Rollende Rettung

Heymann hat einen Großraumrettungswagen für die Schweiz gestaltet.

Im Fahrzeug sind bis zu elf Sitz- und bis zu fünf Liegeplätze vorhanden, wobei drei davon als Intensivbehandlungsplätze für schwerverletzte Patienten eingerichtet sind. (Foto: Gebr. Heymann GmbH)
Im Fahrzeug sind bis zu elf Sitz- und bis zu fünf Liegeplätze vorhanden, wobei drei davon als Intensivbehandlungsplätze für schwerverletzte Patienten eingerichtet sind. (Foto: Gebr. Heymann GmbH)
Claus Bünnagel

Busausbauer Heymann aus Nastätten hat einen 12,20 m langen Mercedes-Benz Citaro als Großraumrettungswagen (GRTW) für das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel gestaltet. Der mintgrüne Euro-6-Bus wird zukünftig in der Schweiz bei Großschädenereignissen eingesetzt. Das Heymann-Team rund um Geschäftsführer Michael Aulmann und Projektleiter Mike Horstmann konnte dabei auf diverse Erfahrungen vorhergehender Projekte im Bereich Krankentransport- und Feuerwehrbusse und Großraumrettungswagen zurückgreifen. Bei der Fahrzeugplanung waren zudem auch der Fahrzeughersteller und medizinisches Personal involviert. Gerade die Abstimmung softwarebezogener und elektronischer Details erforderte eine enge Zusammenarbeit mit den EvoBus-Fachleuten.

Vom Bus zum Rettungswagen

Wie Projektleiter Horstmann erklärte, kam der nagelneue Citaro „nackt“ – sprich ohne Bestuhlung – in Nastätten an. Schrittweise wurde das „Innenleben“ nach Kundenanforderungen und gesetzgeberischen Vorgaben gestaltet. Einrichtung, Seitenwände, Verkleidungen, Boden und Airlineschienen sowie sämtliche Verkabelungen, Schläuche und nicht zuletzt die Markise und die am Heck montierte Transportbox stammen von Heymann. Die medizinischen Gerätschaften und weiteres Equipment hat der Kunde gestellt. Im neuen GRTW wurden etwa 1.000 m Kabel und rund 200 m Sauerstoffschlauch verlegt.

Drei Intensivbehandlungsplätze

Im Fahrzeug sind bis zu elf Sitz- und bis zu fünf Liegeplätze vorhanden, wobei drei davon als Intensivbehandlungsplätze für schwerverletzte Patienten eingerichtet sind. Jeder Behandlungsplatz ist mit eigener Sauerstoffzufuhr versorgt. Insgesamt sind im Bus zehn Sauerstoffentnahmestellen eingerichtet. Diese lassen sich unabhängig voneinander nutzen und werden beispielsweise in Pandemiezeiten für die Beatmung von Covidkranken während des Transports eingesetzt. Im Fahrzeug können bis zu 13.000 l medizinischer Sauerstoff bereitgestellt werden.

Fünf elektrisch bedienbare Schwerlasttragen

Die fünf elektrisch bedienbaren Schwerlasttragen Power-Pro XT und Power Pro TL der Marke Stryker besitzen ein batteriebetriebenes Hydrauliksystem, das die Trage auf Knopfdruck hebt und senkt. Dank automatischer Hochgeschwindigkeitseinzugsfunktion lassen sich die „Betten“ schnell ein- und ausfahren. Sobald die Tragen auf ihrem Platz im Bus sind, werden sie dank effizientem Akkumanagement während der Fahrt durch Induktion aufgeladen. Hinzu kommt, dass das einschiebbare Kopfteil das Navigieren in besonders engen Räumen in jeder Höhenposition ermöglicht.

Flexible Belegung

Je nach Bedarf kann die Belegung im Fahrzeug flexibel angepasst werden. So etwa können alternativ elf Personen auf speziellen Ambulanzsitzen mit Gurt und zwei intensivbehandelte Patienten befördert werden. Die Sitze verfügen – wie übrigens auch die Tragen – über Schnellverschlüsse, so dass die Patienten in kürzester Zeit verschoben, aus- oder eingefahren werden können.

Eine der größten Herausforderungen bei diesem Umbau-Projekt waren – so der Projektleiter – die Montage, Einstellung und Bedienung der Stryker-Fahrtragen. Doch der Hersteller bot Unterstützung in Form eines Workshops an, so dass inzwischen das reibungslose Handling gegeben und der zuverlässige Betrieb des Systems gewährleistet ist.

Details in Maßarbeit

Viel Maßarbeit war nötig, um die im hinteren Innenraum eingebauten Schränke und Ablagefächer inklusive Kühl- und Wärmefach für Arzneien und Verbrauchsmaterial sowie die an den Seitenwänden angebrachten medizinischen Geräte passend unterzubringen. Die Medi-Boards wurden mit einem speziellen Schichtstoff belegt, auch gebürsteter Edelstahl fand Verwendung.

Der Rettungswagen verfügt über eine Standheizung und über eine Klimaanlage. Ein Teil der medizinischen und technischen Ausstattung sowie ein Notstromaggregat wird in dem am Heck montierten Skikoffer mitgeführt.

10-m-Markise

Heymann hat neben der Sondersignalanlage auch eine dimmbare Behandlungsplatzbeleuchtung eingebaut. Eine Besonderheit ist die auf Knopfdruck herausfahrbare 10-m-Markise. Diese wurde in Nastätten – wie übrigens auch die Transportbox und die äußeren Beleuchtungskomponenten – Ton in Ton mit der Busfarbe lackiert.

Zu den weiteren technischen Details des mit dunkel folierten Scheiben ausgestatten Rettungsfahrzeuges gehören ein Unfalldatenspeicher, eine spezielle Türsteuerung und das komplexe Kamera-Überwachungssystem. Die 360°-Überwachung hält die Abläufe im gesamten Fahrzeug zwecks Dokumentation fest. Durchsagen für Innen und Außen sind möglich, der Bus verfügt über WLAN.

Während der Fahrt werden die Patienten von den Rettungskräften fachgerecht betreut, und der Fahrer kann sich voll auf seine Aufgabe konzentrieren. Von seinem Arbeitsplatz aus, kann er die Warnblink- und Sondersignalanlage bedienen.