Kein Fahrtenbuch ohne Tankbelege

Grundsätzlich wird der geldwerte Vorteil eines Firmenwagens für Privatfahrten monatlich pauschal mit 1 % des Bruttolistenpreises bewertet.

Steuerberater Roland Franz gibt Tipps zum Thema Firmenwagen und Fahrtenbuch. (Foto: Kanzlei Roland Franz & Partner)
Steuerberater Roland Franz gibt Tipps zum Thema Firmenwagen und Fahrtenbuch. (Foto: Kanzlei Roland Franz & Partner)
Claus Bünnagel

Steuerberater Roland Franz, Geschäftsführender Gesellschafter der Steuerberatungskanzlei Roland Franz & Partner in Essen und Velbert, informiert darüber, dass in einem aktuellen Urteil vom 15. Dezember 2022 – VI R 44/20 der Bundesfinanzhof (BFH) keinen Raum für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode sieht, wenn die Aufwendungen für das Fahrzeug teilweise geschätzt werden.

Das Urteil schließt eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen – im Urteilsfall Treibstoffkosten – für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode bei der Dienstwagenbesteuerung generell und unmissverständlich aus. 

Grundsatz

Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber einen Firmenwagen zur Verfügung gestellt bekommen, den sie auch für private Fahrten nutzen dürfen, müssen den damit verbundenen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn versteuern. Hierfür sind in der Praxis verschiedene Methoden gängig. Grundsätzlich wird der Vorteil monatlich pauschal mit 1 % des Bruttolistenpreises bewertet. Alternativ können auch die auf die Privatnutzung entfallenden anteiligen Kosten angesetzt werden, wenn der Betroffene das Verhältnis der dienstlichen Fahrten zur Privatnutzung durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweisen kann.

Die Vorgaben an ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch sind streng und es gibt so gut wie keinen Spielraum für Fehler. Wer es erfolgreich führt, muss außerdem darauf achten, dass die für das Fahrzeug insgesamt entstandenen Kosten durch Belege nachgewiesen werden. Ist eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, kommt die Ein-Prozent-Methode zur Anwendung. (Roland Franz)

Der Fall, der dem Urteil zugrunde liegt, ist in der Anmerkung näher beschrieben. Er zeigt sehr deutlich, wie kompromisslos der Bundesfinanzhof die Anforderungen an ein Fahrtenbuch stellt.

Ermittlung der Gesamtkosten für einen Firmen-Pkw

Zu den nachzuweisenden Gesamtkosten gehören zum Beispiel:

  • Abschreibungen (AfA)
  • Leasingraten und Leasingsonderzahlungen (anstelle der AfA), Treibstoffkosten
  • Wartungs- und Reparaturkosten, Kraftfahrzeugsteuer
  • Beiträge für Halterhaftpflicht- und Fahrzeugversicherung, Garagen- oder Stellplatzmiete
  • Aufwendungen für die Wagenpflege und -wäsche sowie für nicht steuerfreien Ladestrom

Bei der Ermittlung der Gesamtkosten ist bei einem Pkw von einer AfA von 12,5 % der Anschaffungskosten entsprechend einer achtjährigen (Gesamt-)Nutzungsdauer auszugehen. Nicht zu den Gesamtkosten gehören z. B. Fährkosten, Straßen- oder Tunnelbenutzungsgebühren (Vignetten, Maut), Parkgebühren, Aufwendungen für Insassen- und Unfallversicherungen, Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder, Kosten für eine Ladevorrichtung bei Elektrofahrzeugen sowie steuerfreier Ladestrom. 

Besonderheiten bei (Hybrid-)Elektrofahrzeugen

Entsprechend der Halbierung/dem Vierteln der Bemessungsgrundlage für die Anwendung der Listenpreisregelung bei Elektrofahrzeugen und extern aufladbaren Hybridfahrzeugen wird die zu berücksichtigende AfA bei der Fahrtenbuchmethode ebenfalls halbiert/geviertelt. Wird ein geleastes oder gemietetes Kraftfahrzeug genutzt, sind die Leasing- oder Mietkosten nur zur Hälfte bzw. zu einem Viertel zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG). Die übrigen Kosten werden in voller Höhe in die Berechnung einbezogen. Kosten für den vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich zur Verfügung gestellten, nach § 3 Nr. 46 EStG steuerfreien Ladestrom bleiben jedoch bei der Ermittlung der insgesamt durch das Fahrzeug entstehenden Aufwendungen im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 4 EStG (Gesamtkosten) vollständig außer Ansatz.

Anmerkung: Betriebliche Zapfsäule – geschätzte Werte für die Treibstoffkosten

Die Klägerin stellte ihren Mitarbeitern Firmenfahrzeuge zur Verfügung, die auch privat genutzt werden durften. Die Betroffenen führten ordnungsgemäße Fahrtenbücher. Das Finanzamt stellte bei einer Außenprüfung jedoch fest, dass zur Berechnung der tatsächlichen Treibstoffkosten geschätzte Werte hinsichtlich der Verbrauchswerte der Fahrzeuge und der Treibstoffpreise zugrunde gelegt worden waren. Der Grund hierfür war die Betankung der Fahrzeuge an einer betrieblichen Zapfsäule ohne Anzeige der Mengenabgabe und des Preises. Der Prüfer berechnete daher den geldwerten Vorteil nach der Ein-Prozent-Methode.

Finanzgericht sieht nur geringfügigen und damit unschädlichen Mangel

Die erstinstanzliche Klage vor dem Finanzgericht München (FG München, Urteil vom 16. Oktober 2020 – 8 K 611/19) war erfolgreich. Nach Ansicht des Gerichts war im Streitfall der Belegnachweis geführt, weil die Teilschätzung des Treibstoffverbrauchs nur einen geringfügigen Mangel darstellt. Die Klägerin hatte für die Treibstoffkosten ihre Einkaufsrechnungen vorgelegt und einen Durchschnittspreis ermittelt. Es fehlte daher nur der Beleg für den konkreten Treibstoffverbrauch. Dieser Mangel sei geringfügig, weil die verbrauchte Treibstoffmenge unter Heranziehung der Herstellerangaben geschätzt werden könne, so das Gericht.

Hintergrund: (Kleinere) Mängel führen nicht zur Verwerfung eines Fahrtenbuchs

Der BFH hatte schon vor einigen Jahren entschieden, dass (kleinere) Mängel nicht zur Verwerfung eines Fahrtenbuchs führen (BFH, Urteil vom 10. April 2008, VI R 38/06; BStBI 2008 II S. 768). Zwar könne die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben infrage gestellt werden, wenn das Fahrtenbuch inhaltliche Unregelmäßigkeiten aufweise. Es führe jedoch nicht jede Unregelmäßigkeit direkt zur Verwerfung des gesamten Fahrtenbuchs. Sollte das Finanzamt beispielsweise nur bemängeln, dass eine unternommene Fahrt zu einer nahegelegenen Tankstelle, für die ein Tankbeleg vorliegt, nicht im Fahrtenbuch aufgezeichnet worden ist, könne mit dem Vorliegen eines kleinen Mangels argumentiert werden. 

BFH: Kostenschätzung nicht zulässig, da kein „geringer Mangel“ vorliegt

Im aktuellen Urteilsfall fehlten aber nicht einzelne Fahrten, sondern die Belege für eine gesamte Kostenart. Die Finanzverwaltung hatte gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision beim BFH eingelegt und dieser hat nun zu ihren Gunsten entschieden. Die geldwerten Vorteile für die private Nutzung der Fahrzeuge müssen im vorliegenden Fall nach der pauschalen Ein-Prozent-Methode berechnet werden. Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode generell aus. Die anteiligen Treibstoffkosten je Fahrzeug hätten nachgewiesen werden müssen.

Das Führen eines solchen Nachweises ist nach Ansicht der Richter möglich und zumutbar. Auch wenn der private Nutzungsanteil ausweislich der ordnungsgemäß geführten Fahrtenbücher nur sehr gering ist, sieht der BFH keine Übermaßbesteuerung bei der Anwendung der pauschalen Ein-Prozent-Methode und verweist auf das Wahlrecht der Betroffenen.

Das Urteil zeigt, dass für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode kumulativ ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch und ein vollständiger Kostennachweis vorliegen müssen. 

Hinweise für die Lohnbuchhaltung

Mit Schreiben vom 3.3.2022 wird das BMF-Schreiben vom 4.4.2018 geändert. Die Änderungen sind durch Fettschrift hervorgehoben. BMF, Schreiben vom 4.4.2018, Z IV C 5 – S 2334/18/10001, aktuell: BMF, Schreiben vom 3.3.2022, IV C 5–S 2334/21/10004:001

Über Roland Franz & Partner

Die Kanzlei Roland Franz & Partner in Essen und Velbert besteht seit mehr als 40 Jahren. Die rund 30 Mitarbeiter der beiden Niederlassungen bieten individuelle, auf die jeweilige Situation angepasste Lösungen. Um für jeden Mandanten möglichst viele Synergieeffekte ausschöpfen zu können, arbeiten in der Kanzlei mehrere Spezialisten zusammen. So profitieren die Mandanten von der Qualifikation und Erfahrung vieler Experten.