ADAC-Umfrage: 9-Euro-Ticket bringt auch Clubmitglieder auf's Gleis

Autofahrer machen positive Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket. Der Club fordert statt Tankrabatt, der nicht zum Energiesparen erzieht, zielgenaue Förderung besonders Betroffener und fordert eine Entfernungspauschale ab Kilometer 1.

Neue Infos für den Verkehrsminister: Volker Wissing wollte vor einer Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket erst mal gründlich evaluieren. Dabei hilft jetzt eine Umfrage unter ADAC-Mitgliedern, die ein positives Bild ergibt. | Foto: BMDV
Neue Infos für den Verkehrsminister: Volker Wissing wollte vor einer Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket erst mal gründlich evaluieren. Dabei hilft jetzt eine Umfrage unter ADAC-Mitgliedern, die ein positives Bild ergibt. | Foto: BMDV
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Der Automobilclub ADAC hat eine weitgehend positive Bilanz des 9-Euro-Tickets gezogen, sieht beim Tankrabatt dagegen weniger Für und mehr Wider. In einer Pressekonferenz stellte ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand eine repräsentative ADAC Umfrage vor, die das Meinungsbild von Autofahrerinnen und Autofahrern abbildet und damit jene Menschen fokussiert, die einerseits von hohen Kraftstoffpreisen betroffen sind und andererseits mittels des 9-Euro-Tickets zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr motiviert werden sollten.

Ein Drittel steigt öfter auf den ÖPNV um

Danach äußert sich eine Mehrheit der Autofahrinnen und Autofahrer positiv über die Einführung des subventionierten Angebots für den öffentlichen Verkehr (42 Prozent) und immerhin ein Drittel der Befragten nutze den ÖPNV in den vergangenen drei Monaten häufiger (32 Prozent). Knapp die Hälfte hat in mindestens einem Monat ein 9-Euro-Ticket erworben (48 Prozent) und 50 Prozent der Nutzer machten positive Erfahrungen.

Dabei nutzten Autofahrerinnen und Autofahrer das günstige Ticket ganz überwiegend für Freizeitfahrten (70 Prozent), ein Viertel der Befragten für die Fahrt zur Arbeit, was in etwa der sonst üblichen Verteilung der Wegezwecke entspricht. Jeder zweite hat allerdings angeregt durch das 9-Euro Ticket zusätzliche Fahrten unternommen. Eine Fortsetzung des subventionierten Angebots befürwortet eine klare Mehrheit (60 Prozent). Dabei legen Autofahrerinnen und Autofahrer jedoch höheren Wert auf eine deutschlandweite Gültigkeit als auf einen günstigen Tarif.

„Das 9-Euro-Ticket hat viele Menschen und auch viele Autofahrerinnen und Autofahrer wieder in den ÖPNV gebracht. Das ist nach der Zurückhaltung während der Coronapandemie ein großer Erfolg. Viele haben dabei positive Erfahrungen gesammelt und wollen den ÖPNV weiterhin mehr als vorher nutzen. Das 9-Euro-Ticket hat zur sozialen Teilhabe beigetragen, indem es mehr Menschen bezahlbare Mobilität ermöglicht hat", bilanziert ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand.

Wichtiger als die reine Preisdiskussion sei allerdings die Verbesserung des Angebots, weil viele Menschen insbesondere im ländlichen Raum kein gutes Angebot vorfinden, sagt Hillebrand. Dabei sei ein bundesweit gültiger und einfacher Tarif sowie die Ausweitung der Zugkapazitäten und der Taktung besonders wichtig, um die Attraktivität des ÖPNV für Autofahrer zu erhöhen. Öffentliche Gelder müssten hier vorrangig zum Einsatz kommen. Das sei aus Clubsicht deutlich wichtiger als die Ticketsubventionierung.“

Tankrabatt: 45 Prozent lassen bereits das Auto stehen

Für die Bewertung des Tankrabatts kann der Club zusätzlich auf eine Umfrage aus dem Frühjahr zurückgreifen, um die Wirkung abzubilden. Danach verzichten Autofahrerinnen und Autofahrer bereits in einer hohen Zahl auf Fahrten, um Energie und Kosten einzusparen. Aktuell lassen 45 Prozent der Befragten das Auto teilweise stehen. Diese Zahl ist allerdings gegenüber dem Frühjahr um 4 Prozent gesunken. Der ADAC erklärt das einerseits mit der allgemein in den Sommermonaten steigenden (Reise-)Mobilität. Andererseits scheinen sich Autofahrerinnen und Autofahrer an die hohen Spritpreise eine Stückweit gewöhnt zu haben. Nicht zuletzt hat aber auch der Tankrabatt seinen Teil dazu beigetragen, den Kostendruck zu senken.

Spritsparende Fahrweise wird verbreiteter

Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn Autofahrerinnen und Autofahrer nach ihrer Fahrweise befragt werden. Ein großer Teil der Befragten (47 Prozent) passt zwar bereits seine Fahrweise an, um Kraftstoff zu sparen, aber auch hier ist die Zahl leicht rückläufig. Für den Automobilclub bedeutet das, dass eine Fortsetzung des Tankrabatts zwar vordergründig aus Verbrauchersicht wünschenswert erscheinen mag, aber den Bedarf zum Energiesparen in der für den Herbst zu erwartenden Energieknappheit nicht hinreichend unterstützen würde.

„Wir müssen bessere Wege für eine Entlastung der Bevölkerung suchen. Deshalb schlagen wir vor, direkte Entlastungen im Mobilitätssektor auf besonders Betroffene zu konzentrieren, also auf Berufspendler und fordern, die Entfernungspauschale für den Arbeitsweg bereits ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent zu erhöhen. Jenseits dessen sollten Entlastungen außerhalb des Mobilitätsbereichs umgesetzt werden, um die breite Betroffenheit der Menschen bei Wärme, Strom und Kraftstoffen gesamthaft zu berücksichtigen", meint Hillebrand.

Nach Angaben des ADAC hat der Tankrabatt zwar dazu geführt, dass die Preise gesunken sind. „Dabei ist die Steuersenkung allerdings insgesamt nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben worden“, kritisiert der Verkehrspräsident. Und in den vergangenen Tagen habe sich die Mineralölwirtschaft bereits wieder ein Preispolster verschafft. Allein in den zurückliegenden 14 Tagen sind die Spritpreise nach Angaben des Clubs im bundesweiten Durchschnitt um 6,8 Cent beim E10 und 15 Cent beim Diesel gestiegen.

„Die Mineralölindustrie ist aufgefordert, Spielräume für niedrigere Kraftstoffpreise zu nutzen und die Politik muss die Sektoruntersuchung im Raffinerie- und Großhandelsmarkt für Kraftstoffe zügig durchführen, um Wettbewerb im Mineralölmarkt in Deutschland zu gewährleisten.“

Die ADAC Umfrage wurde zwischen dem 11.8. und 16.8.2022 durchgeführt. Befragt wurden 1.661 Autofahrerinnen und Autofahrer ab 18 Jahren, die mindestens an 10 Tagen im Jahr selbst als Fahrer mit dem Auto unterwegs sind.