Bundestag beschließt umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes
Der Bundestag hat am Freitag die umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Ein dagegen gerichteter Antrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann war am Vorabend am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Reform des Gesetzes kam vor allem auf Verlangen der FDP zustande. Der CDU-Energiepolitiker Andreas Jung sprach von einer Entkernung des Klimaschutzgesetzes und einem Rückschritt für den Klimaschutz. Vertreter der Ampel verteidigten die Reform. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren.
Die Reform des Klimaschutzgesetzes sieht grundlegende Änderungen vor. Bisher gilt: Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zum Kohlendioxid-Ausstoß verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien im nachfolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen.
Verkehrsbereich verfehlt Ziele seit Jahren
Im vergangenen Jahr verfehlten der Verkehrs- sowie der Gebäudebereich die Vorgaben. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte mit drastischen Maßnahmen bis hin zu Fahrverboten am Wochenende gedroht, sollte der Bundestag die Reform des Klimaschutzgesetzes nicht bis Sommer beschließen – dann hätte Wissing ein Sofortprogramm vorlegen müssen, damit der Verkehrssektor die Klimaziele einhält.
Mit der Reform soll die Einhaltung der Klimaziele nun nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Entscheidend ist, dass Klimaziele insgesamt erreicht werden. Wenn sich in zwei aufeinander folgenden Jahren abzeichnet, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel für das Jahr 2030 nicht auf Kurs ist, muss sie nachsteuern. Jung kritisierte, die Ampel stelle sich einen Freibrief aus. Mit der Aufweichung der verbindlichen Sektorziele werde dem Gesetz sein Herzstück entrissen.
Grüne mahnen: Kein Gramm mehr darf emittiert werden
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr dagegen sagte, das alte Klimaschutzgesetz sei planwirtschaftlich gewesen. Dem Klima sei es vollkommen egal, ob CO2-Emissionen im Energie-, Industrie- oder Verkehrssektor eingespart werden.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte: "Das Klimaschutzgesetz schaut in Zukunft nach vorne." Die Emissionsziele blieben. "Kein Gramm CO2 darf in Zukunft mehr emittiert werden."
Dröge räumte aber ein, die Grünen hätten sich eine noch klarere Verantwortung der einzelnen Sektoren gewünscht.
Bis 2030 muss Deutschland laut Gesetz seinen Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 65 % im Vergleich zu 1990 senken. Bis 2040 sollen die Treibhausgase um 88 % sinken und bis 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden – dann dürften also nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden können.
DUH sieht "rabenschwarzen Tag für Klimaschutz"
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verurteilte prompt die Zustimmung des Bundestages und sieht eine Entkernung des Klimaschutzgesetzes. Die Organisation hatte mit einem breiten Bündnis aus Umwelt- und Klimaschutzorganisationen, Juristinnen und Juristen dargelegt, dass die Gesetzesnovelle nicht nur verheerende Folgen für den Klimaschutz mit sich bringen wird, sondern auch als verfassungswidrig einzuschätzen ist. Die DUH appelliert an den Bundesrat, die Gesetzesänderung abzulehnen und behält sich alle rechtlichen Schritte vor.
"Heute ist ein rabenschwarzer Tag für den Klimaschutz. Alle Abgeordneten, die dieser Entkernung des Bundesklimaschutzgesetzes zugestimmt haben, schlagen damit insbesondere jungen Menschen, Kranken und all jenen offen ins Gesicht, die heute schon massiv unter der Erderhitzung leiden", erklärte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Nach seiner Einschätzung müsste mit diesem Gesetz in der laufenden Legislaturperiode keine einzige weitere Klimaschutzmaßnahme auf den Weg gebracht werden. Für Verkehrsminister Wissing sei der Wegfall von Sektor- und Jahreszielen ein "Freifahrtschein", sich seiner Verantwortung für die aktuelle Klimaschutzlücke im Verkehr von mindestens 180 Mio. t CO2 zu entziehen. Zudem warnte er, die Abgeordneten nähmen mit ihrer Zustimmung in Kauf, dass Deutschland künftig milliardenschwere Strafzahlungen leisten muss, da EU-rechtliche Klimavorgaben absehbar nicht eingehalten werden.
"Jetzt liegt es am Bundesrat, ein klares Zeichen zu setzen: Wir fordern alle Mitglieder des Bundesrates auf, ihrer Verantwortung für heutige und kommende Generationen gerecht zu werden und diese katastrophale Gesetzesänderung abzulehnen. Sollte dieses Gesetz jedoch in Kraft treten, werden wir alle rechtlichen Mittel zur Durchsetzung wirksamen Klimaschutzes prüfen und ergreifen", avisierte Resch.
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