Agora & Öko-Institut: Nachhaltige Firmenmobilität zum Standard machen

In einem gemeinsamen Appell werben die NGOs für einen zügigeren Umstieg vom Verbrenner auf E-Autos oder gleich auf den Umweltverbund in der Unternehmensmobilität. Nachhaltige Fortbewegung müsse in Firmen zur Regel werden. In den Flotten sei eine "car policy" Pflicht, ebenso ein alternatives Mobilitätsbudget.

Große Potenziale: Die Unternehmensmobilität spielt eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Wie man das anpackt, hat das Projekt "compan-e" in zahlreiche Praxistipps gepackt. | Foto: compan-e
Große Potenziale: Die Unternehmensmobilität spielt eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Wie man das anpackt, hat das Projekt "compan-e" in zahlreiche Praxistipps gepackt. | Foto: compan-e
Claus Bünnagel
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Unternehmen und Politik können gemeinsam dafür sorgen, betriebliche Mobilität nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Wie das gelingen kann, zeigen Handlungsempfehlungen von Öko-Institut und Agora Verkehrswende. Um eine elektrische und nachhaltige Mobilität ihrer Beschäftigten zu erreichen, sollten Unternehmen demnach Daten zu Pendelwegen und Mobilitätsbedarfen erheben, ambitionierte Ziele und konkrete Maßnahmen definieren und über Fortschritte berichten. Dies sollte ab einer bestimmten Flottengröße oder einem bestimmten mobilitätsbedingten CO2-Ausstoß verbindlich sein.

Die Politik könne die Verkehrswende in Unternehmen mit verlässlichen Rahmenbedingungen unterstützen, so die Autoren. Dazu gehört nach ihrer Ansicht, klimaschädliche Steuern und Subventionen abzubauen und die realen Kosten klimaschädlicher Mobilität angemessen zu bepreisen. Ebenso wichtig sind die Koordination des Ladeinfrastrukturaufbaus, die Anpassung von Stromsystem und -markt sowie einfachere Genehmigungsverfahren für neue Ladepunkte – so zeigen es die Erkenntnisse aus dem Projekt.

Unternehmen spielen eine Hauptrolle bei der Verkehrswende

„Für Unternehmen ist es Zeit, Dienstwagen und weitere Fahrzeuge in der Flotte möglichst vollständig elektrisch zu betreiben und die entsprechende Ladeinfrastruktur aufzubauen“, erklärt Lukas Minnich, Experte für nachhaltige Unternehmensmobilität am Öko-Institut. „In diesem Prozess hilft es, wenn klare Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele für das Unternehmen in einer Mobility Policy festgelegt sind.“

Esther Rublack, Referentin Unternehmensmobilität bei Agora Verkehrswende, fügt hinzu, dass fast ein Viertel der Treibhausgasemissionen im Personenverkehr entstehe durchs Berufspendeln. Hier können Unternehmen Verantwortung übernehmen, indem sie nachhaltige Mobilität fördern und gute Voraussetzungen zum mobilen Arbeiten schaffen, wirbt Rublack weiter. Die Politik könne dafür sorgen, dass der Wandel zur zukunftsfähigen und klimafreundlichen Unternehmensmobilität verbindlich wird und wirtschaftlich profitabel ist. Unternehmen sind laut den Autorinnen und Autoren zentral für die Verkehrswende, weil sie einen erheblichen Beitrag zur Minderung der Verkehrsemissionen leisten können. Mehr als zwei Drittel aller Neuwagen werden in Deutschland gewerblich zugelassen. Dienstwagen gelangen nach meist kurzer Haltedauer über den Gebrauchtmarkt in private Hand. So prägen sie auch den privaten Fahrzeugbestand und die Geschwindigkeit des Markthochlaufs der Elektromobilität.

Vollelektrischer Fuhrpark als Ziel

In einer Car Policy können Unternehmen regeln, wie Dienstwagen vergeben und möglichst nachhaltig genutzt werden sollen. Für den Unternehmensfuhrpark, aber auch für die privaten Fahrzeuge der Beschäftigten, empfehlen die Autorinnen und Autoren, eigene Ladepunkte am Unternehmensstandort und vielerorts auch am Wohnort von Dienstwagennutzerinnen und -nutzern zu installieren. Die Politik sollte das unterstützen, indem sie die Maßnahmen das Masterplans Ladeinfrastruktur II möglichst zügig umsetzt. Bedeutende Schritte sind aus Sicht der Unternehmen etwa die Regelungen zum Laden an Gebäuden und die Stabilisierung des (Fahr-)Strompreises.

Damit sich die Vorteile der E-Mobilität auch in der Kostenrechnung der Unternehmen widerspiegeln, brauche es mit dem Auslaufen der Kaufprämie eine Reform des Systems der Fahrzeugbesteuerung. Wirkmächtig wäre die Reform der Kfz-Steuer hin zu einer Bonus-Malus-Regelung, die Fahrzeuge mit hohem Kraftstoffverbrauch beim Kauf stärker besteuert. So können im Gegenzug effiziente elektrische Fahrzeuge noch einige Zeit gefördert werden, um den Markthochlauf im Sinne des Klimaschutzes zu beschleunigen, plädieren die Autoren.

Mobilitätsbudget: Alternativen zum Pkw fördern und Wege vermeiden

Alternativ zum Dienstwagen bieten einige Unternehmen inzwischen ein sogenanntes Mobilitätsbudget an, das Beschäftigte frei für verschiedene Verkehrsmittel verwenden können, skizzieren die Autoren weiter. Bremsend wirke dabei, dass Dienstwagen etwa gegenüber Sharing-Diensten und der Bahn noch immer steuerlich begünstigt werden. Um das Mobilitätsbudget attraktiver zu machen, sollten die steuerlichen Regelungen zur Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel vereinheitlicht und vereinfacht werden. Unternehmen können außerdem viele Wege vermeiden, indem sie die Arbeit im Homeoffice ermöglichen und Dienstreisen, wenn möglich, durch digitale Zusammenarbeit ersetzen.

Leuchtturmprojekt "compan-e": Wie Firmen nachhaltig mobil werden

Im Projekt „compan-e“ hat in seiner knapp dreijährigen Laufzeit zahlreiche praxisorientierte Informationen zum Thema nachhaltige Unternehmensmobilität aufbereitet. Die Publikation bildet den Rahmen, fasst die Ergebnisse des Projekts sowie konkrete Handlungsempfehlungen an Verantwortliche in Unternehmen und Politik zusammen. Dabei deckt es die Themen elektrische Unternehmensflotten, betriebliche Ladeinfrastruktur, Dienstwagen, Mobilitätsbudget und Mobilität in Zeiten des Homeoffice ab. Die Inhalte beruhen auf insgesamt acht Papieren sowie zahlreichen weiteren Publikationen und Informationsangeboten in Form von Website und Blog. Das Projekt wurde durch das Öko-Institut geleitet und wissenschaftlich begleitet. Projektpartner waren Agora Verkehrswende und die Stiftung KlimaWirtschaft. Die Publikation „Unternehmensmobilität nachhaltig gestalten“ von Öko-Institut, Agora Verkehrswende und Stiftung Klimawirtschaft ist kostenlos zum Download verfügbar.