D-Ticket: VDV verweist auf dringenden Ausbaubedarf beim ÖPNV

„Nach dem Deutschland-Ticket muss das Deutschland-Angebot folgen!“ – der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sieht dringenden Handlungsbedarf.

 

Erste Marktforschungsergebnisse zeigen, dass die Hauptgründe für den Kauf des Deutschland-Tickets die bundesweite Gültigkeit (41 %) und der günstige Preis (36 %) sind. Immerhin 18 % der Befragten gaben als Kaufgrund den bewussten Verzicht aufs Autofahren an. 22 % nannten den Umweltschutz als Kaufgrund. (Foto: Deutschland mobil 2030 GmbH)
Erste Marktforschungsergebnisse zeigen, dass die Hauptgründe für den Kauf des Deutschland-Tickets die bundesweite Gültigkeit (41 %) und der günstige Preis (36 %) sind. Immerhin 18 % der Befragten gaben als Kaufgrund den bewussten Verzicht aufs Autofahren an. 22 % nannten den Umweltschutz als Kaufgrund. (Foto: Deutschland mobil 2030 GmbH)
Martina Weyh

Seit dem 1. Mai gilt das Deutschland-Ticket für 49 Euro monatlich bundesweit. Nach über sieben Wochen zieht der Branchenverband VDV zum Auftakt seiner diesjährigen Jahrestagung in Leipzig deshalb eine Zwischenbilanz zur Einführung und zu den Erfahrungen der Fahrgäste, der Verkehrsunternehmen und der Verbünde mit dem Deutschland-Ticket.

Die aktuellen Zahlen

Bis Mitte Juni wurden bis zu 11 Mio. Deutschland-Ticket-Abonnements verkauft. Der größte Teil davon, rund 46 %, sind Umsteiger, also Fahrgäste, die bereits Stammkunden des ÖPNV waren und nun auf das günstigere Deutschland-Ticket umgestiegen sind.

Darüber hinaus gibt es rund 44 % Neukundinnen und Neukunden, die bereits in der Vergangenheit gelegentlich oder regelmäßig den ÖPNV genutzt haben und nun mit dem Deutschland-Ticket von teureren und damit einnahmestärkeren Ticketangeboten auf das günstige Abo gewechselt haben.

Der Anteil der Neukundinnen und Neukunden, die bisher so gut wie nie Bus und Bahn genutzt haben, ist leicht gestiegen und liegt aktuell bei rund 8 % (etwa 2 % der Befragten machten keine Angaben). Erstmals liegen laut VDV auch bundesweite Daten zur Nutzung des D-Tickets vor: Nach aktuellem Stand nutzten im Juni rund 9,6 Mio. Fahrgäste das Deutschland-Ticket, im Mai waren es rund 9 Mio.

 „Die aktuellen Zahlen und die Entwicklung seit dem Start des Deutschland-Tickets zeigen, dass dieses Angebot für viele Bürgerinnen und Bürger attraktiv ist ... Allerdings müssen wir auch berücksichtigen, dass mit einer bundesweiten Nutzung des Tickets auch eine Erwartungshaltung einhergeht, die wir nicht immer adäquat einlösen können ... Die Angebotsdichte und Qualität des ÖPNV sind bundesweit sehr unterschiedlich: In den Ballungsräumen brauchen wir bei gutem Angebot dringend zusätzliche Kapazitäten. Und in vielen ländlichen Räumen brauchen wir ebenso dringend insgesamt ein besseres Angebot. Deshalb ist es von immenser Bedeutung, dass nach dem Deutschland-Ticket jetzt das Deutschland-Angebot im ÖPNV folgt“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.

In den kommenden Monaten will der Branchenverband deshalb mit Bund und Ländern in einen intensiven fachlichen Austausch gehen. Man müsse den Schwung des Deutschland-Tickets nutzen, um den ÖPNV bundesweit nachhaltig auf ein neues Qualitätsniveau zu heben.

Erste Marktforschungsergebnisse geben Aufschluss über Kaufmotive, Ticketformate und Entwicklungen beim Jobticket-Angebot

Wie schon beim 9-Euro-Ticket koordiniert der VDV im Auftrag von Bund und Ländern die bundesweite begleitende Marktforschung: Monatlich werden 6.000 mobile Personen ab 14 Jahren bevölkerungsrepräsentativ befragt. Erste Ergebnisse dieser Marktforschung - die noch nicht auf einzelne Bundesländer oder Regionen heruntergebrochen werden können - zeigen, dass die Hauptgründe für den Kauf des Deutschland-Tickets die bundesweite Gültigkeit (41 %) und der günstige Preis (36 %) sind. Immerhin 18 % der Befragten gaben als Kaufgrund den bewussten Verzicht auf Autofahrten an. 22 % nannten den Umweltschutz als Kaufgrund.

Bei den Gründen, das D-Ticket nicht zu kaufen, wurde der grundsätzlich fehlende Bedarf („lohnt sich für mich nicht / würde ich zu selten nutzen“) mit 41 % am häufigsten genannt, gefolgt vom fehlenden Bedarf für ein ÖPNV-Abo (38 %). 26 % der Befragten gaben an, kein deutschlandweites ÖPNV-Ticket zu benötigen. Der Ticketpreis von 49 Euro wird nur von 11 % der Nichtkäufer als zu hoch und damit als Grund gegen den Kauf des Tickets angesehen. 6 % geben an, sich den Preis nicht leisten zu können.

Bei der Frage nach dem gekauften Ticketformat, d.h. in welcher Form das Deutschland-Ticket gekauft wurde, liegt die digitale Variante auf dem Smartphone mit 49 % weit vorne, gefolgt von der Chipkarte (37 %) und dem Papierticket (11 %). Von den verfügbaren Ticketvarianten haben fast zwei Drittel der Befragten das Deutschland-Ticket als „Standard-Ticket“ gekauft (75 %), immerhin 18 % haben ein Deutschland-Ticket als Job- oder Firmenticket.

„Die Ergebnisse zeigen, dass der Trend eindeutig zum digitalen Ticket geht und die Entscheidung von Bund und Ländern, das Deutschland-Ticket nur für eine kurze Übergangsphase als Papierticket zuzulassen richtig ist. Der Anteil von 18 % Jobtickets beim Deutschland-Ticket macht deutlich, dass offenbar schon viele Unternehmen ihren Mitarbeitenden dieses Variante anbieten. Allerdings versprechen wir uns als Branche da noch einen deutlichen Nachfragezuwachs, denn das Jobticketangebot im Rahmen des Deutschland-Tickets ist nicht nur preislich noch attraktiver. Es kann für die Unternehmen und Betriebe auch ein Imagefaktor in Sachen moderner, umweltfreundlicher Mobilitätsangebote für ihre Beschäftigten sein. Wir werden deshalb über das Jobticket noch mal gesondert informieren, gerade auch bei kleineren und mittleren Unternehmen, um diese bei Interesse auch in der Umsetzung zu unterstützen und Kontakte zu den Verkehrsunternehmen und Verbünden vor Ort herzustellen“, bilanziert VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Deutschland-Ticket beschleunigt die Digitalisierung

Die bundesweite Marktforschung und die ausgewerteten Daten der Verkehrsunternehmen und -verbünde belegen nicht nur, dass die Kundinnen und Kunden mehrheitlich ein digitales Deutschland-Ticket auf dem Smartphone oder als Chipkarte bevorzugen. Es wird auch deutlich, dass der weit überwiegende Teil der Tickets online gekauft wird: Über 60 % der Deutschland-Tickets wurden digital über eine Website (37 %) oder eine App (24 %) gekauft. Dies hat auch die Digitalisierung vieler Prozesse in den Verkehrsunternehmen und -verbünden beschleunigt. Die dafür notwendigen technischen Anpassungen sind derzeit noch nicht überall abgeschlossen, da es auch auf Seiten der Dienstleister aufgrund der kurzfristig gestiegenen Nachfrage aus der Branche zu entsprechenden Engpässen gekommen ist. Und selbst bei großen kommunalen Verkehrsunternehmen wie den Leipziger Verkehrsbetrieben führt das Deutschland-Ticket derzeit zu hohem Mehraufwand in Service und Kundenbetreuung.

 „Mit dem Deutschland-Ticket wurde eine hohe Kundenerwartung geweckt und mit dem Verkaufsstart haben die Leipziger Verkehrsbetriebe sowie die Branche mit viel Engagement in kurzer Zeit, leidenschaftlichen Service gezeigt. Das Ticket hat die Branche bei der Digitalisierung vorangetrieben. Wir in Leipzig arbeiten seit Jahren mit digitalisierten Prozessen und konnten das Ticket von Beginn an auf allen Kanälen, insbesondere online und als LeipzigMove-Wallet, einfach und unkompliziert anbieten. Und trotzdem arbeiten unsere Kolleginnen und Kollegen im Kundenservice und im Vertrieb seit Wochen unter Volllast, um alle Anfragen rund um das Ticket adäquat zu bearbeiten“, sagt Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe.

Die bei der Pressekonferenz zur VDV-Jahrestagung in Leipzig vorgestellten Zahlen zur Zwischenbilanz des D-Tickets stehen hier » und im zum Download unter der Meldung zur Verfügung.