Rettungspaket: Wenig Licht, viel Schatten

Tourismuswirtschaft: Direkte Finanzhilfen und Mehrwertsteuersenkung seien ein kleiner Schritt, um Existenzen und Arbeitsplätze zu sichern. Zu vielen touristischen Unternehmen drohe allerdings weiterhin der Kollaps.

Die deutsche Tourismuswirtschaft fordert Nachbesserungen beim Rettungspaket. (Foto: Pixabay/geralt)
Die deutsche Tourismuswirtschaft fordert Nachbesserungen beim Rettungspaket. (Foto: Pixabay/geralt)
Claus Bünnagel

Die deutsche Tourismuswirtschaft bewertet das Konjunkturpaket im Zuge der Coronakrise skeptisch: Es enthalte einige kleinere positive Elemente, sei aber nicht der angekündigte große Wurf. Dass die lange geforderten direkten finanziellen Beihilfen für besonders betroffene Branchen und damit auch die Tourismuswirtschaft Einzug in das von der Bundesregierung geschnürte Konjunkturpaket gefunden hätten, sei begrüßenswert. Gleiches gelte für die temporäre Mehrwertsteuersenkung bis Ende des Jahres. Ob die Maßnahmen jedoch die gewünschte Wirkung entfalteten, sei zweifelhaft. Viele Fragen müssten noch geklärt werden, und was weiterhin völlig fehle, sei eine Lösung für die Kundengeldrückzahlungen der in der Coronakrise stornierten Veranstalterreisen. Insgesamt verkenne die Politik weiterhin die dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf den gesamten Tourismus. Die Große Koalition müsse deutlich nachbessern. 

Die Bewertung der Maßnahmen im Einzelnen 

Tourismus in Deutschland stand über Wochen aufgrund der politischen Vorgaben still und tut es in vielen Segmenten immer noch. Selbst in den Branchenteilen, die unter Auflagen nun wieder starten durften, seien die Umsatzausfälle aufgrund der Auflagen weiterhin immens. Die beschlossenen, nicht rückzahlbaren Überbrückungshilfen seien deshalb überfällig, um viele Unternehmen unserer Branche vor der fast sicheren Insolvenz und damit auch Arbeitsplätze zu retten. Die geplanten Summen pro Betrieb reichten allerdings nicht aus. Überbrückungshilfen für drei Monate griffen zudem in unserer besonders betroffenen Branche deutlich zu kurz. Hier bleibe eine Ausweitung auf sieben Monate zwingend notwendig. Spannend bleibe auch die Frage, wer genau alles auf die Gelder zugreifen dürfe. Von entscheidender Bedeutung sei, dass die Maßnahmen sehr schnell und unbürokratisch greifen würden und zur Auszahlung kämen, um Insolvenzen in diesem Stadium abzuwenden. 

Der ergänzend auf den Weg gebrachte reduzierte Mehrwertsteuersatz könne im zweiten Halbjahr wichtige Impulse auf Unternehmens- und Kundenseite setzen. Im Tourismus werde er allerdings nur Wirkung entfalten, wenn die Unternehmen der Tourismuswirtschaft auch wieder Angebote und damit Umsätze im nennenswerten Umfang machen dürften. Erste wichtige Schritte des Wiederanfahrens seien getan, zuletzt auch mit der gestrigen Ankündigung, die generelle Reisewarnung für Europa in differenzierte Reisehinweise umzuwandeln. Weitere müssten folgen. Auch die geltenden Auflagen für touristische Dienstleistungen und Veranstaltungen gelte es immer wieder zu überprüfen und da, wo es der Gesundheitsschutz zulasse, zu reduzieren. 

Keine Lösung für die stornierten Reisen

Immense Sorgen bereitet der Tourismuswirtschaft, dass das Konjunkturpaket keine Lösung für die im Zuge der Coronakrise stornierten Reisen beinhalte. Hier sähe die Politik tatenlos zu, wie von der Coronakrise massiv betroffene Unternehmen sehenden Auges gegen die Wand führen. Sie brauchten dringend einen ergänzenden kreditbasierten Rückzahlungsfonds für die geleisteten Kundengelder. Sonst drohe der Kollaps vieler touristischer Unternehmen und mit ihm aller vorgelagerten Dienstleistungen. Denn Tourismus mit seinen komplexen Prozessen funktioniere nur als Einheit. Aus dem Fonds sollten Unternehmen vorübergehend Geld entnehmen können, um ihren Kunden bereits gezahlte Gelder für pandemiebedingt stornierte Reisen rückzuerstatten. Es gehe dabei um Reisen, die aufgrund der Reisewarnung abgesagt und rückabgewickelt werden mussten. Nur wenn den Unternehmen diese notwendige Liquidität garantiert werde, könne ihr Überleben nachhaltig gesichert werden.