Rückblick auf 100 Jahre Avus

Mit der Sonderausstellung „Ein rasantes Jahrhundert“ lässt das niedersächsische Erlebnismuseum PS.Speicher im niedersächsischen Einbeck die Geschichte der legendären Rennstrecke aus Berlin aufleben. 

Hunderttausende Motorsportfans säumten ab 1951 den Fahrbahnrand der Avus, um Sportwagen, Motorrädern und der Formel 1 zuzujubeln. (Foto: Ulf Schulz/Avus100)
Hunderttausende Motorsportfans säumten ab 1951 den Fahrbahnrand der Avus, um Sportwagen, Motorrädern und der Formel 1 zuzujubeln. (Foto: Ulf Schulz/Avus100)
Claus Bünnagel

Sie ist älter als der Nürburgring, war schneller als jede andere Rennstrecke und ist eines der Wahrzeichen Berlins: Die Avus, einst als „Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße“ gedacht, ist heute ein Symbol deutscher Geschichte. Dieses Jahr feiert sie ihren 100. Geburtstag. Viele Mythen ranken sich um die einst bis zu 19 km lange Strecke. Der PS.Speicher und die Initiative „Avus100“ feiern das Jubiläum dieses geschichtsträchtigen Orts mit einer Sonderausstellung. Das Oldtimermuseum in Niedersachsen zeigt ab dem 12. September zahlreiche Fahrzeuge, die einst die Strecke belebten. 

Die Avus ist nicht nur Berliner Historie, sie ist auch deutsches Kulturgut und genießt einen weltweiten Ruf. Wir präsentieren eine einmalige Auswahl an Exponaten, die in dieser Form noch nie gemeinsam zu sehen waren. (Ausstellungsleiter Sascha Fillies) 

Zudem informiert die Ausstellung über Details dieses Sinnbilds automobiler Geschichte und erinnert an unzählige Anekdoten.

Warum die Wahl auf Einbeck fiel, erklärt Avus100-Initiator Ulf Schulz: 

Mit dem PS.Speicher konnte ich einen Partner gewinnen, der es versteht, den Besuchern legendäre Geschichten mit Herz und Hand sowie einem guten Gespür für Ausstellungsästhetik näherzubringen. Zwar liegt der PS.Speicher nicht in der Hauptstadt, dafür aber zentral, mitten in Deutschland.

Buch, arte-Dokumentation, Sonderbriefmarke und Hörspiel

Die Ausstellung im PS.Speicher ist nur ein Teil des Avus-Jubiläums: Pünktlich im September erscheint das gleichnamige Buch „Ein rasantes Jahrhundert” von Ulf Schulz. Das Werk entstand in Zusammenarbeit mit Co-Autor Sven Wedemeyer und erscheint im Prestel-Verlag. Zusätzlich findet am 24. und 25. September auf der alten Nordkurve der Avus in Berlin ein Publikumsevent statt. Ferner arbeitet der Fernsehsender arte an einer Dokumentation und die Deutsche Post bringt eine Sonderbriefmarke zum 100. Geburtstag auf dem Markt. Das Hörspiel „Leo und die Abenteuermaschine“ rundet die Avus100-Aktivitäten ab. In der Folge bringen die Akteure den Kindern die Erfindung des Autos und die Avus als Rennstrecke in Berlin näher. 

Die Historie der Strecke

Kaiser Wilhelm II. erdachte die Avus bereits 1909. Als Freund der Industrie war er überzeugt davon, die schnelle Piste am damaligen Stadtrand könne die noch junge deutsche Autobranche stärken. Den internationalen Motorsport dominierten längst Frankreich, Italien und England. So wurde auf kaiserlichen Befehl ab 1913 eine lange Schneise durch den Berliner Grunewald geschlagen.  Der erste Weltkrieg vereitelte jedoch einen pünktlichen Start. Erst 1921 startete das erste Rennen auf der Berliner Strecke. Fortan war sie, während das Volk noch mit Kutschen oder Fahrrädern unterwegs war, die erste reine Autostraße der Welt – auf zwei lange Geraden, verbunden durch Nord- und Südkurve. 

Internationale Bedeutung erhielt die Avus erstmals 1926. Die Premiere des Großen Preises von Deutschland lockte viele Fahrer mit Renommee. Das Publikum kam in Scharen. Doch nach einem tragischen Unfall mit vier Toten drohte das motorsportliche Aus, noch bevor die Rennstrecke überhaupt hätte Geschichte schreiben können. Immerhin nutzte man die langen Geraden fortan als Schauplatz atemberaubender Rekordfahrten. Der Opel-Raketenwagen oder die „Silberpfeile“ kamen gerade recht, als sich Deutschland auf der Weltbühne zu profilieren versuchte. Bald schon wurden Rekorde um 400 km/h gemessen. Es waren die frühen Sternstunden der Avus. In den Folgejahren jubelten die Zuschauer nicht nur Sportwagen und Motorrädern zu, sondern auch der Formel 1, der Formel 3 und der DTM. 

Im Lichte der wachsenden Stadt und strengerer Vorschriften wurde der Niedergang der Avus als Rennstrecke immer deutlicher. 1999, vor über 20 Jahren, fiel die Flagge zum letzten Mal. Rund um die Rennstrecke war längst eine moderne Autobahn entstanden. Doch immer noch ist die Avus ein wichtiger Teil Berlins, wie die schnurgerade Fahrt auf der A115 beweist. 

Über den PS.Speicher und die PS.Depots 

Die Erlebnisausstellung PS.Speicher Einbeck wurde im Sommer 2014 eröffnet. Grundlage der Ausstellung ist eine Sammlung historischer Fahrzeuge aus dem Besitz des Kaufmanns Karl-Heinz Rehkopf, die er der gemeinnützigen Stiftung PS.Speicher schenkte und damit der Allgemeinheit öffentlich zugänglich machte. Der PS.Speicher zeigt zusammen mit seinen vier PS.Depots die größte Sammlung historischer Fahrzeuge Europas. Über 2.500 Mopeds, Roller und Motorräder, Kleinwagen, Automobile, Lastwagen, Busse und Landmaschinen zeigen die Vielfalt der weltweiten Mobilitätsgeschichte.