Katastrophenschutz: Antriebsumstellung erfordert Anpassungen für den Ernstfall

Der VDV hat ein Positionspapier zum Thema Bevölkerungsschutz und Busse vorgelegt.

Mit der künftigen Umstellung auf E-Busse wird die Versorgung der Bevölkerung im Krisenfall komplizierter. Denn batterieelektrische Fahrzeuge können ohne eine funktionierende und verfügbare Energieinfrastruktur nicht geladen werden. (Foto: Bünnagel)
Mit der künftigen Umstellung auf E-Busse wird die Versorgung der Bevölkerung im Krisenfall komplizierter. Denn batterieelektrische Fahrzeuge können ohne eine funktionierende und verfügbare Energieinfrastruktur nicht geladen werden. (Foto: Bünnagel)
Claus Bünnagel

Die Verkehrsunternehmen mit ihrer Infrastruktur – Betriebshöfe, Werkstätten, Tankstellen – und ihren Stadtbussen sind ein Eckpfeiler im Bevölkerungsschutz. Ob im Krisenfall, bei außergewöhnlichen Einsatzlagen oder Katastrophen: Linienbusse können nahezu sofort zur Evakuierung oder als beheizte Unterkünfte aus dem Liniennetz genommen und bedarfsgerecht eingesetzt werden. Damit dies auch in Zeiten der Umstellung auf batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Busse so bleibt, hat der VDV ein Positionspapier vorgelegt, das die Herausforderungen beschreibt und Lösungsansätze aufzeigt. Sie finden es in unserem Anhang.

Investitionen notwendig

„Noch haben wir herkömmliche Busse in ausreichendem Maße im Bestand. Doch mit Blick auf 2035, wenn auch die Regionalbusse elektrifiziert sein müssen, brauchen wir deutliche Weiterentwicklungen in Bezug auf Reichweiten und verfügbare Ladeinfrastruktur. Das muss strategisch aufgebaut werden und gelingt nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Ohne die Kollegen im Zivil- und Katastrophenschutz vor Ort wird die Branche das nicht schaffen – und es sind beachtliche Investitionen notwendig.“ (VDV-Vizepräsident Werner Overkamp)

Laut Branchenverband VDV stellen die Verkehrsunternehmen ihre Busse im Ernst- und Bedarfsfall bereit – und ziehen diese dafür aus dem Linieneinsatz ab.

„Das ist oft vom Einzelfall abhängig, etwa bei einer Bombenentschärfung oder bei einem Giftstoffalarm. In solchen Situationen werden Lösungen an den Fall speziell angepasst“, so Overkamp.

Die Busse basieren derzeit vollständig auf fossilen Antrieben. Kurze Betankungszeiten und eine entsprechend vorbereitete Infrastruktur einschließlich Tankstellen mit Notstromversorgung und ausreichender Kraftstoffbevorratung stellen seit Jahrzehnten sicher, dass auch bei Ausfall der Versorgung mit ausreichend elektrischer Energie für den Betrieb von S-, U- oder Stadtbahnen die Personenbeförderung oder andere Aufgaben aufrechterhalten werden können. Ebenso sind die Werkstätten und Tankstellen des ÖPNV Anlaufstellen für die Fahrzeuge der Rettungsdienste, die dort versorgt und gewartet werden.

Die Herausforderung

Die VDV-Fachleute weisen darauf hin, dass batterieelektrische Busse ohne eine funktionierende und verfügbare Energieinfrastruktur nicht geladen werden können und Verdichter sowie Vorkühler von Wasserstoffbetankungsanlagen nicht funktionieren. Aber auch die spontane Auslösung von Notverkehren ist problematisch, da der Einsatz von batterieelektrischen Bussen in der Regel genau auf den Linienumlauf abgestimmt ist und somit kaum ausreichend elektrische Energie für die dann notwendigen zusätzlichen Fahrten zur Verfügung steht.

Mögliche Lösungsperspektiven

Der Branchenverband hält einen konstruktiven Austausch und die Erarbeitung von Alternativkonzepten mit den kommunalen Entscheidungsträgern für dringend erforderlich. Der VDV beschreibt in seinem Positionspapier erste Ansatzpunkte, die von den Stadt‑, Kreis- und Katastrophenschutzbehörden weiterverfolgt werden könnten, u.a.:

  • Definition und Finanzierung einer Reserve von emissionsfreien Bussen durch Aufgabenträger und Landesbehörden, die von kommunalen Verkehrsunternehmen betrieben und instandgehalten werden
  • Positionierung leistungsfähiger Notstromaggregate in Betriebshöfen, einschließlich einer Sicherstellung der kontinuierlichen Versorgung mit notwendigen Flüssigkraftstoffreserven
  • (Optionale) Erlaubnis für den Betrieb von flüssigkraftstoffbetriebenen Überlandbussen (Klasse M3 II) im städtischen Linieneinsatz, die nicht der Clean Vehicles Directive bzw. dem Gesetz zur Beschaffung sauberer Fahrzeuge unterliegen, die auch nach 2040 weiterhin mit Flüssigkraftstoff betrieben werden dürfen, beispielsweise auf Nebenästen
  • Übertragung der Aufgaben des Bevölkerungsschutzes von kommunalen auf private Busunternehmen, die einen Anteil an flüssigkraftstoffbetriebenen Bussen bzw. Überlandbussen nutzen dürfen. Dies sollte bei den Ausschreibungen der Linienbündel/Losen berücksichtigt werden

Aufgabenteilung

In Deutschland teilen sich Kommunen, Länder und Bund die Aufgaben des Bevölkerungsschutzes, der als Oberbegriff alle Aufgaben und Maßnahmen der Kommunen und der Länder im Katastrophenschutz sowie des Bundes im Zivilschutz beschreibt. Während dem Zivilschutz der Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren zufällt, umfasst der Katastrophenschutz die Gefahrenabwehr bei Katastrophen.