Fahrgastverband Pro Bahn übt scharfe Kritik an On-Demand-Verkehr in Hessen

„In der gestarteten Form nicht akzeptabel“ – nachdrücklich fordert die Landesgliederung des Verbandes Nachbesserungen bei der Barrierefreiheit und beim Bezahlsystem.

RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat (l.) und Berthold Huber, DB-Vorstand Personenverkehr bei der Vorstellung des On-Demand-Projekts Ende vergangenen Jahres. (Foto: RMV/Arne Landwehr)
RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat (l.) und Berthold Huber, DB-Vorstand Personenverkehr bei der Vorstellung des On-Demand-Projekts Ende vergangenen Jahres. (Foto: RMV/Arne Landwehr)
Martina Weyh

Die digitale Mitgliederversammlung des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Landesverband Hessen, hat in einer Basisabstimmung deutliche Kritik am Konzept der vom Bund mit 27 Mio. Euro geförderten hessischen On-Demand Verkehre geübt. Als nicht akzeptabel bewertet der Verband die mangelnde Barrierefreiheit, das ausschließlich bargeldlose Bezahlsystem sowie die Zahlung von Zuschlägen auch für Zeitkarten- oder Schülerticket-Inhaber.

Personen ohne Bankkonto und Bankcard oder ohne Kreditkarte können demnach nach Einstellung des Busverkehrs in den ausgewählten randstädtischen Gebieten (werktags ab 20 Uhr, samstags ab 14 Uhr und sonntags) den ÖPNV nicht mehr benutzen, schreibt Pro Bahn.

Auch die für das neue „On-De-Mo-Angebot“ geforderten Zuschläge, der sogenannte „Komfort-Zuschlag“ und die Zusatzvergütung pro gefahrenem Kilometer, stoßen bei Pro Bahn auf wenig Gegenliebe.

„Das wird die Akzeptanz des ÖPNV nicht gerade erhöhen und ist eine Benachteiligung der Menschen in den vom Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) schlecht erschlossenen Orten bzw. Ortsteilen“, so die Einschätzung des Fahrgastverbandes.

Mangelnde Barrierefreiheit, mangelndes Platzangebot

Auch die Wahl der Fahrzeuge (Mercedes-Benz Vito) bemängelt Pro Bahn – diese seien weder barrierefrei noch an die barrierefreien Bussteige angepasst und dadurch nicht für Rollstuhlfahrer oder Fahrgäste mit anderen Handicaps nutzbar. Lediglich ein einziges Fahrzeug in Frankfurt sei rollitauglich.

Auch Kinderwägen, Rollatoren oder Fahrräder könnten generell nicht transportiert werden, auch reichten die Kapazitäten der Fahrzeugflotte nicht für größere Gruppen, moniert Pro Bahn. Der Fahrgastverband hat für die aus seiner Sicht notwendigen Nachbesserungen einen Forderungskatalog mit den folgenden Punkten aufgestellt:

  • Eine Bezahlung der On-Demand-Fahrten muss auch mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel Bargeld möglich sein.
  • Für Zeitkarten-Inhaber/innen dürfen keine Zuschläge erhoben werden. Es ist schließlich kein „Luxus“, auch nach 20 Uhr oder sonntags den ÖPNV nutzen zu wollen (bzw. zu müssen).
  • Die eingesetzten Fahrzeuge müssen barrierefrei zugänglich und für alle Menschen nutzbar sein. Einstiege wie bislang beim AST, die ähnlich dem „Krabbeln“ auf den Rücksitz bei zweitürigen Pkws erfolgen müssen, sind nicht zumutbar. Es nutzt nichts und widerspricht dem Ziel der Barrierefreiheit im ÖPNV, wenn zwar alle Bus-Haltestellen barrierefrei umgebaut werden, in den Abendstunden und am Wochenende oder gar auf bisher nicht bedienten Strecken ganztags statt Bussen Mini-Vans eingesetzt werden, die nicht barrierefrei nutzbar sind.
  • Der Transport von Koffern, Kinderwägen, Rollatoren und auch Fahrrädern muss zu jeder Tageszeit möglich sein.

Hintergrund:

Über mehrere Städte und Landkreise und zehn Partner erstreckt sich das vom RMV koordinierte Projekt „On-Demand FrankfurtRheinMain“, dass den öffentlichen Verkehr in randstädtischen Gebieten und auf der ersten und letzten Meile flexibler und komfortabler gestalten soll. Im Einzugsgebiet der elektro- oder wasserstoffbetriebenen Shuttle-Fahrzeuge leben rund 1,8 Mio. Menschen.

Die On-Demand-Plattform hinter dem Projekt steuert die DB-Tochter ioki bei, die sich als Technologie-Partner in einer europaweiten Ausschreibung durchsetzen konnte. Die emissionsfreien Fahrzeuge folgen keinem festen Fahrplan, sondern können via App nach Bedarf gebucht werden. Haben mehrere Passagiere die gleiche Richtung, bündelt ein Algorithmus die Fahrtwünsche wie bei einer Fahrgemeinschaft. (busplaner berichtete)