StVO-Reform verzögert sich: Länder fordern Sofortmaßnahmen
In ihrer jüngsten Sitzung Ende November hat die Verkehrsministerkonferenz der Länder festgestellt, dass sich die Reform der Straßenverkehrsordnung etwa um weitere drei Jahre verzögern wird. Man nehme den Bericht des Bundes über den Sachstand der StVZO-Reform zur Kenntnis, hieß es laut Beschlusssammlung.
Grund dafür sei, dass es eine erneute Änderung der Vorgehensweise gebe, sprich Neufassung statt einer Reformierung in Teilschritten. Die Runde der Minister verwies in dem Kontext auf den Beschluss des Bundesrates vom 10. Februar 2012, in der die Länder den Bund um die dringend notwendige Reform und um deren Abschluss bis 2014 bitten.
Die Verkehrsministerkonferenz forderte den Bund erneut und nachdrücklich auf, die Reform der betroffenen nationalen Vorschriften, insbesondere der StVZO und der EG-FGV, mit hoher Priorität zu behandeln, wie es in dem offiziellen Dokument heißt.
Die länderoffene Arbeitsgruppe zur Vorbereitung praxisgerechter Anpassungen des Straßenverkehrsrechts habe entsprechend des Beschlusses der Verkehrsministerkonferenz vom 4./5. Mai 2022 konkrete Handlungsvorschläge für „konsensuale Problemlösungen im Straßenverkehrsrecht vorgelegt“, die man zur Kenntnis nehme, so das Gremium.
Daran anknüpfend forderte die Runde das Bundesministerium für Digitales und Verkehr auf, die erarbeiteten Handlungsvorschläge zu prüfen und "zeitnah im Rahmen bevorstehender Rechtssetzungsvorhaben in enger Abstimmung mit den Ländern zu berücksichtigen“, wie es wörtlich heißt. Man sieht die Diskussion um weitergehende Anpassungen des Straßenverkehrsrechts durch diese „Vorbereitung praxisgerechter Anpassungen" weder vorweggenommen noch präjudiziert.
Daneben begrüßte die Ministerrunde die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) anzupassen und neben der „Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs“ auch die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung zu berücksichtigen, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen, wie man formuliert. In dem Kontext wird das BMDV aufgefordert, zeitnah einen Reformvorschlag zum StVG und zur StVO gemäß der Vereinbarung vorzulegen.
An kleineren Änderungen für die Diskussion mit der Bundesregierung wurde etwa empfohlen:
- Erleichterte Anordnung von Bewohnerparken: Hier rät man, als wirksames Instrument zur Aussteuerung der Parkbelastung in städtischen Quartieren, denr Anwendungsbereich des Bewohnerparkens nicht auf die bloße Reaktion auf einen erheblichen allgemeinen Parkdruck zu beschränken. Vielmehr empfiehlt sich die Öffnung des Bewohnerparkens für proaktive städtebaulich-verkehrsplanerische Erwägungen, um erheblichen Parkdruck, wo vermeidbar, möglichst schon nicht eintreten zu lassen.
- Ermöglichen von Digitaler Parkraumbewirtschaftung: Kommunen sollen eine rechtssichere Möglichkeit einschließlich der notwendigen datenschutzrechtlichen Vorschriften erhalten, "ausschließlich im Zusammenhang mit der Parkberechtigung sowie für einen kamerabasierten Abgleich des Kennzeichens mit Daten- banken, in denen die Parkberechtigung hinterlegt ist, die Kennzeichen auf öffentlichen Straßen parkender Fahrzeuge für die Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr zu erfassen und zu verarbeiten", wie es heißt; man erhofft sich einen zielgerichteteren, effektiveren Einsatz von Kontrollkräften und einen signifikanten Rückgang verkehrswidriger Parkvorgänge. Emissionsreiche Parksuchvorgänge sowie Behinderungen und Gefährdungen bspw. durch das Zweite-Reihe-Parken oder das Parken in Sichtdreiecken könnten vermindert und damit die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs nachhaltig verbessert werden, so die Hoffnung der Minister.
- Beschilderung von Ladestationen mit Zusatzzeichen "Während des Ladevorgangs“, um die E-Mobilität gezielter zu fördern
- Einführung von Blue Lanes, also Umweltspuren, um zur Förderung klimafreundlicher Mobilitätsformen im Einzelfall bestimmte Fahrstreifen der Nutzung etwa durch elektrisch betriebene oder mehrfach mit Personen besetzte Fahrzeuge vorbehalten zu können. Bislang konnten derartige Anreize zur Nutzung lokal emissionsfreie Fahrzeuge oder zur Bildung von Fahrgemeinschaften allein im Ausnahmewege umgesetzt werden.
- Leichtere Anordnung Busspuren: Statt dem Erfordernis einer "qualifizierten Gefahr" soll die Anordnung schon bei „einfacher Gefahr“ möglich und so leichter sein. Der Verzicht auf eine qualifizierte Gefahr fördere den Umweltverbund und zahle auf eine nachhaltige Mobilitätswende ein. Zugleich wird eine Gleichbehandlung mit Radverkehrsanlagen hergestellt, die bereits nach geltendem Recht vom Erfordernis der qualifizierten Gefahr befreit sind.
- Mehr Zebrastreifen und mehr Rechte von Fußgängern beim Straßenüberqueren: Auch hier empfiehlt man, die Beschränkung der Anordnungsvoraussetzungen auf die „einfache“ Gefahr", weil das den straßenverkehrsbehördlichen Handlungsspielraum erweitert. So könnte mit dem Zeichen 293 bereits vor einer Risikoverdichtung zu besonderen Gefahrenlagen sichere Querungsmöglichkeiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Ältere und Kinder geschaffen werden. Mit einer erleichterten Anordnung von Fußgängerüberwegen erhielten Straßenverkehrsbehörden zudem zusätzliche Möglichkeiten für präventive und proaktive Maßnahmen, insbesondere zur Erhöhung der Sicherheit vulnerabler Verkehrsteilnehmender und zur Steigerung der Attraktivität des Fußverkehrs insgesamt, plädieren die Autoren.
- Fußgängerverhalten bei Querungen: Überqueren von Fahrbahnen durch zu Fuß Gehende und der VwV-StVO zur Schaffung verkehrsrechtlicher Querungshilfen zu flexibilisieren. Ziel soll es sein, zu Fuß Gehenden ein sicheres Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen und dabei die Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Eine pauschale Anforderung, die Fahrbahn immer auf dem kürzesten Weg zu überqueren, schränkt dagegen die Attraktivität des Fußverkehrs ein.
- Mehr Ladezonen und damit weniger Zweite-Reihe-Parker: Empfohlen wurde, den Straßenverkehrsbehörden durch die Einführung eines neuen Verkehrszeichens die Einrichtung von besonderen Ladezonen zu ermöglichen. Ziel ist es, geeignete Halt- und Parkmöglichkeiten für gewerbliche Lieferfahrzeuge, z.B. Post- oder Paket- oder andere Lieferdienste, zu schaffen. Heute parkten diese Fahrzeuge oft verkehrsgefährdend in Kreuzungsbereichen, auf Rad- oder Fußwegen oder in zweiter Reihe. Hieraus ergeben sich nicht nur reine Komforteinschränkungen, sondern beispielsweise durch Spurwechsel und eingeschränkte Sichtbeziehungen erhöhte Gefahren, wie man skizziert. Anders als bei heute verwendeten Schilderkombinationen soll mit dem Zeichen eine Möglichkeit für das rechtssichere Abschleppen von unberechtigt in Ladezonen parkenden Fahrzeugen geschaffen werden.
- Erweiterte Einsatzbereiche des verkehrsberuhigten Bereichs: ie Arbeitsgruppe empfiehlt dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr einstimmig zu prüfen, wie der Einsatz von verkehrsberuhigten Bereichen als ein besonderer Straßentyp fortentwickelt werden kann. Verkehrsberuhigte Bereiche wurden 1980 ein- geführt. Sie haben sich als Instrument zur Verbesserung der Aufenthaltssituation vor allem in Wohngebieten etabliert. Die Auswahl, die Gestaltung und die Kennzeichnung verkehrsberuhigter Bereiche erfolgt interdisziplinär unter Berücksichtigung vor allem städtebaulicher, straßenbaulicher und straßenverkehrsrechtlicher Fragestellungen. Im Kern geht es darum, mit der Fortentwicklung den weiteren Einsatz von verkehrsberuhigten Bereichen zu fördern.
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