Kontaktlos ladender Shuttlebus auf der Gartenschau Balingen

Wegweisendes Pilotprojekt zur Elektromobilität im deutschen ÖNPV.

Der Shuttlebus ist in eng besiedelten Wohngebieten unterwegs. (Foto: Elina)
Der Shuttlebus ist in eng besiedelten Wohngebieten unterwegs. (Foto: Elina)
Claus Bünnagel

Seit Eröffnung der Gartenschau in Balingen (5.5. bis 24.9.2023) steht für die Besucher neben Fauna und Flora auch ein besonderes Fahrerlebnis auf dem Programm. Denn der vollelektrische Shuttlebus lädt seine Batterie kontaktlos während der Fahrt und beim Warten an Haltestellen auf. Zur Gartenschau wird damit in Balingen erstmals in Deutschland eine dynamische drahtlose Ladetechnologie für E-Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen in der Praxis getestet. Die Einsatzstrecke des Gartenschau-Shuttlebusses führt vom Parkplatz auf dem Messegelände zur Haltestelle Stadthalle. Der dynamische Ladevorgang erfolgt dabei auf einem etwa 400 m langen Teilstück in der Wilhelmstraße.

Balingen ist der erste Standort in Deutschland, der die dynamische drahtlose Ladetechnologie DWPT in der Praxis testet. Dieses Forschungsprojekt ist ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität und zeigt, dass die Stadt die Entwicklung neuer Technologien unterstützt. Die Technologie hat das Potenzial, in Zukunft eine wichtige Rolle in der Elektromobilität zu spielen. (Oberbürgermeister Helmut Reitemann)

240 Magnetspulen im Boden

Bereits seit Juni 2022 laufen die Vorbereitungen für das Projekt. Um die kontaktlose Ladung zu ermöglichen, wurden auf rund 400 m Straße und an zwei Haltestellen Induktionsspulen eingelassen und über unterirdisch verlegte Kabel an das Stromnetz angeschlossen. Wenn sich der Bus den Induktionssspulen nähert, werden dort hochfrequente Magnetfelder erzeugt. Diese induzieren in Empfängerspulen am Fahrzeugboden des Busses einen elektrischen Strom, mit dem die Batterie geladen wird. Der Großteil der Ladetechnik ist unsichtbar, lediglich die Schaltschränke am Straßenrand und an den Haltestellen zeugen noch vom Aufbau. Insgesamt wurden bei den mehrwöchigen Bauarbeiten über 240 Magnetspulen verbaut.

Zweite Induktionsstrecke geplant

In einer weiteren Ausbaustufe wird zum Ende der Gartenschau eine zweite Induktionsstrecke von insgesamt rund 600 m Länge in Betrieb gehen. Der Elektrobus soll dann im regulären ÖPNV-Betrieb auf mehreren Balinger Buslinien zum Einsatz kommen und lädt dann auf induktiven Ladestrecken von insgesamt 1 km Länge während der Fahrt auf.

Projektpartner

Die Projektpartner EnBW, Electreon Germany, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Forschungsstelle für Energiewirtschaft München (FfE) wollen dabei zusammen mit den Stadtwerken Balingen die kontaktlose Ladetechnologie unter realen Bedingungen einsetzen und die Praxistauglichkeit beweisen. Das gesamte Vorhaben steht unter der Trägerschaft des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und heißt Elina (Einsatz dynamischer Ladeinfrastruktur im ÖPNV).

Die EnBW ist für Projektsteuerung sowie den Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur verantwortlich. Alexander Pöllauer vom Bereich Forschung und Entwicklung der EnBW leitet den Versuch:

Der Betriebsstart der induktiven Ladetechnik auf der Gartenschau Balingen 2023 ist für uns ein wichtiger Meilenstein. Durch den erfolgreichen Aufbau im engen städtischen Raum, rückt die Technik ein gutes Stück näher an das Ziel der Marktreife zum Einsatz im ÖPNV. Wir sind nun gespannt auf die Erfahrungen und Daten, die wir im harten täglichen Einsatz sammeln werden.

Electreon Germany rüstete einen Balinger Nahverkehrsbus für den DWPT-Einsatz um und lieferte die Ladeinfrastruktur für das Elina-Projekt. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt im Forschungsvorhaben ein Planungstool, das dazu geeignet ist DWPT-Netze für den ÖPNV wirtschaftlich optimiert zu planen.

Das Planungstool vereint Verkehrsmodellierung, Fahrzeugsimulation und Modellierung der Ladeinfrastruktur. Damit können die Standorte der Ladeinfrastruktur unter Berücksichtigung verschiedener Nebenbedingungen optimal auf den Linienverlauf abgestimmt werden. Daten und Erkenntnisse aus dem realen Betrieb in Balingen ermöglichen die Validierung des Planungstools. (Patrick Ziesel vom KIT)

Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft München (FfE) beleuchtet das Marktpotenzial und die Nachhaltigkeit der Technologie.