VDV fordert: Preis fürs Deutschlandticket soll stabil bleiben

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sieht das Ticket als Erfolg auch in Sachen Verkehrswende: Jeder Dritte Nutzer steige vom Auto um. Auch deshalb mahnt der Verband eine Weiterführung zum Preis von 49 Euro an. Verkehrsforscher kontern, dass Ticket habe kaum Umstiegseffekte und sei noch immer zu teuer.

Ein Ticket fürs ganze Land: So simpel, so erfolgreich - das Deutschlandticket kommt gut an, allerdings ist umstritten, wie viele Leute es wirklich zum Umstieg vom Auto bewegt. | Foto: VDV
Ein Ticket fürs ganze Land: So simpel, so erfolgreich - das Deutschlandticket kommt gut an, allerdings ist umstritten, wie viele Leute es wirklich zum Umstieg vom Auto bewegt. | Foto: VDV
Claus Bünnagel
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat einen stabilen Deutschlandticket-Preis von 49 Euro pro Monat bis Ende diesen Jahres zur weiteren Kundengewinnung gefordert. „Irgendwann wird der Ticketpreis wegen steigender Kosten etwas erhöht werden müssen. Es ist aber zentral, dass der Preis von 49 Euro im Monat noch mindestens bis Ende 2024 erhalten bleibt“, erklärte VDV-Präsident Ingo Wortmann jüngst dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gerade für die Gewinnung und Bindung neuer Kunden sei das essentiell. Dafür müssten jedoch auch ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, sodass die Verkehrsunternehmen nicht auf den Kosten sitzen blieben. Wortmann zitierte VDV-Prognosen, wonach die Umsetzung des Tickets dieses Jahr 4,1 Mrd. Euro kosten werde und nicht drei Milliarden, wie von Bund und Ländern veranschlagt. Der Verbandspräsident kritisierte scharf die vom Bund vorgesehenen Kürzungen der Regionalisierungsmittel und warnte vor einer Verschlechterung des Angebots. Wenn die Verkehrsunternehmen nun weniger Mittel bekämen, werde das zwangsläufig zu Abbestellungen von Bahn- und Buslinien führen.

„Hunderte Millionen Euro für den Nahverkehr zu streichen, wäre absolutes Gift für die Verkehrswende“, meinte Wortmann weiter. „Wegen der Kostensteigerungen infolge der Pandemie und der Energiekrise erleben wir einen erheblichen Druck gerade im Schienenpersonennahverkehr.“

Laut einem Bericht des Deutschlandsfunks warnte der Deutsche Caritasverband, dass für Familien mit kleinem Einkommen der Preis von 49 Euro für das Ticket schon jetzt hoch sei. Auch eine Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der dpa bestätigte, dass über ein Drittel der Befragten das Deutschlandticket bei mehr als 49 Euro kündigen würden.

 

Kritik von der Wissenschaft

Auch Mobilitätsforscher wie Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sehen laut DF-Bericht den Preis von 49 Euro als größtes Manko des Deutschlandtickets. Er hält den Preis für zu hoch, „um Verlagerungseffekte messen zu können“. Autofahrer seien mit dem 49-Euro-Ticket ebenfalls „nicht wirklich zu begeistern“, auch hier aus Preisgründen. De facto habe die Bahn mit dem 49-Euro-Ticket keine neuen Kunden gewonnen, meint Knie. Nach seiner Analyse werde das Deutschlandticket vor allem von Menschen nachgefragt, die vorher teurere Abos gehabt hätten oder Gelegenheitskunden gewesen seien. Noch immer nutzten weniger Menschen als vor der Pandemie die öffentlichen Verkehrsmittel.

Ähnlich urteilt der Verkehrsökonom Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, der den Verlagerungseffekt vom Autoverkehr auf die Schiene durch das Deutschlandticket auf nur etwa 0,5 % beziffert. Umgerechnet in Personenkilometer seien dies vier bis fünf Milliarden pro Jahr zusätzlich. Dafür gebe man vier Milliarden Euro für das Deutschlandticket aus – viel Geld für einen geringen Effekt, findet der Forscher. Selbiges treffe auch für die Treibhausgase zu. Jede mit dem Deutschlandticket eingesparte Tonne CO2 koste demnach 6.000 oder 8.000 Euro, „absurd viel Geld“, meint Böttger. Das Bundesverkehrsministerium geht laut DF-Bericht von CO2-Einsparungen von etwa 22 Megatonnen aus, während das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium mit vier Megatonnen rechnet. Zudem erreiche man mit der Subvention des Deutschlandtickets nicht die Menschen, die bedürftig seien, übt Böttger weiter Kritik.

„Die großen Profiteure sind die Leute, die aus der Mittelschicht kommen, die in den Vororten wohnen, im Speckgürtel, und die teilweise sehr teure Monatskarten brauchen, um in die Stadt zu pendeln. Dann zahlt man normalerweise 200 Euro im Monat für seine Monatskarte", analysiert Böttger.

Als Alternative schläft Verkehrsökonom Böttger vor, deutlich mehr Geld in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für Bus und Bahn zu stecken anstatt in das Deutschlandticket. Dazu zählt er etwa ein neues Ticketing-System, mit dem man unkompliziert „bundesweit fahren kann, ohne in jeder Stadt neu überlegen zu müssen, wo man sein Ticket kaufen kann“. Mobilitätsforscher Knie wiederum würde am Preis des Tickets ansetzen, den er auf 29 Euro senken würde. Dann könne man jene Menschen als Bahnkunden gewinnen, die vorher keine gewesen seien. Kritik, Züge würden dadurch überlastet, kontert Knie mit dem Hinweis, dass die durchschnittliche Auslastung im Regionalbetrieb nur bei 15 bis 16 % liege. Nur in Ferienzeiten sei die Auslastung höher.