Wegweisendes Urteil: Shell muss mehr für den Klimaschutz tun

Ein Gericht in den Niederlanden erlegt dem Mineralölkonzern eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 45 Prozent auf. Ein Urteil mit Signalwirkung, weil es sich nicht auf vergangene, sondern künftige Schäden bezieht.

Muss runter kommen vom Öl: Shell wurde in den Niederlanden verurteilt, seinen CO2-Ausstoß um 45 Prozent zu senken. | Foto: Shell
Muss runter kommen vom Öl: Shell wurde in den Niederlanden verurteilt, seinen CO2-Ausstoß um 45 Prozent zu senken. | Foto: Shell
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Mit einem historischen Urteil ist in den Niederlanden ein Prozess gegen den Mineralölkonzern Shell zu Ende gegangen, der dem Unternehmen eine massive Reduktion seiner CO2-Emissionen auferlegt. Bis zum Jahr 2030, so der Spruch des Bezirksgerichts am Shell-Stammsitz in Den Haag, müssen die Firmenemissionen um 45 % sinken. Der Konzern sei für die CO2-Emissionen verantwortlich, die die Erderwärmung beschleunigten und massive Folgen für die niederländische Bevölkerung, insbesondere die Bewohner der Wattenmeerregion habe. "Shell kann und muss die CO2-Emissionen reduzieren", befand eine Richterin. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das von der Regierung mehr Klimaschutz verlangte, um die Rechte künftiger Generationen zu schützen, fällt erneut ein Urteil, das Bezug auf die Zukunft und nicht die Schäden der Vergangenheit nimmt. Mit dem Urteil solle künftiger Schaden abgewendet werden, heißt es.

Die fossile Industrie gefährdet das Recht auf Leben

Geklagt hatten seit 2019 sieben Umweltschutzorganisationen, unter anderem Greenpeace und Milieudefensie, unterstützt von 17.300 Bürger*innen als Nebenkläger sowie federführend durch den Anwalt Roger Cox. Dieser hatte bereits 2015 Erfolg mit der Klage gegen den niederländischen Staat auf mehr Klimaschutz. Die Argumentation der NGOs war, das Shell als größter Emittent der Niederlande neunmal so viel CO2 wie der Rest des Landes ausstoße. Die weiteren Investitionen in fossile Energien würden unter anderem das Rest auf Leben gefährden und somit nicht zuletzt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.

Konzernbericht von 1988 prognostizierte Klimakatastrophe

Die Bedrohung durch die Veränderung des Klimas sei dem Konzern seit Jahrzehnten bekannt, wie ein 2017 öffentlich gewordener interner Bericht von 1988 beweist, der dezidiert auf die Gefahren und katastrophalen Folgen des Treibhauseffekts und eine Erderhitzung von bis zu 3,5°C hinweist, ohne jedoch Konsequenzen nach sich zu ziehen.

Shell: Man muss letztlich die Nachfrage ändern

Shell befand das Urteil und die Klagen als "unangemessen" und sieht keine "gesetzliche Grundlage". Zudem habe das Unternehmen sich bereits verpflichtet, den CO2-Footprint um 2035 um 30 % zu reduzieren, rechtfertigt sich der Konzern. Letzlich müsse sich für einen solchen Wandel die Nachfrage ändern und sei eine "große und schwierige Aufgabe", die Jahre dauern werde und weit über eine Industrie, ein Unternehmen oder Land hinausgehe, befand Shell-Vorstandschef Ben van Beurden.

Zudem würde die Lücke, die Shell hinterlasse, schnell von anderen geschlossen, argumentiert der Konzern weiter. Auch in Frankreich ist eine Klage gegen den Mineralkonzern Total in Gange, in Deutschland gegen RWE. Jüngst hatte die eigentlich industriefreundliche Internationale Energieagentur IEA in einer Studie gefordert, weitere Investitionen in Öl- und Gasindustrie zu stoppen. Nach derzeitigem Stand wäre Shell auch bis 2030 einer der größten Investoren auf diesem Sektor.