Reform des Verkehrssektors: VCD legt Bundesmobilitätsgesetz vor

Für einen kompletten Neuansatz im Verkehrssektor plädiert der alternative Mobilitätsclub und verfasste ein eigenständiges Mobilitätsgesetz als Ersatz für die veraltete Straßenverkehrsordnung. Das räumt mit der von den Nazis installierten Priorisierung des motorisierten Verkehrs auf.

Für eine echte Verkehrswende braucht es ein neues Mobilitätsgesetz, findet der VCD - und legte einen von Verfassungsrechtlern erarbeiten Entwurf vor. | Foto: VCD/Jörg Farys
Für eine echte Verkehrswende braucht es ein neues Mobilitätsgesetz, findet der VCD - und legte einen von Verfassungsrechtlern erarbeiten Entwurf vor. | Foto: VCD/Jörg Farys
Martina Weyh
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Der ökologische Verkehrsclub VCD hat jüngst einen Vorschlag für ein Bundesmobilitätsgesetz vorgelegt, mit dem der notwendige neue Rechtsrahmen für eine Verkehrwende geschaffen werden soll. In ihrem Koalitionsvertrag hätten sich die Ampel-Parteien einen Aufbruch „für eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität“ zum Ziel gesetzt. Dafür wolle man eine Vorlage liefern.

„Das Bundesmobilitätsgesetz (BuMoG) nimmt erstmals alle Verkehrsträger gleichberechtigt in den Blick und ermöglicht so die Umsetzung der Klimaziele im Verkehrssektor durch eine integrierte Planung und Finanzierung der Bundesverkehrswege. Im Vordergrund stehen der Mensch und seine Mobilitätbedürfnisse“, erklärt die VCD Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann.

Erstmals würden mit dem Bundesmobilitätsgesetz übergeordnete, strategische Leitziele für den Verkehrssektor definiert, etwa zu Mobilitätssicherung, Verkehrssicherheit, Gesundheitsschutz sowie zu Umwelt- und Klimaschutz, wirbt die NGO. Diese Leitziele hätten zahlreiche Schnittmengen mit den im Koalitionsvertrag von der Ampel-Regierung skizzierten Vorhaben und bildeten das Dach, unter dem sich Umsetzungsziele und konkrete Verkehrsplanung bewegen, plädiert der Club. Herzstück des Gesetzesvorschlags bildet ein Bundesmobilitätsplan, der diese Leitziele Konkretisiert. Der Bundesmobilitätsplan soll vom Bundesverkehrsministerium entwickelt und vom Parlament verabschiedet werden, und zwar mit verbindlichen Finanzierungszusagen.

„Das Gesetz setzt Prioritäten und schafft Verlässlichkeit. Ein Monitoring ist ebenso verankert wie ein geregeltes Verfahren zum Nachsteuern und Anpassen von Zielen in einem festgelegten mehrjährigen Rhythmus“, erläutert die VCD-Bundesvorsitzende.

Mit dem Bundesmobilitätsgesetz sieht der Verband auch die Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden in eine neue, sinnvolle Balance gebracht, wie die Rechtsexperten ausführen, die den Gesetzesvorschlag im Auftrag des VCD verfassten. Denn der Gesetzentwurf schaffe für Länder und Kommunen verbesserte Handlungsspielräume, so durch Änderungen im Straßenverkehrsgesetz. Andererseits sollen sie ihre Verkehrsplanung auch konkret in Konzepte gießen, argumentieren die Autoren weiter.

Planungssicherheit und Fortschritt für die Verkehrswende

Mobilität werde im Gesetzentwurf unter ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten gleichermaßen betrachtet und ist damit integrativ angelegt. Integrativ heißt: Die verschiedenen Verkehrsträger wie Straße und Schiene werden gemeinsam und im Vergleich zueinander betrachtet.

„Damit unterscheidet sich das Bundesmobilitätsgesetz entscheidend von der bisherigen Praxis im Bundesverkehrswegeplan mit seiner isolierten Betrachtungsweise und der langen Schleppliste unerledigter Projekte“, erklärt der verkehrspolitische Sprecher des VCD, Michael Müller-Görnert.

Zentral ist für ihn zudem die gesicherte Finanzierung von Maßnahmen, die das Bundesmobilitätsgesetz erst ermöglicht. „Die beschlossenen Maßnahmen müssen ausfinanziert sein, das schafft Planungssicherheit und bündelt Planungskapazitäten auf die dringendsten Projekte für die Verkehrswende“, betont Müller-Görnert. Der VCD sieht die Bundesregierung nun in der Pflicht. Denn die im Koalitionsvertrag formulierten Ziele verlangen nach Umsetzung. „Für diese Umsetzung ist nun das Bundesmobilitätsgesetz da“, betont Haarmann. Bestärkt sieht sich die NGO durch das vor knapp einem Jahr ergangene Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es hatte den Verkehrssektor beispielhaft als Handlungsfeld benannt. Auch das jüngste Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2022 zur Klage der DUH enthält Hinweise auf die Verantwortlichkeit für Klimaschutz zwischen Bund und Ländern.

Initiative vom VCD, zahlreiche Akteure beteiligt

Die Initiative für die Arbeit am BuMoG Gesetzentwurf war vom VCD ausgegangen, um den institutionellen Rahmen der Verkehrspolitik in Deutschland an den Erfordernissen nachhaltiger Mobilität auszurichten. Der Club wird dabei unterstützt von zahlreichen Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Mobilitätswirtschaft. Fachliche Impulse lieferte der wissenschaftliche Beirat des VCD, darunter die Verkehrsberater Dr. Axel Friedrich und Dr. Jan Werner, die auf der Online-Diskussion des VCD nochmals die Notwendigkeit für ein Bundesmobilitätsgesetz betonten und die Umsetzung anmahnten. Erstellt wurde der Gesetzentwurf von renommierten Staats- und Verwaltungsrechtlern um Prof. Dr. Georg Hermes von der Goethe-Universität Frankfurt/M., Prof. Dr. Urs Kramer von der Universität Passau sowie Dr. Holger Weiss von W2K Rechtsanwälte. Begleitet wird der Vorschlag von einem verfassungsrechtlichen Gutachten zu den nationalen Auswirkungen ebenso wie zur Vereinbarkeit mit EU-Recht.

„Die im Entwurf entwickelten Instrumente schaffen eine solide, demokratisch legitimierte Grundlage für eine nachhaltige Verkehrspolitik auf dem Boden von Grundgesetz und EU-Recht“, resümiert VCD-Chefin Haarmann.