen über einen Zeitraum von acht Jahren zu prognostizieren – das sei selbst für den 400 Mitglieder starken WBO eine Herausforderung. Daher sei aus dem vom Landtag heraus beschlossenen Bündnis für den Mittelstand auch der Kostenindex für Baden-Württemberg (Baden-Württemberg-Index ÖPNV Straße) entwickelt worden. Dieser garantiere volle Kostenfortschreibung über den gesamten Vergabezeitraum hinweg. 

Wenn die Vergabe so bestehen bleibt, dann ist Sozialdumping beim Fahrpersonal vorprogrammiert. Wieso gesteht man den Fahrern keine Tarifentlohnung über die gesamte Vertragslaufzeit zu, die doch im Tariftreuegesetz festgeschrieben ist? In den Landratsämtern und Rathäusern erhält doch auch jeder Tariflohn samt Lohnerhöhungen bei Tarifveränderungen. (Hüneburg)

Andernorts stelle man sich dieser sozialen Verantwortung: Aus dem Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) sei zu hören, dass man dort zum neuen Landesindex stehe und diesem in den anstehenden Vergabeverfahren Geltung verschaffen wolle. 

Noch können die Vergabeunterlagen entsprechend abgeändert werden – die Indexierung durch den Baden-Württemberg-Index ersetzt werden, verbunden mit einer Verlängerung der Angebotsfrist.

Es fehlt bislang schlicht am guten Willen – und an Verantwortungsbewusstsein. (Hüneburg)