Abfahrt von Bussen an der Haltestelle: Wer haftet bei Kollisionen?

Was gilt, wenn es beim Einfädeln zurück auf die Straße zum Unfall kommt – dazu hat das Oberlandesgericht Celle am 10. November ein Urteil gefällt.

Bei wem liegt die Beweislast und wer muss haften, wenn es bei der Abfahrt an einer Haltestelle zur Kollision zwischen Bus und Pkw kommt – dazu gibt es unterschiedliche Urteile vom OLG Celle und dem Berliner Kammergericht. (Foto: pixabay)
Bei wem liegt die Beweislast und wer muss haften, wenn es bei der Abfahrt an einer Haltestelle zur Kollision zwischen Bus und Pkw kommt – dazu gibt es unterschiedliche Urteile vom OLG Celle und dem Berliner Kammergericht. (Foto: pixabay)
Martina Weyh

Ein komplizierter Fall, der in letzter Instanz wohl durch den Bundesgerichtshof geklärt werden wird – ein Busfahrer in Verden kollidierte 2019 beim Wiedereinfädeln von der Haltestelle in den fließenden Verkehr mit einem Pkw. Es entstand ein Schaden von gut 10.000 €. Der Busfahrer behauptete, den linken Blinker eingeschaltet zu haben, konnte das aber nicht beweisen.

Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) sieht es so aus – ein Fahrzeug muss jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen, wenn es vom Fahrbahnrand auf die Fahrbahn einfährt (§ 10 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung, StVO). Fährt ein Linienbus aber von einer Haltestelle ab, müssen Fahrzeuge auf der Fahrbahn nach § 20 Abs. 5 StVO nötigenfalls warten.

Der zuständige 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat jetzt mit Urteil vom 10. November 2021 entschieden, dass der Busunternehmer dem Halter des Pkw den überwiegenden Teil (75 %) seines Schadens ersetzen muss (Az.: 14 U 96/21). § 20 Abs. 5 StVO schränkt zwar den Vorrang des fließenden Verkehrs ein, sodass eine Behinderung durch das Anfahren eines Busses hinzunehmen ist.

Dafür muss der Fahrer eines Busses aber den Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig setzen, was dieser im konkreten Fall nicht beweisen konnte, und sich vergewissern, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht stark bremsen müssen.

§ 20 Abs. 1 StVO bestimmt zwar weiter, dass an haltenden Omnibussen nur vorsichtig vorbeigefahren werden darf, insbesondere nur mit mäßiger Geschwindigkeit, im Einzelfall auch nur mit Schrittgeschwindigkeit. Hier stand aber aufgrund eines Gutachtens fest, dass der Pkw nur mit 30 km/h an dem Bus vorbeigefahren war. Deshalb führte nur die sog. Betriebsgefahr des Pkw dazu, dass dessen Halter 25 % des Schadens selbst tragen muss.

Gegenteilige Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen

Ganz anders, genau gegenteilig hatte das Kammergericht in Berlin in zwei früheren ähnlich gelagerten Fällen geurteilt. Die Berliner Richter vertraten die Auffassung, dass die Beweispflicht beim Pkw-Fahrer liege und der widerlegen müsse, dass ein Busfahrer rechtzeitig geblinkt habe.

Das Oberlandesgericht Celle hat deshalb die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen, um eine höchstrichterliche Klärung zu ermöglichen.