Gewerbesteuerliche Hinzurechnung: „Das nennt man Enteignung“

RDA-Workshop: Experten diskutierten über Gesetz für Hoteleinkauf.
Anja Kiewitt

Erneut heiß diskutiert wurde im Rahmen des 1. RDA-Workshops Friedrichshafen (busplaner berichtete) die Frage der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Hotel- und Übernachtungsleistungen. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ist im Hoteleinkauf eines Reiseveranstalters nämlich ein Mietanteil enthalten, der als Anlagevermögen gewerbesteuerpflichtig ist. Laut einem Zwischenurteil des Finanzgerichts Münster vom Februar gilt das zwar nur für die Kaltmiete und nicht für weitere Nebenleistungen des Hotels, wie Strom, Wasser, Heizung, Schwimmbad, Sauna oder Sportbereich; zudem dürften ausländische Betriebsstätten nicht hinzugerechnet werden.

Kaltmietanteil nicht ermittelbar?

Praktiker bemängeln jedoch, dass der Kaltmietanteil bei Hotelzimmerpreisen nicht ohne Weiteres ermittelbar sei. Die Höhe der steuerlichen Belastungen hänge somit nach derzeitigem Stand vom Verhandlungsgeschick der einzelnen Beteiligten und deren Steuerberater ab. Der „lächerlich geringe“ Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro, der den Mittelstand vor einer Überbelastung schützen soll, sei in der Praxis schnell verbraucht, referierte dazu Carsten Kaufmann von der Steuerberatungsgesellschaft Remy & Kaufmann Partnerschaft mbB in Ransbach-Baumbach, im „RDA Trendforum“ der Messe Friedrichshafen.

Steuerquote bis zu 90 Prozent für Mittelstand

Dem Steuerberater zufolge droht betroffenen Firmen eine Belastung von bis zu 50.000 Euro pro Jahr und eine Steuerquote – je nach Unternehmensform – in Höhe von 70 bis 90 Prozent. „Das nennt man Enteignung“, konstatierte der Fachmann. Bislang ist in der Angelegenheit zwar noch nicht das letzte Wort gesprochen – die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen. Mit einem höchstrichterlichen Urteil rechnen Experten aber erst in drei bis fünf Jahren.

RDA sieht Tausende Arbeitsplätze gefährdet

Die endgültige Umsetzung der Pläne wäre laut Richard Eberhardt, Präsident des Kölner RDA Internationaler Bustouristik Verband e.V., „das Fatalste, was unserer Branche passieren könnte“. Er sieht „durch die existenzbedrohende Vernichtung von mittelständischen Veranstaltern Tausende Arbeitsplätze gefährdet“. Zusätzlich würden die Hinzurechnungspläne die Preisintensität der angebotenen Produkte erhöhen, was „vielen unserer traditionellen Kunden das Reisen unmöglich machen würde“, so Eberhard.

Tourismus- und Finanzpolitik uneins

Zum Thema äußerte sich auch Heike Brehmer MdB (CDU/CSU), Vorsitzende des Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages, vor den Workshopteilnehmern in Friedrichshafen: „Wir als Tourismuspolitiker stehen auf Ihrer Seite, aber die Finanzpolitiker haben ihre eigene Sicht. Unsere Überzeugungsarbeit hat hier leider noch nicht zum Erfolg geführt.“