Oberammergau Museum: Gebäude- und Rauminstallation zur Passion 2022

Die neue Ausstellung im Oberammergau Museum schlägt mit Haaren und Kostümen der Darsteller als Kunstobjekte gekonnt eine Brücke zwischen Kunst und Passionsspielen.

hronos weist auf die Vergänglichkeit der Zeit hin. (Foto: Oberammergau Museum)
hronos weist auf die Vergänglichkeit der Zeit hin. (Foto: Oberammergau Museum)
Claus Bünnagel

Ein riesiger blauer Kubus, gefertigt aus den Gewändern des Volks der Passionsspiele 2010 und 2000. Verhüllte und verfremdete Exponate, Lichtprojektionen und Klanginstallationen. Die Sonderausstellung „(Im)materiell – Stoff, Körper, Passion“ im Oberammergau Museum ist ein Gesamtkunstwerk, das zu den 42. Passionsspielen gezeigt wird. Offizielle Eröffnung ist am 21. April, ab 23. April bis 16. Oktober ist sie für alle zugänglich.

Traditionelle Schnitzereien

Kernbestand der Sammlung sind figürliche Holzschnitzereien aus vier Jahrhunderten, die Leben und Leiden, Ängste, Sorgen und Hoffnung der Menschen thematisieren und damit an das Thema Passion anknüpfen. Der oberbayerische Ort Oberammergau ist bekannt für seine traditionellen Schnitzereien. Um die Aufmerksamkeit auf bestimmte Objekte zu lenken, wurden andere auf verschiedenste Weisen verdeckt – nach dem Motto „sichtbar machen durch verhüllen“ – z.B. im Chronos-Raum mit weißem Futterstoff, den auch die Schneiderinnen in den Werkstätten am Passionstheater benutzen. Dadurch wirken die Exponate wie eingefroren; der Blick fällt fokussiert auf den geschnitzten Chronos, der in der griechischen Mythologie die Personifizierung der Zeit darstellt. Das Ticken einer Uhr im Hintergrund weist auf das Vergehen der Zeit und die Vergänglichkeit hin.

Geburt und Sterben, Glücksgefühle ebenso wie das Leiden oder Leben in Familie und Gesellschaft: Diese Themen sind sowohl zentrale Aspekte des Menschseins als auch eng mit der Passion Christi verknüpft. (Dr. Constanze Werner, Leiterin des Oberammergau Museums)

Haar- und Barterlass

Die Ausstellung beginnt in der Krippenabteilung – die riesige historische Kirchenkrippe wurde schon von König Ludwig II. bewundert – mit dem Thema Geburt bei der Heiligen Familie. Weiter geht es durch die historischen Räume im ersten Stock bis zu einer betretbaren Projektions- und Klanginstallation im Dachgeschoss. Den Weg durch die Ausstellung weisen dabei Schnüre, die ein Oberammergauer Künstler aus den langen Haaren der Darsteller gedreht hat. Traditionell ab Aschermittwoch im Jahr vor der Premiere – dieses Mal am 14. Mai – sorgt der Haar- und Barterlass bei den rund 2.100 Darstellern für eine stetige Vermehrung von Haupt- und Barthaar. Die meisten trennen sich dann sofort nach der letzten Vorstellung, in diesem Jahr am 2. Oktober 2022, von der Pracht.

Die Schnüre werden nicht nur durch die Ausstellung leiten, sondern stehen auch als Zeichen für Verbindung. Was Menschen schaffen können, wenn sie sozusagen an einem Strang ziehen. (Dr. Constanze Werner)

Nachhaltige Kostümwände

Ein verbindendes Element sind auch die Kostümwände, die das Museum von außen verhüllen und sich im Inneren fortsetzen.

Dadurch entstehen neue Raumstrukturen, ein verfremdetes Innerhalb und ein normales Außerhalb des Kubus, den der Besucher immer wieder betritt und verlässt. (Dr. Constanze Werner)

Die Gewänder der vergangenen zwei Passionsspiele wurden mit Leim auf Zementfaserplatten aufgebracht. Mitte Oktober kann man dann bei Interesse die einzelnen Platten der „Außenhaut“ käuflich erwerben (Reservierung ab 30. April). Das nachhaltige Konzept sieht vor, dass auch den inneren Stellwänden neues Leben eingehaucht wird. Die Stoffe werden z.B. zu Handtaschen verarbeitet.

Um die Verfremdungseffekte der Verhüllungen zu verstärken, werden die einzelnen Themen der Ausstellung mit veränderten Lichtverhältnissen, Projektionen und Klängen untermalt. So hört man in dem Raum, in dem es um Mensch und Gesellschaft geht, ein Raunen und Flüstern in einem anderen ein rhythmisches Tropfen und im Dachgeschoss schließlich eine auf den Raum und zu den Projektionen komponierte Klanginstallation. Als Symbol für den (im)materiellen Austausch und die Gemeinschaft zwischen den Menschen erhalten alle Besucher zum Abschluss ein kleines Stück Stoff der alten Volksgewänder.

Infos zur Ausstellung

Der Eintritt kostet für Erwachsene 3,50 Euro, ermäßigt mit einer Karte für die Passionsspiele 2,50 Euro. Kinder zahlen 1,50 Euro. Öffnungszeiten: von 23. April bis 13. Mai von 10 bis 17 Uhr, von 14. Mai bis zum 14. August an den Spieltagen von 9 bis 14 Uhr und von 17 bis 19.30 Uhr, von 15. Augst bis 2. Oktober an den Spieltagen von 9 bis 13 Uhr und von 16 bis 18.30 Uhr. An den spielfreien Tagen jweils von 9 bis 18 Uhr. Von 3. bis 16. Oktober von 10 bis 17 Uhr (Di.-So.).

Infos zu den Passionsspielen: Tickets und Arrangements

Es stehen Einzelkarten zwischen 30 und 180 Euro sowie Arrangements mit einer (ab 264 Euro p.P. im DZ) oder zwei (ab 364 Euro p.P. im DZ) Übernachtungen in verschiedenen Hotelkategorien und mit unterschiedlichen Ticketkategorien zur Auswahl.