DB trennt sich von Arriva

Der US-Investor I Squared Capital will die verschuldete britische Nahverkehrstochter übernehmen – der Erlös soll zusätzliches Wachstum im Schienenverkehr in Deutschland und mehr Investitionen im Kerngeschäft ermöglichen.

Mit Arriva trennt sich die Bahn auch von Verbindlichkeiten in Höhe von rund einer Milliarde Euro sowie von hohen anstehenden Investitionen in die Unternehmensflotte. (Foto: Arriva)
Mit Arriva trennt sich die Bahn auch von Verbindlichkeiten in Höhe von rund einer Milliarde Euro sowie von hohen anstehenden Investitionen in die Unternehmensflotte. (Foto: Arriva)
Martina Weyh

Die Deutsche Bahn verkauft ihre 2010 erworbene britische Nahverkehrstochter Arriva samt aller verbleibenden Arriva-Landesgesellschaften in zehn europäischen Märkten an den US-Infrastruktur-Investor I Squared Capital – ein entsprechender Kaufvertrag wurde nach Angaben der Deutschen Bahn vergangenen Donnerstag unterzeichnet. Konzernaufsichtsrat und der Bund als Eigentümer müssen noch zustimmen.

Nach Medienberichten 1,6 Mrd. Euro soll die Transaktion, die voraussichtlich im kommenden Jahr abgeschlossen werden soll, in die Kasse der Deutschen Bahn spülen. Das Geld will die Bahn für ihr Kerngeschäft der Bahn und den Schuldenabbau verwenden.

„Das strategische Ziel der Deutschen Bahn ist es, Rekordinvestitionen in den umweltfreundlichen Schienenverkehr im deutschen Kerngeschäft zu tätigen. Damit verbunden ist eine massive Steigerung der Investitionen gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung in unsere Schieneninfrastruktur und unsere Züge. Somit steht der unterzeichnete Kaufvertrag im Sinne der Starken Schiene. Gleichzeitig bringt der Verkauf an I Squared für Arriva neue Möglichkeiten zur Realisierung seines Wachstumspotenzials mit, etwa wenn es um die zukünftige Elektrifizierung der Flotten in Europa geht. Für die Deutsche Bahn wiederum ist dies ein wichtiger Schritt, den Fokus noch mehr auf das zukünftige Wachstum im Schienenverkehr in Deutschland zu legen“, erläutert Levin Holle, Vorstand Finanzen & Logistik der Deutschen Bahn AG.

Das britische Nahverkehrsunternehmen Arriva zählt rund 35.500 Beschäftigte und führt mit Bussen (u.a. einige der roten Doppeldeckerbusse in London), Zügen, Reisebussen, Straßenbahnen, Wasserbussen, Bike-Sharing-Systemen und On-Demand-Verkehrslösungen laut eigenen Angaben im Jahr rund 1,5 Mrd. Fahrgastfahrten in zehn europäischen Ländern durch.

Die Aktivitäten von Arriva sind in vier Geschäftsbereiche unterteilt: UK Bus, UK Trains, die Niederlande und Kontinentaleuropa. Arriva ist in der Tschechischen Republik, Kroatien, Ungarn, Italien, den Niederlanden, Polen, der Slowakei, Slowenien, Spanien und im Vereinigten Königreich tätig.

„Wir sind zuversichtlich, dass Arriva und I Squared gemeinsam eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung innovativer und nachhaltiger öffentlicher Verkehrsangebote in ganz Europa spielen können", so Mike Cooper, CEO von Arriva Group.

Schon lange hatte die Bahn einen Verkauf von Arriva angestrebt. Doch es fanden sich kaum Interessenten. Vor allem die Corona-Pandemie machte dem Unternehmen zu schaffen, dass sich unter neuer Führung inzwischen erholt hat. Doch wegen jahrelang unterlassener Investitionen sprechen Experten von einem Sanierungsfall.

Unter der Ägide von Rüdiger Grube hatte die Deutsche Bahn 2010 Arriva für rund 2,7 Mrd. Euro inklusive Schulden übernommen – die Intension von Bahnchef Mehdorn als auch Nachfolger Grube war es, zum weltweiten Logistik- und Verkehrskonzern, zu einem „Global Player“, aufzusteigen.

Kritik daran gab es schon damals – der Grünen-Politiker Anton Hofreiter unterstellte der Bahnführung „Größenwahn“. Anstatt weiter ins Ausland zu expandieren, solle sich die Bahn lieber aufs Schienen-Kerngeschäft in Deutschland konzentrieren, lautete immer wieder die Kritik. Auch nötige Investitionen in die deutsche Bahn-Infrastruktur wurden auf Kosten der weltweiten Expansionspolitik sträflich vernachlässigt.

Veräußert werden soll auch die Bahn-Tochter DB Schenker – für den der Logistikkonzern werden jetzt Käufer gesucht. Aufgrund der soliden wirtschaftlichen Situation gilt das Interesse von Investoren aber in diesem Fall als groß.