Reisewarnung für Bayern?

DRV fordert zeitnahe Entscheidung über differenzierte Reisehinweise für Urlaubsländer.

Alleine Bayern hat derzeit mehr Infizierte als drei der wichtigsten Urlaubsdestinationen der Deutschen in Europa zusammen. (Grafik: DRV)
Alleine Bayern hat derzeit mehr Infizierte als drei der wichtigsten Urlaubsdestinationen der Deutschen in Europa zusammen. (Grafik: DRV)
Claus Bünnagel

Ob Corona-Zahlen hoch oder niedrig sind, ist keine politische Entscheidung, sondern eine Frage der Fakten. Daher dürfen Reisehinweise des Auswärtigen Amtes nicht zum Gegenstand von Parteigeplänkel werden. Wer unbegründet vor Auslandsreisen warnt, nur um den Urlaub im eigenen Bundesland zu promoten, der macht das Geschäft der vielen Reisebüros und -veranstalter kaputt. (DRV-Präsident Norbert Fiebig) 

Versachlichung der Diskussion

Der DRV fordert die Bundesregierung zu einer Versachlichung der Diskussion um die Aufhebung der weltweiten Reisewarnung auf. Das Bundeskabinett wollte Mittwoch dieser Woche beschließen, dass ab 15. Juni differenzierte Reisehinweise für Europa die generelle weltweite Reisewarnung ablösen. Doch auf Druck von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wurde die Entscheidung verschoben. Aus innenpolitischen Erwägungen heraus warnte er vor erhöhten Infektionszahlen durch Auslandsreisen. 

Mehr Infizierte als in den Urlaubsländern

Doch die Faktenlage ist eine andere: Die Zahl der aktuell Infizierten ist im Freistaat de facto höher als in den beliebten Urlaubsländern Griechenland, Kroatien und Österreich zusammengenommen. 

Nach Logik von Herrn Söder müsste dann auch für Bayern eine Reisewarnung gelten. Warum sollte die Ansteckungsgefahr höher sein, wenn ich eine europäische Grenze überquere oder eine innerdeutsche? Oder wenn ich von Berlin nach Kopenhagen reise im Vergleich zu Berlin nach München. Dem Coronavirus sind Grenzen egal – innerdeutsche ebenso wie internationale. (Fiebig) 

70 % Auslandsreisen

Dementsprechend sollten innenpolitische Überlegungen bei der Bewertung von Reisehinweisen keine Rolle spielen – das Infektionsgeschehen vor Ort aber sehr wohl. Vor allem sollte auch nicht der Deutschlandtourismus gegen Auslandsreisen ausgespielt werden. Über 70 % aller Reisen der Deutschen führen ins Ausland – dieses Geschäft sichert als Rückgrat der deutschen Reisewirtschaft rund 100.000 Arbeitsplätze bei Reisebüros und -veranstaltern. 

Zeitnahe Entscheidung nötig

Die Infektionszahlen sänken fast überall – und wenn dem so sei, könnten auch die Grenzen schrittweise öffnen, so der DRV. Immer mehr Länder bereiteten sich auf Touristen vor. Denn Touristen bringe Wirtschaftskraft in die Zielgebiete. Die deutsche Reisewirtschaft brauche zeitnah eine Entscheidung, wann Tourismus unter Beachtung der notwendigen Hygiene- und Abstandsregeln wieder in den beliebten Urlaubsländern starten kann. Auch die Verbraucher wüssten nicht, woran sie seien.

Die Entscheidung über die Aufhebung der Reisewarnung darf nicht noch einmal verschoben werden – Urlauber und Reisebranche brauchen eine Perspektive und mehr Planungssicherheit. Aber natürlich ist Gesundheit oberstes Gebot. (Fiebig) 

Wichtig seien objektive Kriterien, um Reisen in bestimmte Regionen wieder zuzulassen. Die differenzierte Beurteilung gäbe den Reiseveranstaltern mehr Planungssicherheit, denn auch die Wiederaufnahme des Tourismus und der Flüge brauche Vorbereitungszeit.