Reise: Gutes Jahr 2019, Zuversicht für 2020

Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) hat auf der CMT in Stuttgart Bilanz gezogen und ihre Erwartungen für das laufende Jahr vorgestellt.

Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. (Foto: Pixabay/stux)
Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. (Foto: Pixabay/stux)
Claus Bünnagel

Der internationale Tourismus wuchs 2019 um rund 4 % (Quelle: UNWTO, ETC). Weltweit wird die Zahl der Ankünfte von internationalen Gästen voraussichtlich bei 1,45 Mrd. liegen. Jedes Jahr ein neuer Rekord, so lautet hier seit 2010 die Regel. 

Wachsender Deutschlandtourismus

Auch der Deutschlandtourismus hat sich positiv entwickelt. In den ersten zehn Monaten des Jahres erhöhte sich die Zahl der Gästeübernachtungen im Inland im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um knapp 4 % auf 432 Mio. (Quelle: Daten des Statistischen Bundesamts). Davon entfielen etwa 18 % auf ausländische Gäste; die Steigerungsrate lag hier mit 2 % unter der der Inländer (4 %). Für 2019 kann man insgesamt mit ca. 495 Mio. Übernachtungen in Deutschland rechnen. 

Urlaubsreisen: Stabilität auf hohem Niveau

Für den Bereich der Urlaubsreisen der Deutschen erwartet die FUR nach den vorläufigen Da- ten auf der Basis der RA online vom Jahresende für 2019 ein hohes Niveau der Nachfrage mit einem Volumen von ca. 71 Mio. Urlaubsreisen (+ 1 % zum Vorjahr) und eine Steigerung der Ausgaben für Urlaubsreisen auf ca. 73 Mrd. Euro (+ 3 %). Die erwartete Zahl der Kurzurlaubsreisen (Dauer zwei bis vier Tage) liegt bei 92 Mio. konstant zum Vorjahr (Quelle: Trendabschätzungen auf der Basis der RA 20, online Erhebung im November 19). Stabilität auf hohem Niveau, das kennzeichnet quantitativ die Urlaubsnachfrage der Deutschen. Auf der Seite der Touristik gab es 2019 spektakuläre Entwicklungen, namentlich die Insolvenz von Thomas Cook. Flugreisen und Kreuzfahrten legten nach Branchenangaben zu. 

Startbedingungen für 2020 

Positive Ausgangsposition

Die Indikatoren für die touristische Nachfrage im Jahr 2020 zeigen (wieder) eine positive Ausgangsposition. Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung sind die Deutschen im Hinblick auf die eigene Situation positiv gestimmt, wenn auch etwas verhaltener als im Vorjahr: 22 % erwarten, dass sich ihre persönliche wirtschaftliche Situation in einem Jahr verbessert haben wird; ebenfalls 22 % befürchten eine Verschlechterung. Die restlichen 57 % sehen keine Veränderung. Die insgesamt als stabil wahrgenommene individuelle wirtschaftliche Situation ist eine wichtige Vorbedingung für den Urlaubstourismus 2020. 

Mit Urlaubsreisen 2020 haben sich bereits vier von fünf Deutschen (78%) gedanklich beschäftigt. Ob jemand tatsächlich eine Reise antritt, ist dann eine Frage des Könnens (Zeit und Geld) und des Wollens (Urlaubslust). Die Urlaubslust ist mit 57 % leicht gestiegen, auch die Faktoren Zeit (66 %) und Geld (62 %) werden günstiger als im Vorjahr eingeschätzt. Insgesamt drücken diese Ergebnisse eine positive Urlaubsstimmung aus, die nachfrageseitig gute Startbedingungen für 2020 signalisiert (Quelle: RA 20 online, Erhebung im November 19). 

Reiseziele: Alles beim Alten

Das Gesamtbild der Urlaubsreisen wird sich 2020 von 2019 kaum unterscheiden, sowohl bei den Reisezielen als auch bei den Reisearten. Deswegen werden auch 2020 Urlaubsreisen in Deutschland mit etwa 30 % den ersten Platz der Hitparade einnehmen. Es folgen Spanien, Italien, die Türkei und Österreich. Kroatien und Griechenland spielen in der Top-Liga mit (Quelle: Trendabschätzungen auf der Basis der RA 20 online, Erhebung im November 19). Das konstante Gesamtbild darf nicht über die individuelle Flexibilität und die Neigung der Urlauber zur Abwechslung hinwegtäuschen: 42 % planen, in diesem Jahr ein Ziel zu besuchen, wo sie noch nicht gewesen sind (Quelle: RA 20 online, Erhebung im November 19). 

Nachhaltigkeit wichtig

Nachhaltigkeit ist in Deutschland und der Welt ein wichtiges Thema geworden, das immer mehr Beachtung findet, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Klimawandels. Der Tourismus steht hier nicht automatisch gut da. Einerseits sind bestimmte Angebote wegen ihrer Emissionen oder den entstehenden sozialen Belastungen fragwürdig; andererseits scheint der Urlaubsbereich implizit als irgendwie unnötige Sache eingestuft zu werden, die man ja auch einfach lassen könnte. 

Die Ergebnisse der Reiseanalyse zu diesem Thema zeigen, dass ökologische und soziale Nachhaltigkeit im Urlaub vielen Deutschen wichtig sind. Diese Einstellung wird von immer mehr Menschen geteilt. Allerdings gibt es zahlreiche andere Einflussfaktoren auf die Reiseentscheidung und das Reiseverhalten. Die Mehrheit der Touristen macht eine Urlaubsreise vor allem, um schöne Ferien zu verbringen. Nachhaltigkeit ist eine dabei zu berücksichtigende Reisebedingung, die von vielen Touristen als wichtig angesehen wird, und die von manchen auch bei einer konkreten Reise aktiv ins Kalkül gezogen wird. 

„Flugscham“

Neu hinzugekommen ist im Jahr 2019 der Begriff der „Flugscham“. Ein großer Teil der Flug- reisenden (73 %) berichtet, ein mehr oder weniger starkes schlechtes Gewissen wegen der Klimabelastung zu haben. Nur 27 % teilen dieses Gefühl nicht (Quelle: RA 20 online, Erhebung im November 19). Hier gibt es anscheinend einen „Wertewandel“. Die Flugscham ist der Ausdruck eines inneren Konfliktes, nicht dessen Lösung. Eine aufgrund von Flugscham kurzfristig stark sinkende Zahl von Urlaubsreisen mit dem Flugzeug ist nicht zu erwarten, wohl aber eine höhere Bereitschaft zu Kompensationszahlungen. 

Gesundheits- und Wellnessurlaub mit hohem Potenzial

Etwa 4,6 Mio. Urlaubsreisen werden pro Jahr als Gesundheits- und/oder Wellnessurlaub gemacht. Besonders stark ist der Wellnessurlaub bei den Kurzreisen (6,4 Mio.). Die Potenziale für diese Urlaubsformen sind hoch (18 % interessieren sich für Wellness-, 15 % für Gesundheitsurlaub in der nahen Zukunft) und noch lange nicht ausgeschöpft (Quelle: RA19, RA 20). 

Ausblick

Für 2020 sind die Vorzeichen in der Reisewelt insgesamt klar positiv. Das Verreisen ist den Deutschen eine liebgewonnene Gewohnheit. Die Urlaubslust ist schon jetzt ausgeprägt. Das spricht für eine zumindest stabile Nachfrage nach touristischen Leistungen. Die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit und das wachsende Bewusstsein dafür auf der Kundenseite werden die Veränderungen im Tourismus mit prägen, mehr im Sinne einer Evolution nicht in plötzlichen Brüchen. 

Pauschal- und Bausteinreisen werden weiterhin ihren Stellenwert behalten, auch die „Hitparade“ der Reiseziele wird in etwa gleich bleiben. Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder touristische Anbieter positive Zahlen schreiben wird. Dafür ist die Konkurrenz zu stark und die Flexibilität der Kunden zu groß. Die Kunden sind kundig, reiseerfahren, anspruchsvoll, und multioptional. Insgesamt bleibt der Wettbewerb hart, sowohl um die Aufmerksamkeit der potenziellen Gäste als auch um ihre Reisen.