Lenk- und Ruhezeiten für Berufskraftfahrer: Regelungen, Ausnahmen und Bußgelder im Überblick

Die Lenk- und Ruhezeiten sind durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 für Berufskraftfahrer in der Europäischen Union geregelt. Diese Verordnung hat das Ziel, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, die Arbeitsbedingungen der Fahrer zu verbessern und unfaire Wettbewerbsbedingungen im Transportsektor zu vermeiden.

Foto: DALL-E
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Redaktion (allg.)

Übersicht zu den Lenk- und Ruhezeiten für Berufskraftfahrer in der EU, basierend auf der Verordnung (EG) Nr. 561/2006:

1. Lenkzeiten:

Lenkzeiten bezeichnen die Zeit, die ein Fahrer tatsächlich hinter dem Steuer verbringt. Die Lenkzeit wird genau überwacht, um sicherzustellen, dass Fahrer nicht übermüdet sind und die Verkehrssicherheit gewährleistet bleibt.

  • Die tägliche Lenkzeit darf maximal 9 Stunden betragen, in Ausnahmefällen kann sie zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.
  • Die wöchentliche Lenkzeit darf 56 Stunden nicht überschreiten.
  • Innerhalb von zwei Wochen darf die Lenkzeit insgesamt nicht mehr als 90 Stunden betragen.

2. Pausen:

Pausen sind kurze Unterbrechungen während der Arbeitszeit, die der Fahrer zur Erholung einlegen muss. Bei Busfahrern gelten bestimmte Regelungen, die vorschreiben, dass sie nach einer festgelegten Lenkzeit eine Pause einlegen müssen.

  • Ein Busfahrer darf nicht länger als 4,5 Stunden am Stück ohne Pause fahren.
  • Nach diesen 4,5 Stunden ist eine Lenkzeitunterbrechung von mindestens 45 Minuten vorgeschrieben.
  • Diese Pause kann auch in zwei Abschnitte geteilt werden, wobei der erste Abschnitt mindestens 15 Minuten und der zweite mindestens 30 Minuten dauern muss.

3. Ruhezeiten:

Ruhezeiten sind Zeiträume, in denen der Fahrer nicht arbeitet und sich vollständig erholen kann. Es gibt tägliche und wöchentliche Ruhezeiten.

  • Tägliche Ruhezeit: Innerhalb von 24 Stunden nach Beginn einer Arbeitsschicht muss ein Fahrer mindestens 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit einlegen. Diese Ruhezeit kann in zwei Abschnitte aufgeteilt werden, von denen der erste mindestens 3 Stunden und der zweite mindestens 9 Stunden betragen muss.
  • Wöchentliche Ruhezeit: Innerhalb einer Woche muss ein Fahrer eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 45 Stunden einhalten. Diese kann in Ausnahmefällen auf 24 Stunden verkürzt werden, wobei die verkürzte Ruhezeit innerhalb von drei Wochen nachgeholt werden muss. 

Hier ist ein Beispiel zur Lenk- und Ruhezeit eines Busfahrers, das die gesetzlichen Vorgaben veranschaulicht:

Ein Busfahrer beginnt seinen Arbeitstag um 8:00 Uhr morgens und fährt eine reguläre Strecke. Wie sieht sein Tagesablauf unter Berücksichtigung der Lenk- und Ruhezeiten aus?

1. 8:00 Uhr – 12:30 Uhr (Lenkzeit: 4,5 Stunden)

  • Der Fahrer fährt 4,5 Stunden am Stück, ohne die maximale erlaubte Lenkzeit zu überschreiten.
  • Danach muss er eine Pause machen, da die 4,5 Stunden Lenkzeit erreicht sind.

2. 12:30 Uhr – 13:15 Uhr (Pause: 45 Minuten)

  • Der Fahrer macht eine Pause von 45 Minuten, wie vorgeschrieben.
  • Alternativ könnte die Pause auch in zwei Abschnitte aufgeteilt werden (z. B. 15 Minuten + 30 Minuten).

3. 13:15 Uhr – 17:15 Uhr (Lenkzeit: weitere 4 Stunden)

  • Nach der Pause darf der Fahrer wieder bis zu 4,5 Stunden fahren. In diesem Fall fährt er allerdings nur 4 Stunden, weil er die gesetzlich erlaubte maximale tägliche Lenkzeit von 9 Stunden nicht überschreiten möchte.

4. 17:15 Uhr – Arbeitsende

  • Der Fahrer beendet seinen Arbeitstag um 17:15 Uhr und beginnt seine tägliche Ruhezeit.

5. Tägliche Ruhezeit:

  • Der Fahrer muss jetzt eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden einhalten. Das bedeutet, er darf frühestens am nächsten Tag um 4:15 Uhr wieder mit dem Fahren beginnen.

Lenk- und Ruhezeiten bei Doppelbesatzung

Bei Doppelbesatzung (zwei Fahrer im Bus) gelten besondere Regeln für Lenk- und Ruhezeiten:

Lenkzeit: Jeder Fahrer darf pro Tag bis zu 9 Stunden (zweimal pro Woche bis zu 10 Stunden) fahren.
Die wöchentliche Lenkzeit ist auf 56 Stunden begrenzt, über zwei Wochen auf 90 Stunden.
Ruhezeiten: Die tägliche Ruhezeit reduziert sich auf 9 Stunden innerhalb von 30 Stunden ab Schichtbeginn. Diese Ruhezeit kann im fahrenden Bus vorgenommen werden, sofern ein Liegeplatz vorhanden ist.
Lenkzeitunterbrechung: Nach 4,5 Stunden Lenkzeit muss der Fahrer eine Pause von 45 Minuten machen, die der zweite Fahrer während der Fahrt übernimmt.


Die Doppelbesatzung ermöglicht längere Fahrten mit weniger Unterbrechungen, während die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Hier ist ein Beispiel zur Lenk- und Ruhezeit bei Doppelbesatzung, das die gesetzlichen Vorgaben veranschaulicht:

Tag 1:

  • Start der Schicht: 8:00 Uhr
  • Fahrer 1 fährt von 8:00 Uhr bis 12:30 Uhr (4,5 Stunden)
  • Fahrer 2 übernimmt um 12:30 Uhr und fährt bis 17:00 Uhr (4,5 Stunden)
  • Während Fahrer 2 fährt, ruht sich Fahrer 1 im Fahrzeug aus.
  • Fahrer 1 übernimmt wieder um 17:00 Uhr und fährt bis 21:30 Uhr (weitere 4,5 Stunden).
  • Danach endet die Schicht, und die beiden Fahrer nehmen eine verkürzte tägliche Ruhezeit von 9 Stunden.

Tag 2:

  • Die Schicht könnte um 6:30 Uhr beginnen (nach der 9-stündigen Ruhezeit) und das gleiche Muster könnte fortgesetzt werden.

Ausnahmen von den Lenk- und Ruhezeiten für bestimmte Berufsgruppen

Die Fahrpersonalverordnung (FahrPersV) sieht Ausnahmen bei den Lenk- und Ruhezeiten vor.
Diese Ausnahmen gelten in der Regel nicht für gewöhnliche Berufskraftfahrer, sondern betreffen Händler, Landwirte, Handwerker, die im Rahmen ihrer Tätigkeit ein Fahrzeug führen. Zudem unterliegen Fahrer von Feuerwehrfahrzeugen, der Polizei oder des Rettungsdienstes nicht den Bestimmungen der Lenk- und Ruhezeitenverordnung.

Sind PKW-Fahrer von den Lenk- und Ruhzeitenregelungen betroffen, oder gelten diese nur für LKWs und Busse?

Nein, die Lenk- und Ruhezeitenregelungen gelten in der Regel nicht für PKW. Sie betreffen hauptsächlich Berufskraftfahrer, die Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht oder Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als 9 Sitzplätzen (einschließlich Fahrer) führen, wie LKWs und Busse.

Lenk- und Ruhezeiten bei Sprinterfahrern

Das Gesetz zu Lenk- und Ruhezeiten betrifft auch Fahrzeuge der Sprinterklasse mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen – unabhängig davon, ob sie gewerblich für den Gütertransport oder privat, etwa für einen Umzug, genutzt werden. Im Gegensatz zu schweren LKWs, für die ein digitaler Fahrtenschreiber Pflicht ist, genügt bei diesen Fahrzeugen das Tageskontrollblatt.

Was ist ein Tageskontrollblatt?

Hierbei handelt es sich um eine einfache, manuelle Dokumentation der Lenk- und Ruhezeiten. Fahrer müssen Angabe wie ihren Namen, das Kennzeichen, das Datum, den Kilometerstand und die Fahrzeiten festhalten. Diese Aufzeichnungen müssen jederzeit während der Fahrt für Kontrollen verfügbar sein und später dem Arbeitgeber übergeben werden. Es ist keine spezielle Vorlage vorgeschrieben; die Aufzeichnungen können handschriftlich erfolgen, solange alle relevanten Daten enthalten sind.

Lenk- und Ruhezeiten Bußgelder

Der Bußgeldkatalog für Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten beim Bus sieht sowohl für Busfahrer als auch für Unternehmer Strafen vor. Hier eine Übersicht der Bußgelder:

Nichtmitführen der Fahrerkarte bzw. Nichteinhändigung zur Prüfung:

  • Bei Erschwerung der Kontrolle: 75 Euro für den Busfahrer.
  • Bei Verhinderung der Kontrolle: 250 Euro für den Busfahrer.

Verkürzung der Lenkzeitunterbrechung:

  • Bis zu 15 Minuten: 30 Euro für den Busfahrer und 90 Euro für den Unternehmer.
  • Länger als 15 Minuten (pro angefangene 15 Minuten): 60 Euro für den Busfahrer und 180 Euro für den Unternehmer.

Unterschreitung der täglichen Ruhezeit:

  • Bis eine Stunde: 30 Euro für den Busfahrer und 90 Euro für den Unternehmer.
  • Bis drei Stunden (pro angefangene Stunde): 60 Euro für den Busfahrer und 180 Euro für den Unternehmer.
  • Länger als drei Stunden (pro angefangene halbe Stunde): 60 Euro für den Busfahrer und 180 Euro für den Unternehmer.

Überschreitung der zulässigen Tageslenkzeit:

  • Bis eine Stunde: 30 Euro für den Busfahrer und 90 Euro für den Unternehmer.
  • Bis zwei Stunden (pro angefangene halbe Stunde): 60 Euro für den Busfahrer und 90 Euro für den Unternehmer.
  • Mehr als zwei Stunden (pro angefangene halbe Stunde): 60 Euro für den Busfahrer und 180 Euro für den Unternehmer.

Wer ist für die Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten verantwortlich?

Zusammengefasst sind Polizei, das Bundesamt für Güterverkehr und Arbeitsinspektion für die Kontrolle zuständig, wobei auch das Unternehmen eine wichtige Rolle spielt.

1. Polizei: Bei Straßenkontrollen überprüft die Polizei regelmäßig die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten, insbesondere bei LKW- und Busfahrern. Die Beamten kontrollieren vor Ort die Fahrerkarte oder Tageskontrollblätter und ziehen gegebenenfalls digitale Tachographendaten.

2. Bundesamt für Güterverkehr (BAG): In Deutschland ist das BAG eine zentrale Behörde, die für die Kontrolle des gewerblichen Güterverkehrs zuständig ist. Sie führen sowohl stationäre als auch mobile Kontrollen durch, um die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu überwachen.

3. Arbeitsinspektorate: In vielen Ländern sind auch Arbeitsinspektoren für die Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften (inklusive Lenk- und Ruhezeiten) zuständig. Diese Kontrollen finden oft in den Betrieben statt.

4. Unternehmensinterne Kontrollen: Unternehmen selbst sind verpflichtet, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten durch ihre Fahrer zu überwachen und sicherzustellen. Sie müssen die entsprechende Aufzeichnung (Tachographendaten, Tageskontrollblätter) aufbewahren und bei Bedarf vorlegen.

Wie werden Lenk- und Ruhezeiten geregelt, wenn man im Stau steht?

Wenn ein Fahrer im Stau steht, gelten die Lenk- und Ruhezeiten weiterhin, da die Lenkzeit nicht unterbrochen wird. Das bedeutet, dass die Zeit im Stau als Lenkzeit gezählt wird, auch wenn das Fahrzeug nur langsam oder gar nicht bewegt wird. Fahrer müssen also ihre Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten trotz Staus einhalten.

Was tun, wenn die Lenkzeit durch den Stau überschritten wird?

In Ausnahmefällen, wie bei unvorhersehbaren Staus, kann die Lenkzeit geringfügig überschritten werden, um eine geeignete Haltestelle zu erreichen. Es muss jedoch folgendes beachtet werden:

  • Die Überschreitung muss gut dokumentiert werden, z.B. durch einen Vermerk auf der Fahrerkarte oder im Tageskontrollblatt, mit Angaben des Grundes.
  • Die Sicherheit darf dabei nicht gefährdet werden.

Der Fahrer ist nach wie vor verpflichtet, die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten und sollte nach Möglichkeit eine Pause einlegen, sobald dies möglich ist.