„Runder Tisch Fachkräftemangel“: Bürokratie ist das größte Problem

Bus-, Bahn- und Logistikunternehmen forderten in einer Gesprächsrunde mit dem Bundestagsabgeordneten Henning Rehbaum (CDU/CSU) den Abbau von Bürokratie - sowohl bei der Ausbildung von Fahrpersonal als auch bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen und dem Führerscheinerwerb. Auch die langen Visaverfahren in deutschen Konsulaten sind ein Teil des Problems.

Jede Menge Lösungsvorschläge brachten die Branchenvertreterinnen und Vertreter zum digitalen Austausch mit. (Foto: Bünnagel
Jede Menge Lösungsvorschläge brachten die Branchenvertreterinnen und Vertreter zum digitalen Austausch mit. (Foto: Bünnagel
Martina Weyh

In Deutschland fehlen Hunderttausende LKW- und Busfahrer, Verkehrsplaner, Ingenieure, Fluglotsen und Werkstattpersonal. Der Bundestagsabgeordnete Henning Rehbaum, zuständiger Berichterstatter der CSU/CSU für Fachkräfte in der Verkehrswirtschaft, lud am vergangenen Mittwoch erneut zum digitalen „Runden Tisch Fachkräftemangel im Verkehr“ ein, um über die zugespitzte Situation in den Betrieben zu sprechen.

Über 50 Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Verbandsvertreter aus dem Verkehrsbereich berichteten aus der Praxis und schlugen mögliche Lösungswege vor. Die anwesenden Branchenvertreter waren sich einig, dass nur die Entbürokratisierung von Ausbildung und die Anerkennung ausländischer Fachkräfte, insbesondere LKW- und Busfahrer Abhilfe schaffen kann.

Monatelanges Warten auf Konsulatstermine

Vom neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz erhoffen sich die Praktiker nicht allzu viel.

„Das wahre Nadelöhr bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte“, sagte Heike van Hoorn, Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums (DVF), sei vor allem die Beantragung von Arbeitsvisa. Auf einen Termin in den deutschen Konsulaten im Ausland müsse man oft monatelang warten.

Dies bestätigte auch Ahmet Salincakli, der Fachkräfte aus der Türkei nach Deutschland vermittelt. Habe man endlich einen Termin, forderten die Konsulate für Fahrer einen EU-Führerschein, obwohl sie schon jahrelange Berufserfahrung auf europäischen Straßen hätten.

„Diese Vorgabe ist unsinnig und sollte wegfallen“, so Salincakli.

Reform des europäischen Führerscheinrechts sinnvoll

Eine weitere Stellschraube seien Reformen des europäischen Führerscheinrechts: Patrick Orschulko, Referent beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo), schlug Änderungen der Mindestalter-Vorschriften und die Erhöhung der Kapazitäten der Führerscheinklasse D1 von 16 auf 22 Passagiere vor. Auch das Aufheben des Wohnortprinzips sei ein Hebel, um Menschen mit Wohnsitz in Deutschland das Absolvieren des Führerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation im EU-Ausland zu ermöglichen.

Helfen würde den Verkehrsunternehmen ebenfalls, wenn die Bundesagentur für Arbeit den Führerscheinerwerb auch für Minijobber fördern würde. Gerade in der Busbranche seien Teilzeitmodelle traditionell erforderlich, um die vielen Verstärkerfahrzeuge zum Berufs- und Schulverkehr am Morgen und am Nachmittag zu meistern, bei denen die Busse oft nur zwei Stunden im Einsatz seien.

Beschleunigtes Fachkräfteverfahren auch für Berufskraftfahrer

Jens Pawlowski, Leiter des Hauptstadtbüros des Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), forderte, das sog. Beschleunigte Fachkräfteverfahren auch auf Berufskraftfahrer anzuwenden sowie E-Learning bei der Fahrerqualifikation und eine Ausbildung in Fremdsprachen endlich zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten Pilotprojekte mit Drittstaaten gestartet werden, z.B.  mit Serbien, der Türkei oder Usbekistan, um Fahrer bereits dort zu qualifizieren. Besonders ärgerlich aus Sicht des deutschen Transportgewerbes sei, dass die derzeit in Gräfenhausen streikenden ausländischen Lkw-Fahrer osteuropäischer Großspeditionen aufgrund bürokratischer Hürden nicht bei deutschen Unternehmen und zu ordentlichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden könnten.

Ein Fachkräftegipfel des Bundesverkehrsministeriums reicht nicht aus, um dem strukturellen Personalmangel entgegenzutreten. Nötig sind nach Ansicht DVF-Geschäftsführerin van Hoorn Monitorings über die Mangelberufe und eine Ressortstrategie speziell für den Verkehrssektor.

Mehr Tempo von der Regierung gefordert

MdB-Mitglied Henning Rehbaum fordert ein zügigeres Vorgehen von der Regierung. Außenministerin Baerbock und Arbeitsminister Heil müssten beim Fahrermangel endlich Gas geben, denn sonst drohten in Deutschland englische Verhältnisse, und „der Ausbau des ÖPNV scheitert am Fahrermangel“. Lösungsvorschläge lägen auf dem Tisch - die Bundesregierung müsse sie dringend umsetzen.