T&E-Analyse: E-Fuel hat mehr Schadstoffe als normales Benzin

Neben den ebenso hohen NOx-Emissionen kommen bei Synfuels höherer Kohlenmonoxid- sowie Ammoniak-Ausstoß hinzu. Die NGO verlangt, die auch im Koalitionsvertrag erwähnte Option nicht zu verfolgen.

Teurer Irrweg: Synfuels sind enorm energieintensiv in der Herstellung und stoßen im Betrieb sogar mehr an Schadstoffen aus. Die Ampel-Regierung hat sie als Option für den Verbrennerbetrieb nach 2035 erwähnt. | Foto: DPDHL
Teurer Irrweg: Synfuels sind enorm energieintensiv in der Herstellung und stoßen im Betrieb sogar mehr an Schadstoffen aus. Die Ampel-Regierung hat sie als Option für den Verbrennerbetrieb nach 2035 erwähnt. | Foto: DPDHL
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Die europäische Umweltdachorganisation Transport & Environment (T&E) hat bei neuen Abgastests den sogenannten Synfuels ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Den Untersuchungen zufolge stoßen mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Pkw genau so viele giftige Stickoxide (NOx) aus wie fossile, mit E10-betriebene Verbrenner, zudem mehr Kohlenmonoxid sowie Ammoniak, so das Ergebnis der Tests, die das Forschungsinstitut IFP Energies Nouvelles im Auftrag von T&E durchgeführt hat. E-Fuels ähneln in ihrer chemischen Zusammensetzung Benzin und Diesel und sind in der Herstellung bisland äußerst teuer.

Von Automobilzulieferern und der Ölindustrie werden sie als Möglichkeit betrachtet, um die Lebensdauer von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren über die Null-Emissionsziele hinaus zu verlängern. Auch im jüngst verabschiedeten Koalitionsvertrag der künftigen deutschen Regierung ist erwähnt, dass "E-Fuels" Verbrenner auch nach 2035 noch zulassungsfähig halten sollen, außerhalb des Systems der europäischen CO2-Flottengrenzwerte, wie es heißt.

Partikel reduziert, aber immer noch vorhanden

Die Tests hätten bestätigt, so die Umwelt-NGO, dass die Umstellung auf E-Fuels nur wenig zur Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten beitragen werde. Bei den Labor- und Straßentests wurden die Emissionen eines Pkw unter Verwendung von Benzin und drei verschiedenen E-Fuel-Mischungen verglichen. Auch wenn die Partikelemissionen durch die Umstellung erheblich reduziert werden, seien es immer noch mehr als zwei Milliarden Partikel pro gefahrenem Kilometer, die ein mit E-Fuel betriebenes Fahrzeug emittiert.

Hoher Kohlenmonoxid-Ausstoß durch Synfuels

Bei der Verbrennung von synthetischem Benzin entsteht im Vergleich zu normalem Benzin fast dreimal so viel Kohlenmonoxid, das gesundheitsschädlich ist und die Sauerstoffversorgung von Herz und Gehirn beeinträchtigt. Ein mit E-Fuel betriebener Pkw stößt außerdem bis zu zweimal mehr Ammoniak aus, das sich mit anderen Teilchen in der Luft zu Feinstaub-Partikeln (PM2,5) verbinden kann, für die es keinen ausreichenden Grenzwert gibt. Zu den Gesundheitsrisiken von PM2,5 gehören Asthma, Herzkrankheiten und Krebs.

„Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass E-Fuels auch nach 2035 im Straßenverkehr eingesetzt werden. Das ist ein Fehler, denn sie sind nicht sauber, nicht verfügbar und die meisten Automobilhersteller wollen sie nicht einmal in ihren neuen Fahrzeugen haben", mahnt Stef Cornelis, Direktor von T&E Deutschland.

 

Weg für E-Fuels versperren

Statt Unsicherheit zu verbreiten, sollte die neue Regierung den Weg für E-Fuels versperren und voll auf Elektromobilität setzen, damit sich die deutschen Autohersteller im Bereich der Elektro-Antriebe zu Marktführern entwickeln könnten, forderte Cornelis.

Soziale Schieflage: Kraftstoff für Reiche - teurer als E-Autos

Sollte die EU die von der Industrie vorgeschlagenen Schlupflöcher für E-Fuels tatsächlich bei den Flottengrenzwerten für Pkw berücksichtigen, würden Autofahrer stärker zur Kasse gebeten, wie eine Untersuchung von T&E belegt. Der Betrieb eines Pkw mit synthetischem Kraftstoff über einen Zeitraum von fünf Jahren werde einen Autofahrer 10.000 Euro mehr kosten als der Betrieb eines vollelektrischen Autos. Aufgrund der hohen Kosten für E-Fuels werde auch der Betrieb eines Gebrauchtwagens mit synthetischem Benzin im gleichen Zeitraum um etwa 10.000 Euro teurer ausfallen. Damit seien synthetische Kraftstoffe für die Dekarbonisierung der Bestandsflotte – ein Ziel, für das sich die Öl- und Automobilzulieferindustrie einsetzt – schlecht geeignet.

Selbst produziert: Knapper und energieintensiver Sprit

Allen medienwirksamen Prognosen zum Trotz sei synthetisches Benzin immer noch nicht an der Zapfsäule erhältlich. Um die aktuellen Tests durchzuführen, musste IFP Energies Nouvelles daher rund 100 Liter synthetischen Kraftstoff selbst herstellen. Die kommerzielle Herstellung von E-Fuels sei darüber hinaus deutlich ineffizienter als der Betrieb von Elektrofahrzeugen. Im Vergleich zu vollelektrischen Autos müssten in Europa 23 Prozent mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden, würden 10 Prozent der Neuwagen mit E-Fuels betrieben werden, wie eine unabhängige Studie im Auftrag der NGO weiter zeigt. Synthetische Kraftstoffe sollten stattdessen vorrangig für Schiffe und Flugzeuge verwendet werden, von denen die meisten keine Batterien zur Dekarbonisierung einsetzen können, so T&E.

„E-Fuels haben das Rennen um saubere Antriebstechnologien für Fahrzeuge verloren. Und es war noch nicht einmal ein knappes Rennen. Für Autofahrer sind vollelektrische Pkw der sauberste, effizienteste und erschwinglichste Weg zur Dekarbonisierung, während synthetische Kraftstoffe am besten für Flugzeuge und Schiffe geeignet sind, bei denen eine Elektrifizierung nicht in Frage kommt", bilanziert Stef Cornelis.

Die Glaubwürdigkeit der europäischen Richtlinien für emissionsarme Fahrzeuge stehe auf dem Spiel. Jede Umstellung auf E-Fuels fördere Verbrenner, warnte der NGO-Chef weiter. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und die Regierungen der EU-Mitgliedsländer entscheiden derzeit über einen Vorschlag der EU-Kommission, der vorsieht, dass alle ab 2035 verkauften Neuwagen zu 100 Prozent emissionsfrei sein müssen – ein Schlupfloch für mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Pkw ist dabei nicht vorgesehen.