Busmaut für Fernbusse droht

Die beiden Bundesländer Baden-Württemberg und Berlin empfehlen dem Verkehrsausschuss des Bundesrates für den erheblichen Finanzbedarf zum Erhalt und der Sanierung der vorhandenen Infrastruktur künftig auch Fernbusse in die Mautpflicht einzubeziehen.

Die Mautpflicht für Fernbusse würde den umweltfreundlichsten Verkehrsträger unverhältnismäßig belasten und damit zur politisch nicht gewollten Stärkung des Individualverkehrs und der Kurzstreckenflüge beitragen, befürchtet der Branchenverband bdo. (Foto: bdo)
Die Mautpflicht für Fernbusse würde den umweltfreundlichsten Verkehrsträger unverhältnismäßig belasten und damit zur politisch nicht gewollten Stärkung des Individualverkehrs und der Kurzstreckenflüge beitragen, befürchtet der Branchenverband bdo. (Foto: bdo)
Martina Weyh

Der Bundesrat entscheidet am 22. Juni 2022 über einen Entschließungsantrag der Bundesländer Baden-Württemberg und Berlin zum Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes.

Beide empfehlen dem Verkehrsausschuss des Bundesrates für den erheblichen Finanzbedarf für Erhalt und Sanierung der vorhandenen Infrastruktur auch Fernbusse in die Mautpflicht einzubeziehen und weisen darauf hin, dass bereits Ende 2014 bei der Dritten Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes die Ausdehnung der Maut auf Fernbusse in Aussicht gestellt wurde und vor diesem Hintergrund die Ausnahmeregelung für Kraftomnibusse bei der Maut in § 1 Absatz 2 BFStrMG nicht gerechtfertigt sei. Lediglich Linienverkehre im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sollen davon ausgenommen bleiben.

Denkbar ungünstiger Zeitpunkt

Für die durch Corona und gestiegenen Energiepreise ohnehin schon stark belastete Fernbusbranche komme dieser neuerliche Vorstoß zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, heißt es aus der Branche. In Zeiten von Klimaschutz und Verkehrswende setze dieser Antrag das falsche verkehrs-, wirtschafts-, umwelt- und sozialpolitische Signal.

Weil bei der Pro-Maut-Argumentation wesentliche Argumente außer Acht gelassen würden, hat der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) Bundesverkehrsminister Volker Wissing, den Verkehrsausschuss und alle Länderregierungschefs kontaktiert, denn:

  • laut dem vom Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur in Auftrag gegebenen Wegekostengutachten für die Jahre 2023-2027 würden Busse nur einen sehr geringen Anteil der gesamten Wegekosten auf Autobahnen und Bundesstraßen verursachen. Diese Wegekostenanteile trage der Bus jedoch schon heute durch die für verkehrspolitische Maßnahmen zweckgebundene Mineralölsteuer. Auf Autobahnen weise der Fernbus sogar einen Wegekostendeckungsgrad von 130 % auf. Darüber hinaus operierten Fernbusse komplett eigenwirtschaftlich, während der ICE-Verkehr der Bahn indirekt vom regionalen Nahverkehr subventioniert werde.
  • Busse haben beim Thema Nachhaltigkeit die Nase vorn: Eine entsprechende Umfrage des Branchenverbandes belege, dass Fernbusse schon heute neueste Technik nutzten. Bei den Fernbussen seien es sogar über 90 % mit der derzeit besten Emissionsklasse Euro 6. Allein in den letzten zehn Jahren sei der Kraftstoffverbrauch von Bussen um fast 15 % zurückgegangen - obwohl sie durch neue aktive und passive Sicherheitselemente schwerer geworden seien. Hinzu komme: Jeder einzelne Bus ersetze auf der Straße gut 20 Autos und entlaste damit den Verkehr massiv.
  • das Bundesumweltamt habe bereits exemplarisch Fernbusfahrten über 200, 400 und 600 km untersucht und sei auf Basis der Antworten der Fahrgäste und Annahmen zu durchschnittlichen Auslastungen und Emissionsfaktoren der verschiedenen Verkehrsmittel klar zu dem Ergebnis gekommen, dass Fernbusse die Emissionen im Vergleich zu den Alternativen senken. Grund dafür seien vor allem die Verlagerungen vom Pkw und Flugzeug auf den Fernbus. Weiterhin habe das Bundesumweltamt bestätigt, dass mit zunehmender Distanz der Vorteil der Fernbusse gegenüber den Alternativen Pkw und Flugzeug zunehme: Bei 400 km lägen die Emissionen des Fernbusses bei 37 % (14,7 kg CO₂-eq versus 39 kg CO₂-eq); bei 600 km bei 32 % (20,4 kg CO₂-eq versus 63 kg CO₂-eq).

Um zu verhindern, dass die Forderung nach der Einführung einer Busmaut zur Beschlusslage des Bundesrates wird, hat der Branchenverband auch seine Landesgliederungen dazu aufgerufen, ihre Parlamentarier und Abgeordneten vor Ort zu kontaktieren. Denn die Argumente für die Maut seien nicht nur sachlich falsch, eine Maut für Fernbusse würde nach Ansicht des bdo

  • die Mobilität und damit die gesellschaftliche Teilhabe von finanziell schwächer gestellten Menschen – wie etwa Rentnern und Studierenden – beschneiden oder aber auch Freizeit- und Urlaubsaktivitäten deutlich verteuern,
  • den umweltfreundlichsten Verkehrsträger unverhältnismäßig belasten und damit zur politisch nicht gewollten Stärkung des Individualverkehrs und der Kurzstreckenflüge beitragen.