2. Münchner Mobilitätskongress: Die Verkehrswende nimmt langsam Fahrt auf
Der 2. Münchner Mobilitätskongress der Landeshauptstadt München ist im Vorfeld der IAA Mobility 2023 gestartet und zog eine Zwischenbilanz der Verkehrswende in der bayerischen Landeshauptstadt. Zum Auftakt präsentierte Bürgermeisterin Katrin Habenschaden im gut gefüllten Saal des Alten Rathauses neue Verkehrsdaten des Mobilitätsreferats. Die Zahlen zeigen einen ersten Trend weg vom Autoverkehr und hin zu umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln, etwa dem Fahrrad. Verglichen wurde das erste Halbjahr 2019 mit dem ersten Halbjahr 2023, um verfälschende Corona-Effekte weitgehend zu umgehen.
In dieser Zeit hat die Einwohnerzahl der Stadt um ca. zwei Prozent und die Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge um ca. fünf Prozent zugenommen. Der durchschnittliche tägliche Kfz-Verkehr an den freien Messstellen (Messung mittels Detektoren) der Stadt hat im Durchschnitt im Hauptverkehrsstraßennetz aber um ca. fünf Prozent abgenommen. Im Gegenzug hat der Radverkehr im Stadtgebiet im selben Zeitraum um ca. 30 Prozent (Messungen an den Raddauerzählstellen) zugenommen. Im öffentlichen Verkehr haben die Fahrgastzahlen wieder annähernd das Niveau der Zeit vor Corona erreicht.
"Ein Weiter-so bringt die Stadt zum Stillstand. Das kann niemand wollen", mahnte die Politikerin.
Schnell wirksam mit Fuß und Rad - und viel mehr Sharing
Der Auftrag zur Verkehrswende ist vom Stadtrat erteilt
Für Mobilitätsreferent Georg Dunkel habe das Mobilitätsreferat vom Stadtrat den Auftrag erhalten, die Verkehrswende umzusetzen. Man wolle die Verkehrswende auf ein neues Niveau heben, kündigte Dunkel an. Die große Klammer sei mehr Flächeneffizienz im Verkehr zu bewirken und dem entsprechend die flächeneffizienteren Verkehrsmittel zu priorisieren, sprich Fuß ("die elementarste Form der Mobilität mit der vulnerabelste Gruppe"), Rad, ÖPNV und Sharing ("Leben ohne eigenes Auto ist möglich"). Tragendes Säule müsse der ÖPNV sein, flankiert von Rad, Fuß und Sharing. Der öffentliche Raum müsse gerechter aufgeteilt werde, das sei schon für das Stadtklima und die Gesundheit ein Gebot der Stunde.
Zumal gleichzeitig die Stadt München stark wachse und die Herausforderungen der Klimakrise immer größer würden. Man brauche hier einen ganzheitlichen Ansatz in der Stadtplanung, Stichwort Schwammstadt. Auch die Vision Zero, null Verkehrstote sei ein dringlicher Auftrag, der realisierbar sei, wie Städte wie Helsinki oder Oslo zeigten. Der Digitalisierung räumte der Referent dabei technologisch eine wichtige Rolle ein, sie sei aber auch kein Allheilmittel.
"Ein Weiter-so ist keine Option. Das führt in eine düstere Sackgasse. Die Mobilitätswende ist vor dem Hintergrund der Klimakrise schlicht ohne Alternative", mahnte auch Dunkel die beteiligten Akteure zu einem Grundkonsens zur Transformation.
Organisatorische Neuaufstellung braucht Zeit
Dunkel bat aber auch um Geduld bei allen Aktiven für die Verkehrswende, die tägliche "Planungs- und Anordungspraxis" sei komplex: Qualität und Rechtssicherheit brauche Zeit, zudem müsste eine Grundzustimmung der Bürgerinnen und Bürger die Basis bilden. All das erforderte allerdings erst einmal eine komplette organisatorische Neuaufstellung in dem neu geschaffenen Referat und auch "innerliche" Bereitschaft, wie Dunkel es ausdrückte. Knapp drei Jahre nach der Referatsgründung sehen man nun erste Veränderungen im Mobilitätsverhalten.
"Für mich zeigt das: Wir sind mit unserer Mobilitätsstrategie 2035 auf dem richtigen Weg. Wir erwarten 2025 detailliertere Zahlen aus der aktuell laufenden stadtweiten Haushaltsbefragung. Hier erhoffen wir uns nicht nur eine Fortsetzung dieses Trends, sondern auch Erkenntnisse über die genauen Hintergründe der Zahlen, beispielsweise über den Effekt von Homeoffice", erklärte Dunkel.
Der Mobilitätsreferent verwies aber auch auf den einengenden Rahmen des veralteten Straßenverkehrsrechts auf Bundesebene, an das sich die Kommune halten müsse, das aber stark einschränke. Als Beispiele nannte Dunkel etwa das Thema Tempo 30 oder Parkraummanagement inklusive der in Bayern gedeckelten Parkgebühren. Auch die zahlreichen Klagen vor Gerichten verzögerten die Prozesse unnötig, die deutlich schneller werden müssten. Geklärt werden müssten auch Fragen wie das verbreitete und geduldete, aber eigentlich verbotene halbseitige Gehwegparken.
"Der Rahmen passt bei weitem nicht zu den Herausforderungen, die vor uns liegen", appellierte Dunkel.
Der Mobilitätsreferent betonte, das sei keine Politik gegen das Auto, sondern für die notwendige Wende. Es brauche auch ein leistungsfähiges Straßennetz für alle, die auf das Auto angewiesen seien und für den Wirtschaftsverkehr.
"Wir wollen kein Verbot privater Pkw, aber gute Angebote als Alternative. Die große Frage ist, wie viel Motorisierten Individualverkehr verträgt die Stadt", formulierte Dunkel.
In Anspielung auf die hitzigen Debatten um die Verkehrspolitik in München mahnte Dunkel, es sei zwar wichtig, abweichende Meinungen zu hören und Maßnahmen zu debattieren. Aber es gelte eben auch, finale Beschlüsse zu akzeptieren. Sonst gehe das Vertrauen in die Verwaltung und die Politik verloren, wie er aktuell durchaus die Gefahr sehe, so Dunkel. Die Ängste vor der Veränderung sollten von der Lust an der Veränderung überwogen werden.
Der 2. Münchner Mobilitätskongress flankiert die IAA Mobility, auf deren Citizen Lab vor dem Neuen Rathaus im Laufe der Woche zahlreiche Debatten das Thema vertiefen. | Foto: J. Reichel
Verkehrswende, wie stehts? Der Kongress machte eine Bestandsaufnahme - und tatsächlich gibt es erste Verschiebungen im Modal Split. Vor allem der Radverkehr legte um ein Drittel zu, die Öffis sind wieder auf Vor-Corona-Niveau. | Foto: J. Reichel
ÖPNV als Rückgrat
Am ersten Tag des 2. Münchner Mobilitätskongresses gab es außerdem Vorträge zum Thema „Der ÖPNV als Rückgrat der Mobilitätswende – Ambition und Wirklichkeit“ und eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion im Alten Rathaus. Außerdem präsentierten am Verkehrszentrum des Deutschen Museums Vertreter*innen der neun bürgerschaftlichen Projekte ihre Aktionen, die derzeit in den Stadtvierteln besichtigt werden können. Bei einem Radl-Sicherheitscheck des Mobilitätsreferats konnte man sein Fahrrad prüfen lassen, bei einem Mobilitäts-Quiz sein Wissen zeigen und sich an einigen Infoständen zu Mobilitätsthemen beraten lassen.
Workshops zu Shared Mobility, Vision Zero und Wirtschaftsverkehr
Der 2. Münchner Mobilitätskongress läuft noch bis Dienstag, 5. September. Am Montag, 4. September, diskutieren am Vormittag im Alten Rathaus am Marienplatz Stefanie Haaks (Vorsitzende des Vorstands der Kölner Verkehrs-Betriebe AG), Alexandra Reinagl (Vorsitzende der Geschäftsführung der Wiener Linien), Andreas Barth (Stellvertretender Vorsitzender Pro Bahn Bezirksverband Oberbayern), Ingo Wortmann (Vorsitzender der Geschäftsführung der MVG und Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen) und Jörn Meier-Berberich (Partner dmo – digital mobilities consultants). Am Nachmittag finden im Verkehrszentrum Workshops zu Themen wie Shared Mobility, Vision Zero, Wirtschaftsverkehr und mehr statt.
Am Dienstag, 5. September, dreht sich alles um „Innovation durch Kooperationen – Netzwerke und Kooperationen als Treiber nachhaltiger Mobilität in der Region München“. Um 9.30 Uhr übergibt Mobilitätsreferent Georg Dunkel im Verkehrszentrum außerdem symbolisch den Staffelstab an Tobias Gröber von der Messe München und damit an die IAA Mobility, die direkt im Anschluss startet.
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