KVB: Neue Ladeinfrastruktur in Köln

In dem Projekt MuLI sind das Verkehrsunternehmen der Domstadt, RheinEnergie und Ford als Partner vereint.

Starteten das Projekt MuLI: v.l. Dr. Dieter Steinkamp (RheinEnergie), Stefanie Haaks (KVB) und Gunnar Herrmann (Ford-Werke GmbH). (Foto: Christoph Seelbach)
Starteten das Projekt MuLI: v.l. Dr. Dieter Steinkamp (RheinEnergie), Stefanie Haaks (KVB) und Gunnar Herrmann (Ford-Werke GmbH). (Foto: Christoph Seelbach)
Claus Bünnagel

Die KVB, RheinEnergie und Ford haben in Köln-Bocklemünd die neue Ladeinfrastruktur des Projekts MuLI (Multimodale Lademodul-Integration) offiziell in Betrieb genommen. Im Rahmen des Projekts wird u.a. die Bremsenergie der Stadtbahn genutzt, um Batteriebusse der KVB und zugleich Kfz mit Elektroantrieb zu laden. 

Für E-Busse und -Autos

Die Ladeinfrastruktur besteht aus einer Ladestation, einem Lademast für E-Busse und zwei Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten für Elektrofahrzeuge. Die Ladestation wiederum unterteilt sich in einen Batterieraum und einen Mittelspannungsschaltraum. Der Lademast befindet sich im Bereich der KVB-Haltestelle „Bocklemünd“, an der die Stadtbahnlinien 3 und 4 sowie die Buslinien 126, 143 und 145 halten. Die Ladesäulen für Elektrofahrzeuge befinden sich im Erdgeschoss der direkt benachbarten P&R-Anlage.

Spannungsschwankungen vermeiden

In der Praxis setzt der Bremsvorgang der Stadtbahn Energie frei, die per Rekuperation in Strom umgewandelt wird. Dieser wird in der Ladestation in sechs Batteriestacks gespeichert und für die Ladung von E-Bussen und Elektrofahrzeugen abgegeben. Durch die Zwischenspeicherung in Batterien werden u.a. Spannungsschwankungen vermieden. Diese würden entstehen, wenn Straßenfahrzeuge im Schnellladeverfahren geladen werden und zugleich eine Stadtbahn anfährt. Da die KVB für den Stadtbahnbetrieb Ökostrom der RheinEnergie einsetzt, ist auch der durch die Rekuperation wiedergewonnene Strom Ökostrom.

Alternative Busantriebe bis 2030

Die Projektpartner bringen ihre spezifischen Erfahrungen in das Projekt MuLI ein. So verfügt die KVB seit 2016 über Erfahrungen mit elektrisch angetriebenen Bussen auf der Linie 133 und wird ihren gesamten Busbetrieb bis 2030 auf alternative Antriebe umstellen. Zudem verfügt das Verkehrsunternehmen mit seinem Stadtbahnnetz über eine umfangreiche Infrastruktur der Bahnstromversorgung. Für MuLI wurden drei Batteriegelenkbusse beschafft, die vor allem auf der Bus-Linie 126 (Bocklemünd–Chorweiler) eingesetzt werden, aber auch auf den weiteren E-Bus-Linien fahren können. 

Wir sind als KVB Vorreiter beim Thema Klima- und Umweltschutz in Köln. Unser Fachwissen bringen wir daher sehr gern in die Entwicklung innovativer Ladeinfrastrukturen ein, um durch Rückgewinnung und clevere Speichermöglichkeiten verwendeten Ökostrom für weitere Verkehrsmittel sozusagen nochmals einzusetzen. Solche charmanten Lösungen könnten mit den Erfahrungen aus dem Projekt MuLI auch weitere Anwendungsfälle finden. (KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks)

Projektpartner RheinEnergie

Bereits auf der Linie 133 ist die RheinEnergie der KVB. Hier hat das Unternehmen die Ladeinfrastruktur aufgebaut und betreibt diese, genauso wie das derzeit an verschiedenen weiteren Endhaltestellen im Stadtgebiet erfolgt. Hierzu gehören im Projekt MuLI insbesondere der Batterieraum und der Mittelspannungsschaltraum, in denen die Energie- speicherung, Energieumwandlung und das gesamte technische Management stattfinden.

Die Elektromobilität spielt eine bedeutende Rolle beim Klimaschutz. Mit flexiblen Speicherlösungen wie MuLI können wir den Ausbau der benötigten Ladeinfrastruktur in Köln noch schneller vorantreiben, indem wir auf das bereits vorhandene Stromnetz der KVB zurückgreifen. Die Technik unterstützt uns auch dabei, Spannungsschwankungen in den Stromnetzen auszugleichen, wie sie z. B. durch die Erzeugung volatiler erneuerbarer Energie entsteht. (RheinEnergie-Vorstandvorsitzender Dr. Dieter Steinkamp) 

Autobatterien als Second-Life-Speicher

Im Unterschied zur bisherigen Ladeinfrastruktur für den Busbetrieb der KVB werden im Projekt MuLI Autobatterien im Second Life als Speicher eingesetzt. Die Ford-Werke haben hierfür einen Speicher aus jeweils sechs Einheiten mit 48 Batteriemodulen (à 20 Einzelzellen) zusammengeführt. Die Speicher besitzen jeweils ein Gewicht von 700 kg, sind 2,20 m hoch, 1,20 m breit sowie 0,60 m tief und haben eine installierte Gesamtspeicherkapazität von rund 300 kWh. Sie sind eingebettet in ein Energiemanagementsystem. 

KVB, RheinEnergie und Ford haben bereits seit 2012 im Projekt colognE-mobil und seit 2018 in einem Projekt zum Geofencing von E-Transportern zusammengearbeitet. Unterstützt werden die Projektpartner im Projekt MuLI durch das Ingenieurbüro Fehringer (Dortmund), das seit über 25 Jahren auf den Themenfeldern der Elektrotechnik aktiv ist. Die Experten nutzen ein Batterielabor und arbeiten mit Batterien in allen notwendigen Teilthemen. 

Bundesverkehrsministerium fördertDas Projektbudget umfasst insgesamt rund 6 Mio. Euro. Hierin befindet sich eine Förderung des Bundesverkehrsministeriums nach der Förderrichtlinie „Elektromobilität vor Ort“ in Höhe von 1,87 Mio. Euro. Aus der Fördersumme erhalten die Kölner Verkehrs-Betriebe rund 700.000 Euro für die Projektleitung und den Erwerb von drei E-Bussen. Die RheinEnergie wird mit rund 980.000 Euro für den Aufbau und Anschluss der Ladeinfrastruktur unterstützt. Und die Ford-Werke erhalten rund 195.000 Euro für den Aufbau der Energiespeicher. In die fördertechnische Abwicklung sind die NOW GmbH und der PtJ Projektträger Jülich im Forschungszentrum Jülich eingebunden.

Großes Gesamtpotenzial

In Köln weist der gesamte Busverkehr – der des ÖPNV, der Fern- und Charterverkehre – einen Anteil von lediglich 3 bis 6 % am gesamten Verkehr auf dem Stadtgebiet auf (ohne bzw. mit Hinzurechnung des Autobahnverkehrs). Das Gesamtpotenzial in Köln ist groß: Aktuell sind insgesamt etwa 570.000 Kraftfahrzeuge zugelassen, hierunter allein 500.000 Pkw. Der Anteil e-mobiler Pkw ist mit weniger als 6.000 Hybriden und etwa 2.500 reinen E-Pkw noch gering, wird aber kontinuierlich wachsen. Ähnlich sieht es bei den CarSharing-Autos in Köln aus. Von den ca. 1.250 Einheiten sind bisher nur rund 5 % E-Fahrzeuge. Aber auch hier muss mit deutlichen Steigerungsraten gerechnet werden. In einer Untersuchung für die IHK Köln wurde ermittelt, dass in Köln ca. 150.000 KEP-Sendungen täglich durch rund 1.000 Lkw, meist Fahrzeuge bis 3,5 t, verteilt werden, die dabei ca. 80.000 Stopps einlegen. Der ÖPNV und der lokale Energieversorger können als Keimzelle zur Ausbreitung und Etablierung der E-Mobilität dienen, wenn sie technische Lösungen für den Aufbau der Ladeinfrastruktur bieten. 

E-Mobilitäts-Hub 

Innovativ ist das Projekt MuLI vor allem durch seinen multimodalen Charakter, der die Ladetechnik für verschiedene Fahrzeugklassen – mit Mittelspannung des Wechselstroms und Gleichstrom der Stadtbahn – an einer Station bündelt. Mit MuLI gewinnen die Projektpartner Erkenntnisse über den Aufbau und die Konfiguration einer solchen Ladeinfrastruktur. Später können die Erfahrungen in die weitere Entwicklung von Infrastrukturen eingebracht werden. 

An der genannten Endhaltestelle entstand ein E-Mobilitäts-Hub, an dem neben den auf der Linie 126 eingesetzten E-Bussen auch andere Fahrzeugklassen wie z. B. Transporter der KEP-Dienste sowie CarSharing-Autos geladen werden können. Deren Betreiber können somit auch Erfahrungen aufbauen und in ihre E-Mobilitätsstrategien einbeziehen. 

Der Aufbau der Ladeinfrastruktur in der Fläche erfordert die Erweiterung des allgemeinen kommunalen Stromnetzes, das auf die bisherigen Haushaltsbedarfe ausgelegt ist. Dies wird eine erhebliche finanzielle und operative Kraftanstrengung bedeuten. Deshalb ist die Nutzung der vorhandenen energietechnischen Anlagen der Stadtbahn, an die nach der Blaupause von MuLI Ladeinfrastruktur in Mobilitäts-Hubs angeknüpft werden kann, wirtschaftlich nachhaltig. Es erhöht den Wert der Stadtbahninfrastruktur und vermeidet einen Teil der weiteren Aufbaukosten.