Klimawandel setzt historischen Parks und Gärten in Hessen zu

 (dpa/lhe/fn) Hessens historische Gärten und Parks bieten Naherholung und machen Geschichte erlebbar. Doch die Grünanlagen mit ihren teils sehr alten Baumbeständen leiden unter den zunehmenden Wetterextremen.

Der Klimawandel setzt historischen Parks und Gärten in Hessen zu. Eine stark geschädigte Hängebuche steht eingezäunt vor dem Biebricher Schloss. (Foto: Andrea Löbbecke/dpa)
Der Klimawandel setzt historischen Parks und Gärten in Hessen zu. Eine stark geschädigte Hängebuche steht eingezäunt vor dem Biebricher Schloss. (Foto: Andrea Löbbecke/dpa)
Franziska Neuner

Sie sind Oasen der Erholung und zugleich Kulturgut: Historische Garten- und Parkanlagen gelten als besonders schützenswert. Der Klimawandel mit Wetterextremen wie Hitze, Dürre und Starkregen stellt für die empfindlichen Ökosysteme ein zunehmendes Problem dar.

«Vor allem bei den Pflanzen gibt es Herausforderungen, auf die wir uns einstellen müssen», sagt Philipp Ludwig von den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen. «Durch die anhaltende Trockenheit der vergangenen Jahre haben wir Probleme, alte Baumbestände zu erhalten», erläutert der Leiter des Fachgebiets Gärten und Denkmalpflege. Die entstandenen Schäden seien immens. 

Die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen betreuen 48 Standorte historischer Kulturdenkmale im Besitz des Landes Hessen. Dazu zählen Schlösser, Burgen, Klöster, Gärten, Parks und zahlreichen Einzelmonumenten aus fast zwei Jahrtausenden.

«Die Probleme machen sich an all unseren Standorten bemerkbar - in unterschiedlicher Form und Intensität», erklärt Ludwig.

Besonders betroffen seien die Rotbuchenbestände.

«Sie kommen mit der anhaltenden Trockenheit nicht gut zurecht und verlieren an Vitalität. Dadurch können Schädlinge leichter angreifen und Pilze eintreten. Am Ende entsteht ein Teufelskreis. Die Vitalität der Rotbuchen wird immer geringer bis sie absterben.»

Das Holz faule schnell. Die Rotbuchen seien dann nicht mehr standsicher und müssten innerhalb kürzester Zeit gerodet werden.

Invasive Arten sorgen für Probleme

Steigende Durchschnittstemperaturen führten zudem zu einer Zunahme von Schädlingen durch Artenwanderungen. Auch in baulicher Hinsicht sorge der Klimawandel für Schwierigkeiten. Durch Starkregenereignisse würden etwa Wegedecken ausgespült. 

«Da müssen wir immer wieder nacharbeiten, um die Wege zu erhalten. Sonst schwimmen sie uns weg», berichtet Ludwig.

Zudem müsse man bei Gebäuden damit rechnen, dass es durch veränderte Grundwasserspiegel zu Setzungen kommen und Fundamente beschädigt werden könnten. Bei Starkregen könnten auch Bauwerke in Gewässernähe wie Brücken in Mitleidenschaft gezogen werden.

Infolge des Klimawandels müssten die Gärten und Parks in den Sommermonaten stärker bewässert werden.

«Dazu wollen wir auch Dachflächenwasser gezielt nutzen, indem wir es direkt in den Park einleiten», erklärt Ludwig.

Wo möglich sollten mehr Zisternen eingesetzt und Versicherungsflächen geschaffen werden.

Neben der besseren Bewässerung setzen die Denkmalpfleger unter anderem auch auf die Bodenverbesserung im Wurzelbereich. Im Schlosspark Bad Homburg etwa werde Falllaub unter bestimmten Gehölzen unter den Bäumen verteilt.

«Dort kann sich dann im Wurzelbereich eine Humusschicht bilden, die einen positiven Effekt auf die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens hat, als Verdunstungsschutz dient und Nährstoffe gibt.» Die zusätzlichen Arbeiten kosten Zeit und Geld. «Wir rechnen durch den Klimawandel mit einem pflegerischen Mehraufwand in historischen Gärten von 25 bis 30 Prozent», sagt Ludwig. 

Grünanlagen haben wichtige Aufgaben 

«Was wird dort pflegen ist kein Luxus, sondern ein Kulturgut», betont er.

Die historischen Anlagen erfüllten zahlreiche Aufgaben. Sie dienten unter anderem der Erholung der Menschen, der Produktion von Frischluft und seien Habitat für Baumstrukturen, die es in forstwirtschaftlich genutzten Wäldern kaum noch gebe.

«Um diese Denkmale zu erhalten, brauchen wir entsprechendes Personal zur Pflege sowie finanzielle Mittel.» 

«Wir müssen unsere Arbeit noch stärker anpassen und flexibler sein», sagt Siegfried Hoß, Leiter der Gärten und Gartendenkmalpflege von Hessen Kassel Heritage (HKH).

Die Einrichtung des Landes Hessen ist mit der Verwaltung von kunsthistorisch bedeutsamen Liegenschaften und Sammlungen des Landes in Kassel betraut, darunter auch der Bergpark Wilhelmshöhe. Der 2,4 Quadratkilometer große Park wurde 2013 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt. 

Infolge der Trockenheit seien dort im Jahr 2018 hunderte Fichten gestorben, welche die 1789 fertiggestellte historische Tannenchaussee gesäumt hatten, berichtet Hoß. 2019 hätten dann die letzten verbliebenen Bäume gefällt werden müssen. Seither wird die Chaussee wieder aufgeforstet.

«Anders als der Name Tannenchaussee impliziert, standen dort neben Weißtannen ursprünglich auch Rotfichten. Beide Arten werden wieder gepflanzt», erklärt Hoß. «Hinzu kommen Orientfichten, die mit den trockenen Sommern besser zurechtkommen. Wir werden sehen, ob sich das bewährt. Wir wissen nicht, was in 20 oder 60 Jahren noch funktioniert.»

Ausprobieren, welche Maßnahmen funktionieren

Auch im Bergpark sorgen ausgespülte Wegedecken für zusätzliche Arbeit.

«Rinnen und Ausläufe müssen regelmäßig gereinigt, Wege ausgebessert werden», sagt Hoß. «Unsere Aufgabe in den kommenden Jahren wird sein, sie so zu gestalten, dass sie halten.»

Eine weitere Auswirkung des Klimawandels ist die Ausbreitung der Rosskastanien-Miniermotten im Bergpark. Sie habe in den 1990er-Jahren eingesetzt, erläutert Hoß.

«Die invasive Art hatte in den ersten Jahren keine natürlichen Feinde. Wir haben aber mit der Zeit beobachtet, dass Meisen die Larven des Schädlings aus den Blättern herauspicken.» Das macht man sich in Kassel zunutze und hängt Meisenkästen in die Rosskastanien. «Wir brauchen Geduld mit uns und der Natur», sagt Hoß.

Das sehr warme und trockene Wetter der vergangenen Jahre setzt auch dem Baumbestand im historischen Schlosspark in Wiesbaden-Biebrich zu.

«Je nach Alter der einzelnen Bäume begünstigt es zum Beispiel die Zunahme von Holz zersetzenden Pilzen sowie den Befall durch Bakterien und Insekten», erläutert der Sprecher des Landesbetriebs Bau und Immobilien, Alexander Hoffmann-Glassneck.

Dies könne ein schnelleres Absterben von einzelnen Bäumen und Baumarten zur Folge haben.

Zusätzlicher Stress lässt Bäume schneller altern 

Nach vorläufigen Schätzungen seien bis zu 15 Prozent der Bäume im Schlosspark Biebrich in problematischem Umfang geschädigt. Ein Teil habe sein jeweiliges Lebensalter erreicht, während der Klimawandel die Bäume zusätzlich unter Stress setze.

«Unter anderem mindern die klimatischen Bedingungen die Wasserversorgung, was die Bäume schneller altern lässt», ergänzt Hoffmann-Glassneck.

Auch die einst prächtige Hängebuche im Schlossinnenhof hat altersbedingte Schäden, die durch den Klimawandel intensiviert werden. Der Torso mit einem Seitenast steht noch. Sobald der Baum komplett abgestorben ist, soll ein neuer Baum an gleicher Stelle gepflanzt werden.