13.07.2005
Redaktion (allg.)
Noch immer hat die EU keine Nachfolgeregelung für die aus dem Jahr 1969 (!) stammende Verordnung 1191 vorgelegt, die wesentliche Hauptregelung des ÖPNV. Die Einbringung eines Entwurfs wurde jetzt in Brüssel erneut verschoben. Seit fünf Jahren wird bei der EU an einer Nachfolgeverordnung gearbeitet, bisher ohne Ergebnis.
Bislang liege noch nicht einmal ein offizieller Gesetzesentwurf der EU-Kommission vor, betont der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo), ganz zu schweigen von einer Mehrheit im EU-Parlament und einer Zustimmung des Verkehrsministerrates. Ein inoffizieller Entwurf kursiert bereits, die Einbringung des Verordnungsentwurfs wurde aber dieser Tage erneut verschoben. Derzeit geht man beim bdo davon aus, dass die Vorlage erst Ende Juli oder erst nach der Sommerpause erfolgt.
Daher wird in der Öffentlichkeit über mögliche Ergebnisse spekuliert. Nach Kenntnisstand des bdo steht die EU-Kommission auf dem Standpunkt, dass „die zuständige Behörde, also der Staat, den ÖPNV planen und organisieren soll. Er soll die notwendigen Verkehrsleistungen über Ausschreibungsverfahren vergeben.“
Dies stehe im krassen Gegensatz zu der in Deutschland nach wie vor gültigen PBefG-Gesetzgebung.
Wie man allein am langen Beratungszeitraum in Brüssel ablesen kann, ist die Regelung mit dem sehr staatsorientierten Grundansatz stark umstritten. Um im EU-Parlament und im Verkehrsministerrat eine Mehrheit für das Ausschreibungssystem zu bekommen, will die EU-Kommission eine umfassende Ausnahme von der Ausschreibungspflicht für kommunale Betriebe zulassen. Diese Ausnahme soll immer dann gelten, wenn der öffentliche Aufgabenträger die Leistungen direkt an sein eigenes, ihm zu 100 Prozent gehörendes Unternehmen vergeben will. Dieses Verfahren wird dann als „Inhouse-Vergabe“ bezeichnet. Diese Regelung würde bedeuten, dass in Deutschland über 80 Prozent des ÖPNV von der Ausschreibung nach Brüsseler Machart ausgenommen werden.
„Wie dies die EU-Kommission mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung und der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen vereinbaren will, bleibt rätselhaft“, so der Kommentar des bdo.
Der deutsche Omnibusverband plädiert für ein grundsätzliches anderes Verfahren und hat auch ein alternatives Konzept erarbeitet, das „Planung, Organisation und Durchführung als Aufgabe eigenverantwortlich und eigenwirtschaftlich tätiger Busunternehmer betrachtet.“ Der Spitzenverband wendet sich damit klar gegen Vorschläge, wonach der Staat mit Ausnahme der eigentlichen Leistungserbringung alle Planungs- und Organisationsaufgaben im ÖPNV übernimmt. Eigenverantwortliche Tätigkeit von Unternehmen und ein Zurückdrängen des Staates stehen im Mittelpunkt dieser Überlegungen. Die öffentliche Hand könnte sich dann auf ihre Kernaufgaben im Bereich Infrastruktur-Investitionen und -pflege konzentrieren.
Eine Analyse zu den Auswirkungen von ÖPNV-Ausschreibungen, welche die Fachhochschule Emden im Auftrag des bdo durchgeführt hat, zeigt deutlich die Folgen einer solchen Praxis, wie sie die EU-Überlegungen nach sich ziehen würde. Die Studie mit dem Titel „busfacts“ untersucht vor allem die Ergebnisse in den skandinavischen Ländern, in denen ein Ausschreibungsverfahren seit etwa zehn Jahren praktiziert wird, ebenfalls berücksichtigt wurden die ersten Erfahrungen in Hessen.
Zusammengefasst zeigt die Studie folgende Ergebnisse:
- der ÖPNV wird teurer, gleichzeitig nimmt die Qualität ab
- mittelständische Unternehmen verschwinden vom Markt, Betriebsaufgaben und Insolvenzen sind die Folge
- wenige Großanbieter erlangen innerhalb kurzer Zeit eine marktbeherrschende, fast monopolartige Stellung mit all den damit verbundenen Nachteilen für den Verbraucher