21.06.2005
Redaktion (allg.)
Das Verkehrsparlament der Süddeutschen Zeitung lud am Montag, 20. Juni, zu einer Podiumsdiskussion nach München. Das Thema der Veranstaltung lautete "Preiswert reisen - sicher reisen?", als Redner waren u. a. geladen:
- Manfred Thielmann, Geschäftsführer von Gimmler Reisen Wetzlar, das erste Busunternehmen, das sich mit dem Dekra/TÜV-Siegel 2003 zertifizieren ließ (lesen Sie dazu auch busplaner 5-05, Seite 12)
- Siege Kreuzer von ver.di Bayern
- Robert Sauter vom ADAC
- Gerhard Stangl von der Neoman Bus GmbH
- Hans-Georg Schwabowski von der TÜV Süd Gruppe
Der ebenfalls angekündigte Nico Didion von Europa Reisen München war auf dem Podium nicht anwesend.
Da die Mehrheit der Zuhörerschaft aus Branchen-Insidern bestand (Busunternehmern und Vertretern des Landesverbandes Bayerischer Omnibusunternehmen), waren die Fragen aus dem Publikum alle sehr fachspezifisch, was die wenigen anwesenden Endverbraucher etwas enttäuschte. Bei den Statements der Redner sowie der anschließenden Diskussionsrunde stellten die Beteiligten ihre jeweilige Einstellung zu einem Bus-Siegel heraus.
"Die Zertifizierung ist für Gimmler Reisen eine Möglichkeit, um sich von schwarzen Schafen zu distanzieren", betonte Manfred Thielmann, "ich sage nicht, dass das jeder Kollege machen muss, aber ich vermarkte das Siegel gnadenlos. Dafür bin ich nicht nur Busunternehmer, sondern auch Kaufmann." Der Geschäftsführer des hessischen Busbetriebes entschied sich 2003 für die Zertifizierung nach dem von Dekra und TÜV angebotenen Siegel und reagierte so auf die Unfallserie in diesem Jahr. "Die Skepsis der Mitarbeiter hat sich mittlerweile in Luft aufgelöst", so Thielmann, "es ist uns klar, dass man Sicherheit nicht erkaufen kann, aber wir haben durch das Siegel unsere Sinne geschärft und die Philosophie der Sicherheit an erste Stelle gestellt."
Siege Kreuzer von der Gewerkschaft ver.di forderte, dass "die Fahrgäste die Chance erhalten, sich für ein zertifiziertes Busunternehmen zu entscheiden". Viele Busunternehmer würden Billigangebote machen, dabei aber bei der Qualifikation der Busfahrer sparen. "Es gibt genug qualifizierte Fahrer mit der Ausbildung zum Berufskraftfahrer", so Kreuzer, "aber diese sind den Arbeitgebern zu teuer." Zudem stellte sie fest, dass die seit 2001 mögliche Berufskraftfahrer-Ausbildung ihrer Meinung nach kein einziger Betrieb in Bayern anbieten würde.
Robert Sauter forderte im Namen des ADAC ein einheitliches Gütesiegel und dass die Fahrer auf ihre Verantwortung für die Fahrgäste sensibilsiert würden. Ein Beispiel dafür wäre, wenn Busfahrer und Reiseleiter mit gutem Beispiel vorangehen und sich während der Fahrt anschnallen würden. Doch auch den Reisenden sollten Tipps an die Hand gegeben werden, die die Sicherheit erhöhen könnten. "Zum Beispiel kein Gepäck im Gang stehen zu lassen, im Bus möglichst nicht zu stehen, den Fahrer während der Fahrt nicht abzulenken und von ihm keine Serviceleistungen in den Pausen zu verlangen", so Sauter. Der ADAC-Bustest mit seiner Breitenwirkung würde auf diese Veränderungen im Kundenverhalten hinwirken.
Gerhard Stangl bei Neoman für die Entwicklung von Reise- und Überlandbussen zuständig, erläuterte die technischen Sicherheitseinrichtungen und betonte, dass diese Systeme den Fahrern jedoch nur helfen könnten, wenn diese das auch zuließen. "Die Unfallursachen liegen primär beim Fahrer", so Stangl.
In der Busbranche gebe es viele Unterschiede, wie mit dem Thema Sicherheit umgegangen werde, erklärte Hans-Georg Schwabowski vom TÜV Süd. Er gehört wie viele der an der Diskussion Beteiligten zu dem Arbeitskreis, der sich mit dem Thema Bus-Siegel auseinandersetzt. "Entgegen der Mehrheit der Teilnehmer des Arbeitskreises, sehen die Vertreter der Busverbände keine Notwendigkeit für die Umsetzung eines Siegels", fasste einer der Anwesenden zusammen.
Dass ein Siegel aber positive Auswirkungen für ein Busunternehmen hat, davon ist Manfred Thielmann überzeugt. Kein Angebot, kein Schriftverkehr, in dem nicht auf das Zertifikat hingewiesen wird, verlässt den Betrieb. Mit positiven Folgen: Im Mietwagen-Geschäft konnte eine klare Steigerung ausgemacht werden.
Und das Sicherheitsbewusstsein und der Anspruch an die eigene Firma haben sich bei Gimmler Reisen geändert: Als man beim ADAC-Test im letzten Jahr für den ältesten Bus aus dem Jahr 1997 nur die Note "gut" bekam, weil der Bus keine Gurte hatte, tauschte man das Fahrzeug gegen ein neues aus.
"Sicherheit kostet Geld", da waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde auf das Motto der Veranstaltung "Preiswert reisen - sicher reisen?" angesprochen, einig und das muss auch gemeinsam den Verbrauchern deutlich gemacht werden. Doch das heißt nicht zwingend, dass alle Fahrten wesentlich teurer werden müssen. Thielmann: "Wir haben die 99,- Euro-Tour nach Paris ebenso im Programm wie das Hotel Adlon, Qualität hebt die Kosten, aber ich habe nicht 100.000 Stammkunden, die reich sind." Auch preiswert könne man eine vernünftige Qualität anbieten. Gut vermarktet kann das Bus-Siegel sogar zu Mehreinnahmen führen.
Die Süddeutsche Zeitung kündigte eine Berichterstattung über die Diskussionsrunde für Dienstag, 28. Juni, an.