TomTom Trafic Index 2022: Langsamer, teurer - und ungebremst

Die Verkehrsstatistik des Navigationsspezialisten spricht eine klare Sprache: Weltweit und in Deutschland geht's immer langsamer voran. Dafür stiegen hierzulande die Kosten um ein Fünftel beim Benziner bis ein Drittel beim Diesel. Und: In Städten wie Hamburg, Berlin oder München ist man mit dem Rad schneller als mit dem Auto.

Alles im Blick: TomTom hat die Daten mittlerweile interaktiv aufbereitet, sodass man sich individuell seine Ersparnis (und die CO2-Ersparnis für die Umwelt) errechnen lassen kann. | Foto: Screenshot
Alles im Blick: TomTom hat die Daten mittlerweile interaktiv aufbereitet, sodass man sich individuell seine Ersparnis (und die CO2-Ersparnis für die Umwelt) errechnen lassen kann. | Foto: Screenshot
Claus Bünnagel
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Wie die zwölfte Auflage der weltweiten Verkehrsauswertung Trafic Index des niederländischen Navigationsdatenanbieters TomTom in 389 Städten und 56 Ländern ergab, haben sich das Stauniveau und die Kosten der Automobilität in den Städten weiter deutlich erhöht. Besonders langsam kam man in den Metropolen Hamburg, Berlin und München voran, wo das Durchschnittstempo im Pkw zwischen 23 und 25 km/h lag, kaum schneller Leipzig mit 26 km/h oder Köln und Stuttgart mit 28 km/h, jeweils während der Rushhour und im Radius von 5 Kilometern um das Stadtzentrum herum. Der Datenspezialist rechnet dagegen, dass man in Hamburg mit einem E-Roller statt 23 Minuten wie mit dem Auto in nur 15 Minuten am Ziel gewesen wäre und sogar mit dem Fahrrad mit 25 bis 35 Minuten nicht viel langsamer, je nach Fitnessgrad.

Allerdings gibt es auch Städte etwa im östlichen Ruhrgebiet, die von bis ins Zentrum reichenden Stadtautobahnen geprägt sind, wo das Pkw-Tempo mit 60 km/h im Schnitt fast dreimal so hoch liegt. Beklagen brauchen sich die Hamburger, Berliner und Münchner aber im weltweiten Vergleich nicht: In London mit seiner gewachsenen Stadtstruktur kriecht man in seinem Wagen mit 14 km/h dahin. Zudem war das Stauniveau noch immer zwölf Prozent niedriger als im Vorcorona-Jahr 2019, was auch an verstärkt genutzten Homeoffice-Regelungen liegen dürfte, wie TomTom bilanziert.

Deutlich höhere Kosten - kein Effekt aufs Verhalten

Der Anbieter kann nach eigenen Angaben für den interaktiv aufbereiteten Index mittlerweile auf die Daten aus mehr als einem Fünftel der deutschen Fahrzeugflotte zugreifen, inklusive Daten aus Mobilfunkquellen wie Apple oder Google Maps. Daraus ließen sich auch die Kosten ableiten, die etwa für Berlin und im Falle eines durchschnittlichen Pendlers mit 20 Kilometer Fahrt pro Tag auf 731 Euro stiegen, ein Plus von 21 Prozent. Diesel-Fahrer müssten sogar mehr als ein Drittel berappen. Was allerdings keinen Einfluss auf das Verkehrsaufkommen hatte. Selbst die Zwei-Euro-Marke beim Sprit hätte keine Dämpfung bewirkt, konstatierte TomTom-Spezialist Ralf-Peter Schäfer gegenüber Spiegel Online. Dafür brachte offenbar das 9-Euro-Ticket Pendler vorübergehend vom Auto in die Bahn.

E-Auto-Fahren senkt oder hält die Kosten

Immerhin: In europäischen Großstädten habe sich gezeigt, dass das Fahren mit einem Elektrofahrzeug ein effektiver Weg ist, um die Reisekosten niedrig und konsistent zu halten - vor allem, wenn man an Schnellladestationen lädt. Die Daten zeigten etwa, dass in einer Stadt wie London E-Fahrer, die ihr Fahrzeug an einer Langsamladestation aufladen, fast die Hälfte dessen einsparen, was sie mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, das mit Benzin betrieben wird, ausgeben würden. Darüber hinaus sind die Kosten für das Fahren eines E-Fahrzeugs deutlich weniger volatil, denn 2022 zeigte sich, dass die Kraftstoffpreise im Laufe eines Jahres leicht schwanken können, während die Strompreise sich nicht so häufig ändern.

Homeoffice-Paradox: Mehr daheim - trotzdem länger im Stau

Mit der weit verbreiteten Einführung flexibler Arbeitsregelungen hätten viele Arbeitnehmer nun die Möglichkeit, aus der Ferne zu arbeiten, einen hybriden Arbeitsplan zu übernehmen oder sogar flexible Arbeitszeiten zu wählen, skizziert der Anbieter seiter.

"Da weniger Pendler täglich zur Rushhour zur Arbeit fahren, würde man erwarten, dass die Menschen weniger Zeit und Geld in den Staus der Rushhour verbringen. Überraschenderweise hat die Zeit, die die Menschen in den Städten der Welt durch den Berufsverkehr verloren haben, im letzten Jahr zugenommen, wobei in Dublin sogar 140 Stunden durch den Verkehr verloren gingen. Durch Telearbeit an einem Tag in der Woche würde ein Pendler in Dublin 56 Stunden seiner Zeit einsparen", konstatiert TomTom.

Die Kosten der Staus für den Geldbeutel der Autofahrer seien global gesehen ebenfalls beträchtlich gestiegen. In Paris erhöht das Fahren mit einem benzinbetriebenen Auto während der Hauptverkehrszeit die Kosten um 40 % im Vergleich zum Fahren zu optimalen Zeiten (wenn der Verkehr am geringsten ist). Durch Telearbeit an einem Tag in der Woche würde ein Pariser Autofahrer 170 US-Dollar einsparen, rechnet der Navigationsspezialist vor.

"Der Verkehrsindex ermöglicht es uns auch, die Auswirkungen auf die CO2-Emissionen zu ermitteln, wenn wir während der Hauptverkehrszeit fahren. Ein Londoner, der jeden Tag mit seinem Benzinauto zur Arbeit fährt, stößt beispielsweise 1,1 t CO2 pro Jahr aus. Würde er einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeiten, wären das 219 kg weniger Emissionen", mahnt TomTom.