Intelligentes Corona-Filtersystem für Busse

Es verhindert die Verteilung von Viren, indem diese auf der funktionalen Filteroberfläche inaktiviert werden.

Das Corona-Filtersystem für Busse wurde jetzt in Vorarlberg vorgestellt. (Foto: Hehle-Reisen)
Das Corona-Filtersystem für Busse wurde jetzt in Vorarlberg vorgestellt. (Foto: Hehle-Reisen)
Claus Bünnagel

Das Vorarlberger Busunternehmen Hehle-Reisen hat gemeinsam mit dem Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) und dem Entwicklungspartner Freudenberg Filtration Technologies ein Filtersystem für Busse entwickelt, das Pathogene wie Viren nahezu vollständig abscheidet. Nach der erfolgreichen Entwicklungs- und Testphase haben die Filter nun Marktreife erlangt und können in der Praxis eingesetzt werden.

Wie viele andere Betroffene waren auch wir anfangs in einer Art Schockstarre – aber den Kopf über Wochen hinweg sprichwörtlich in den Sand zu stecken, kam für uns nicht in Frage. (Geschäftsführerin Elke Bereuter-Hehle)

Forschungsinitiative aufgebaut

Zahlreiche Busunternehmen haben sich der Initiative von Hehle-Reisen angeschlossen, darüber hinaus die Unternehmen Freudenberg Filtration Technologies SE & Co. KG und die EvoBus GmbH sowie als Forschungspartner das OFI, Mitglied der ACR (Austrian Cooperative Research). Die gemeinsame Aufgabe lautete, ein Hygienekonzept für Reisebusse zu entwickeln, so dass die größtmögliche Sicherheit für Reisende hinsichtlich des Infektionsrisikos durch biologische Gefahrenstoffe (insbesondere Covid-19) gewährleistet wird. Dazu sollten Methoden zur Evaluierung des Virendurchgangs durch Filtermedien erforscht werden.

Funktionsweise des Filtersystems

Um zu verhindern, dass virustragende Aerosole die Gesundheit der Reisegäste in Bussen gefährden, werden die Aerosole zunächst direkt aus der Umluft gefiltert. In einem zweiten Schritt wird die kritische Viruslast durch eine antivirale Filtermedienschicht inaktiviert. Zunächst erfolgt – als Kernfunktion – die mechanische Filtration der Aerosole. Unter Einhaltung der Biozidprodukte-Richtlinie der EU wird eine Verteilung von Viren verhindert, indem sie auf der funktionalen Filteroberfläche inaktiviert werden. Vorteile der neuen „micronAir blue“-Innenraumfilter:

  • Effektiver Schutz vor Feinstaub
  • Effektiver Schutz vor Schadgasen wie Stickoxiden
  • Verlässliches Zurückhalten von Bakterien und Viren
  • Reduktion der Bakterien und Virenlast in der Innenraumluft

Wirkungsprinzip der „micronAir blue“-Innenraumfilter

Der mehrstufige Aufbau der Filter ermöglicht eine bestmögliche Abscheidung von Partikeln, Gasen, Bakterien und Viren. Durch die Filtration wird eine verlässliche Rückhaltung von Bakterien und Viren sowie eine Vermeidung einer Verteilung von Viren erreicht. Eine zusätzliche auf Fruchtextrakten basierende Filterschicht denaturiert die Proteinstruktur der Viren und inaktiviert diese.

Durch den Einsatz der hocheffizienten Filter in Kombination mit der patentierten funktionellen Lage wird die Virenkonzentration in Fahrzeugen nahezu vollständig reduziert. An drei Stellen werden diese Filter eingesetzt: im Frontfilter, dem Innenraumfilter und schließlich im Frischluftfilter für die Klimaanlage auf dem Dach des Busses. Dieses Dreistufensystem schafft ein in sich geschlossenes System und erreicht so einen fast keimfreien Innenraum im Fahrzeug.

Erfolgreicher Praxistest

Neben den gesundheitlichen Komponenten überzeugen diese Filter auch dadurch, dass sie sehr einfach zu tauschen sind und so wie bisher über den Restmüll entsorgt werden können. Seit Anfang Juni 2020 setzt Hehle-Reisen diese in seinen Reisebussen ein. 

Unsere Kunden fühlen sich durch diese Maßnahmen im Bus sicherer, ihre Angst vor Ansteckung durch andere Passagiere hat deutlich abgenommen. (Fuhrparkleiter Konrad Bereuter) 

Das zeigen die Rückmeldungen der Kunden – überwiegend aus der durch Corona besonders gefährdeten Gruppe der über 60-Jährigen. Im September 2020 werden diese innovativen Filter möglichst flächendeckend in Vorarlberger Reisebussen eingesetzt werden. Alle Busunternehmen, in deren Fahrzeuge die Filter technisch eingesetzt können, nehmen an dem innovativen Forschungsprojekt teil.

Standardisierte Tests von Luftfiltern

Das OFI hat sich bereits in den letzten Jahren intensiv mit den Möglichkeiten standardisierten Testens von Luftfiltern beschäftigt. Ein Aspekt, mit dem sich die Forschenden dabei verstärkt auseinandersetzen, ist die Überprüfung von Filtermedien hinsichtlich ihres Rückhaltevermögens von biologischen Gefahrenstoffen wie z.B. Allergenen, Sporen etc. 

Mit einer in Europa einzigartigen Simulations- und Prüfanlage kann am OFI der Abscheidegrad nun auch von Bakterien und Viren von Filtermedien genau untersucht werden. (Gabriele Ettenberger-Bornberg, Hygieneexpertin und Projektleiterin am Forschungsinstitut) 

Zudem werden im Rahmen des Projekts optimale Einstellungen von Klimaanlagen, Durchströmungsgeschwindigkeiten sowie Luftumsatz und der Energieeffizienz evaluiert. Das erarbeitete Hygienekonzept soll als weltweites Vorzeigemodell nicht nur für Betreiber von privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bussen, sondern auch für Schienenfahrzeuge und für die Luftfahrt als Best-Practice etabliert werden.