Meinungsbeitrag

Rechtstipp: Winter-Regeln für Reifen

Die Rechts-Experten der Arag erklären, was in Deutschland und im nahen Ausland im Winter Pflicht ist – und was beim Reifen-Wechsel von Hybrid- und E-Fahrzeugen unbedingt beachtet werden sollte.

Jährlich grüßt der Eisbär? Auch fern von Eisschollen machen Winterreifen Sinn.. (Symbolbild: Pixabay)
Jährlich grüßt der Eisbär? Auch fern von Eisschollen machen Winterreifen Sinn.. (Symbolbild: Pixabay)
Redaktion (allg.)
(erschienen bei Transport von Anna Barbara Brüggmann)

Ohne passende Reifen auf winterlichen Straßen kann es nicht nur teuer, sondern vor allem gefährlich werden. Was ist daher in den Wintermonaten zu beachten? Nach Angaben der Arag kann man sich beim Erwerb neuer Lkw-, Pkw- und Bus-Reifen seit Mai 2021 an einem neuen Eu-Reifenlabel (Regulation (EU) 2020/740) orientieren. Damit sollen sich die Kraftstoff-Effizienz, die Nasshaftung und das Rollgeräusch ablesen und besser vergleichen lassen.

Der Arag zufolge sollte gerade auch beim Neukauf von Winterreifen auf die Nasshaftung geachtet werden. Die Differenz im Bremsweg zwischen gutem A- und schlechterem F-Reifen könne dabei bei mehreren Metern liegen. Bei einer Vollbremsung mache dies womöglich den Unterschied zwischen einem großen Schrecken und einem Totalschaden aus, so die Versicherung.

Glatteis, Schnee und Co.

In Deutschland gilt seit 2010 eine sogenannte situative Winterreifenpflicht gemäß § 2 Abs. 3a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), so die Arag-Rechtsexperten. Das bedeute, dass bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte das Fahrzeug nur gefahren werden darf, wenn es mit geeigneten Reifen ausgerüstet ist.

Als wintertauglich gelten dabei laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) grundsätzlich nur noch mit dem Alpine-Symbol gekennzeichnete Reifen. Sogenannte M+S-Reifen dürfen laut Arag nach einer Übergangsregelung noch bis zum 30. September 2024 gefahren werden, sofern sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt wurden.

Bußgeld fällig?

Wer als Fahrer gegen § 2 Abs. 3a StVO verstößt, muss nach Aussage der Juristen nicht nur mit einem Bußgeld von bis zu 80 Euro, sondern auch mit einem Punkt in Flensburg rechnen. Zur Kasse gebeten werde in einem solchen Fall auch der Halter des Wagens - mit 75 Euro ; auch er erhalte dann einen Punkt im Fahreignungsregister.

Der Gesetzgeber hat also keinen festen Zeitraum vorgeschrieben, in dem eine Winterreifenpflicht gilt, die Arag-Experten empfehlen jedoch, frühzeitig im Herbst an die angemessene Bereifung zu denken. Bei tieferen Temperaturen härte die Gummimischung von Sommerreifen aus und könne immer weniger Grip aufbauen. Hersteller empfehlen den Wechsel auf Winterreifen wenn die Außentemperaturen auf unter sieben Grad Celsius sinken, so die Arag.

Als Merkhilfe könne die O-bis-O-Regel gelten, also: Winterreifen von Oktober bis Ostern. Denn in einigen Regionen könne es auf den Straßen bereits früh frostig werden und bei Unfällen aufgrund falscher Bereifung riskiere man unter Umständen den Versicherungsschutz.

Hybrid- und E-Fahrzeuge: Reifenwechsel nur von Profis

Wer ein Hybrid- oder Elektrofahrzeug fährt, sollte nach Auskunft der Rechts-Experten den Profis den Reifenwechsel überlassen - lebensgefährliche Hochspannung! Daher dürfe der Reifenwechsel nur von einer qualifizierten Werkstatt durchgeführt werden, die eine sogenannte Hochvolt-Qualifizierung vorweisen kann. Rund 60 Prozent der Werkstätten verfügen gemäß den Rechtsexperten über den sogenannten Hochvoltschein.

Winterreifenregeln in anderen Ländern

 Wie sieht es im Ausland aus mit der Winterreifen-Pflicht? Nach Angaben der Arag gelten folgende Vorschriften:

  • Finnland: Vom 1. Dezember bis zum 28. Februar muss mit Winterreifen gefahren werden; wenn es die Straßen- oder Witterungsbedingungen erfordern, seien auch länger Winterreifen notwendig. Die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt drei Millimeter. Auch Anhänger über 0,75 Tonnen, Motorräder, dreirädrige Fahrzeuge oder Vierradfahrzeuge müssen Winterpneus tragen. Laut Arag-Experten gilt die Winterreifenpflicht auch für Fahrzeuge aus dem Ausland.
  • Frankreich: Bis 2024 gilt in Frankreich eine Übergangsfrist, in der auch Reifen mit M+S-Kennzeichnung ohne Alpine-Symbol als Winterreifen gelten. Die Winterreifenpflicht gilt vom 1. November bis 31. März und nur in einigen Gebirgsregionen bei entsprechender Wetterlage. Betroffen sind den Arag-Experten zufolge aktuell fast 50 Departements in den Alpen, den Pyrenäen, im Zentralmassiv, im französischen Jura und in den Vogesen. Alternativ zu Winterreifen können Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder im Kofferraum mitgeführt werden. Die Bereiche mit vorgeschriebener Winterausrüstung würden jedes Jahr von den Präfekturen für den Zeitraum im Folgejahr festgelegt. Die entsprechenden Regionen sind den Juristen zufolge mit speziellen Straßenschildern markiert. Die Regelung gelte für alle Fahrzeuge bis maximal neun Sitze, inklusive Fahrer, Transporter unter 3,5 Tonnen Gewicht sowie für Reisemobile.
  • Italien: Es gilt laut Arag keine generelle Winterreifenpflicht, je nach Witterung und Region kann es nach Angaben der Rechts-Experten für einen bestimmten Zeitraum eine Winterreifen- oder Schneekettenpflicht geben. Entsprechende Verkehrszeichen würden darauf hinweisen. Noch bis 15. April gebe es eine Ausnahme: Auf besonders gefährlichen Straßenabschnitten des Aosta-Tals seien Winterreifen obligatorisch. Auch auf der Brennerautobahn in Südtirol müssen bis Mitte April Winterreifen montiert sein oder alternativ Schneeketten mitgeführt werden, so die Arag.
  • Norwegen: Für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen herrsche von Mitte November bis Ende März Winterreifenpflicht. Schneeketten sind erlaubt, aber nicht vorgeschrieben, erklären die Rechts-Experten.
  • Österreich: Sind die Straßen mit Schnee oder Eis bedeckt, müssen Fahrzeuge in Österreich vom 1. November bis zum 15. April mit Winterreifen unterwegs sein. Andernfalls müssen Schneeketten aufgezogen werden. Dies ist nach Angaben der Arag nur dort erlaubt, wo die Straßen permanent oder fast immer mit Schnee bedeckt sind. Mit Schneeketten liege die empfohlene Höchstgeschwindigkeit bei 40 Stundenkilometern (km/h). Fahrer, die trotz winterlicher Verhältnisse mit Sommerreifen unterwegs sind, riskieren laut Arag-Experten ein hohes Bußgeld, zudem könne sogar das Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen werden.
  • Polen: Winterreifen sind den Rechtsexperten zufolge nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber empfehlenswert. In einigen Gegenden können Schneeketten Pflicht sein – zu erkennen an einer entsprechenden Beschilderung.
  • Schweden: In Schweden müssen zwischen dem 1. Dezember und 31. März Winterreifen mit einer Mindestprofiltiefe von drei Millimetern aufgezogen werden, laut Arag-Juristen gilt dies auch für Anhänger.
  • Schweiz: Es gilt nach Angaben der Arag keine Winterreifenpflicht. Im Falle eines Unfalls riskiere man bei winterlichen Straßenverhältnissen ohne Winterpneus jedoche Probleme mit der Versicherung. Für einzelne Strecken kann auch eine vorübergehende Schneekettenpflicht angeordnet werden, so die Rechtsschutzversicherung.