Der Fall: Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen verklagte die Busfahrerin und zwei Unternehmen, die Omnibusdienstleistungen anbieten, auf Schadensersatz in Höhe von 691.702,09 Euro. Dieser war als Folge eines Verkehrsunfalls auf dem Bahnübergang entstanden. Die Busfahrerin hatte im Omnibusbetrieb gelernt und sammelte bis zum Unfall neun Monate Berufserfahrung u.a. mit Gelenkbussen.
Gelenkschutz verhindert Weiterfahrt
Die Tour, die sie als „Springerin“ am Unfalltag übernommen hatte, war sie zuvor noch nicht gefahren. Hinter dem Bahnübergang befand sich eine Straße, die „scharf“ nach rechts abbog, in die sie hineinzufahren beabsichtigte. Auf dem Bahnübergang angekommen, setzte sie mindestens zweimal zurück, jedoch gelang es ihr nicht, in die Rechtskurve zu fahren. Im Zuge des Rangierens geriet der Bus in eine „Winkelstellung“. Der Gelenkschutz wurde aktiviert. Dies hatte zur Folge, dass sie in der „eingeschlagenen Lenkrichtung“ die Busfahrt nicht fortsetzen konnte. Eine Deaktivierung der Gelenksperre gelang ihr nicht.
Schüler konnten Bus verlassen
Das Heck des Fahrzeugs befand sich auf den Bahngleisen. Die Fahrerin informierte ihren Betriebsleiter, der sie bat, den Fahrdienstleister der Bahn zu informieren – allerdings zu spät, der herannahende Zug stieß in den Gelenkbus. Zuvor konnte die Fahrerin sicherstellen, dass alle Schüler den Bus unverletzt verließen. Die Haftpflichtgemeinschaft auf Seiten des Omnibusunternehmens regulierte zwei Drittel des Schadens, erklärte die Aufrechnung des Eigenschadens in Höhe von 111.354,73 Euro und zog 20 % von den geltend gemachten Mietkosten ab.
Das Urteil
Der Fall ging auch zum Bundesgerichtshof. Schlussendlich entschied das OLG Celle am 10. Mai 2023 eine Haftungsquote von 60 zu 40 % zugunsten des Eisenbahnverkehrsunternehmens (AZ: 14 U 36/20). Der Tenor: Die Risikolage sei durch das Stehen des Busses auf dem Bahnübergang geschaffen worden. Das sei die maßgebliche Ursache für die Kollision gewesen.
Jeder Stopp auf Bahnübergängen sei nach § 12 Absatz 1 Nr. 4 Straßenverkehrsordnung zu unterlassen. Einfahren dürften nur Omnibusse, die „mit Gewissheit“ ausreichend Platz jenseits des Gleisbereichs haben. Diese „hohen Voraussetzungen“ erfüllte die Omnibusfahrerin nicht. Sie hätte optische und akustische Warnsignale wahrnehmen müssen, so das OLG. Stattdessen sei sie weiter rückwärtsgefahren und aktivierte in weiterer Folge die Gelenksperre des Busses. Der Fahrerin sei nicht gelungen, die Deaktivierung vorzunehmen. Außerdem habe sie – „fälschlicherweise“ – angenommen, dass der Omnibus manövrierunfähig gewesen sei.
Ein Unfallverschulden des Klägers konnte nicht erwiesen werden, jedoch sei bei der Haftungsverteilung ein hohes Betriebsrisiko des Zugs zu berücksichtigen, so das OLG. Dies begründete das OLG damit, dass die Bahn – „technisch bedingt“ – kein „Ausweichmanöver“ vornehmen könne. Der Zug habe eine hohe „Aufprallwucht“, die sich beim hiesigen Unfallereignis realisierte. Das „Sicherungssystem“ des Klägers, das überwiegend „auf einer schnellen Reaktion“ des Zugführers basiere, sei eine hohe Betriebsgefahr. Dieses Risiko realisierte sich im vorliegenden Fall, so das OLG in seinem abschließenden Tenor.
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