Sprungbrett für Tiroler Touren

Die Wildschönau ist durch ihre zentrale Lage ein ideales Sprungbrett für Touren in ganz Tirol, gleichzeitig aber auch ein Busgruppenziel für sanften Tourismus. Wir haben vor Ort recherchiert.

Mit der Kulisse des Wilden Kaisers im Hintergrund (rechts) starten Gleitschirmflieger – auch Tandemflüge können gebucht werden – von der Bergstation der Markbachjochbahn gen Tal. (Foto: Bünnagel)
Mit der Kulisse des Wilden Kaisers im Hintergrund (rechts) starten Gleitschirmflieger – auch Tandemflüge können gebucht werden – von der Bergstation der Markbachjochbahn gen Tal. (Foto: Bünnagel)
Claus Bünnagel

Mittendrin und doch abseits: So könnte man die Wildschönau beschreiben – und das schätzen viele Busreiseveranstalter und Endkunden. Von hier ist man schnell auf der Inntalautobahn und in den geschäftigen Zentren wie Innsbruck oder Salzburg. Und doch liegt das liebliche Tal abseits der großen Touristenströme und wird gerne von all jenen angesteuert, die dem Trubel der hippigen Skisport- und Partyzentren Tirols entfliehen wollen. Kurz: eine ideale Destination für die Busreisebranche mit ihrem flexibel einsetzbaren Transportmittel und ihrer meist älteren Klientel.

Das rund 24 km lange Tal bzw. Gemeindegebiet oberhalb von Wörgl mit seinen knapp 4.350 Einwohnern bietet stolze 5.000 bis 6.000 Gästebetten in vier Kirchdörfern bzw. insgesamt fünf Ortschaften. Trotzdem gibt es hier keine Bettenburgen; die Beherbergungsbetriebe fügen sich dezent in die sanfte Landschaft eine, die im Vergleich etwa zum rauen Karwendel die Menschen eher zur Ruhe kommen und Energie tanken lässt. Viele unter ihnen pflegen langjährige Partnerschaften mit Busreiseveranstaltern aus Deutschland, aber auch dem Beneluxraum oder Frankreich.

Standort für Rundfahrten

Wer viel zum Thema Tourismus in der Wildschönau sagen kann, ist Martin Erharter. Der 53-Jährige ist nicht nur Teil des dreiköpfigen ehrenamtlichen Vorstands von Wildschönau Tourismus, sondern auch Leiter des Landhotels Tirolerhof. Das Drei-Sterne-Haus in Oberau mit 59 Zimmern für bis zu 120 Gäste ist eine wichtige Adresse für den Busgruppentourismus in der Wildschönau.

Im Vorpandemiejahr 2019 hatten wir im Tirolerhof einen 75-prozentigen Gruppenanteil. Durch die Einbrüche in der Bustouristik infolge der Pandemie sank dieser auf 30 bis 35 %, hat sich im Sommer 2023 aber wieder auf 50 bis 60 % erholt, berichtet der Hotelchef.

Seine Partner aus der Busgruppentouristik würden das Hotel vor allem als Standort für Rundfahrten an den Wilden Kaiser, zu den Krimmler Wasserfällen, an den Achensee oder den Schliersee, nach Rattenberg, Kitzbühel bzw. ins Zillertal nutzen.

Tour zur Kundler Klamm

Viele Busreiseveranstalter würden auf einer typischen einwöchigen Fahrt aber durchaus auch zwei bis drei Tage für Programm oder Freizeit in der Wildschönau reservieren. Beliebt sei etwa der Besuch der Kundler Klamm. Von Mühltal aus ließe sich die Fußstrecke dank des „Wildschönauer Bummelzugs“ auf 3,5 km verkürzen. Auch die Schönanger Alm mit ihrer Schaukäserei sei bei Busgruppen beliebt – bei unserem Besuch dort parkte wie zur Bestätigung von Erharters Worten eine Setra ComfortClass aus dem oberbayrischen Schwindegg vor der Türe. Dank durchgehender Asphaltierung lässt sich die gut 6 km lange Strecke von Auffach am Talabschluss der Wildschönau bis zur Alm nämlich problemlos befahren.

Für Aktivgruppen wie beispielsweise Wandervereine bietet sich von der Schönanger Alm auch der Anstieg auf den Großen Beil (2.309 m) an, den höchsten Berg der Wildschönau. Tipp: Statt des Fahrwegs bis zur Gressensteinalm sollte der botanisch bezaubernde Kastenweg gewählt werden, der u.a. am Gressensteinfall vorbeiführt. Nur konditionell starken Gruppen oder Gruppenteilnehmern ist die acht- bis zehnstündige, aber landschaftlich herausragende Gratwanderung nach Auffahrt von Auffach mit der Schatzbergbahn und Passagen über Joelspitze (1.964 m), Lämpersberg (2.202 m) und Kleinen Beil (2.197 m) zum Großen Beil und Abstieg zur Schönanger Alm zu empfehlen.

Neuer Wanderbus

Übrigens kann man die Wandergruppe in der Wildschönau auch teilen, ohne auf den Bus zu verzichten. Während der eine Teil z.B. eine Fahrt im Reisebus nach Innsbruck macht, wo die Auffahrt mit den Nordkettenbahnen binnen 20 Minuten einen atemberaubenden 360°-Blick auf die „Hauptstadt der Alpen“ und den Naturpark Karwendel ermöglicht, nutzt der andere Teil den neuen Wildschönauer Wanderbus. Dieser steuert in der Sommersaison täglich und mehrfach die schönsten Start- und Ausgangspunkte für Outdoor-Erlebnisse in dem Tiroler Hochtal an. Denn er ist für nicht als Rundtour angelegte Touren eine ideale Rückfahrmöglichkeit zurück zum Ausgangspunkt. Wer z.B. vom Markbachjoch über den neuen Wildschönauer Höhenweg in den hintersten Talkessel zur Schönanger Alm wandert, wird dort vom gelben Gefährt zuverlässig abgeholt.

Weiteres Plus: Die Nutzung des Busses ist bereits in der Wildschönau Card, die Urlauber bei ihrer Ankuft automatisch erhalten, inbegriffen – ebenso wie noch mindestens bis 2025 die Fahrten mit den Bergbahnen auf Schatzberg (1.898 m) und Markbachjoch (1.500 m) sowie die Teilnahme am Wander- und Kinderprogramm, Eintritte ins Freibad sowie in Museen.

Besuch im „Drachental“

Aber auch weniger sportlichen Gruppen hat die Wildschönau jede Menge zu bieten. So können die Handwerkmärkte in Nieder- und Oberbau sowie im Bergbauernmuseum z’Bach – natürlich dieses selber auch, Preis pro Führung (max. 20 Pers.) pauschal 80 Euro – besucht werden. Vier abendliche Konzerte pro Woche im Sommer von Montag bis Donnerstag in den vier Kirchdörfern der Wildschönau laden zum Musikgenuss ein. Und Anfang August lockt das viertägige Talfest mit Blas-, Party- und Rockmusik sowie viel Tradition und einem großen, bunten Festumzug (2024: 67. Ausgabe vom 8. bis 11. August in Oberau).

Ein großer Spaß für Klein und Groß ist das „Drachental“ direkt neben dem Landhotel Tirolerhof in Oberau. Gerade Schülergruppen auf Klassenfahrt sollten hier unbedingt einen Stopp einlegen. Der 2021 eröffnete Outdoor-Park lockt mit einem modernsten Alpine Coaster im Alpenraum, dem 2,2 km langen „Drachenflitzer“ mit seinen bis zu 25 m hohen Kreiseln. Ergänzt wird er durch einen 600 m2 großen, naturnahen Spiele-See mit beweglichen Holzflößen, Spiele-Insel und Relaxzone sowie das erste 5D-Kino Tirols, eine Tubing-Bahn und einen Tube Jump, Sprungturm und Trampolinzone, Bike-Trail sowie Bewegungsparcours und vieles mehr. Im Restaurant Grisu können mit saftigen Steaks vom Hot Stone und den richtigen Durstlöschern die verbrauchten Energien wieder aufgefüllt werden.

Zwei-Saison-Ziel

„Wir vom Tirolerhof bieten Busgruppen nach Ankunft immer auch eine einstündige Ortsführung durch Oberau an. Zu den Basisleistungen zählt zudem ein reichhaltiges Bauernbuffet“, berichtet Martin Erharter.

Auch wenn die Sommersaison von Anfang Mai bis Ende Oktober etwas länger als sie Wintersaison sei, könne man die Wildschönau durchaus als „typisches Zwei-Saison-Ziel“ bezeichnen. In der kalten Jahreszeit stehe hier natürlich Skifahren, aber auch Winter- und Schneeschuhwandern hoch im Kurs. Im Advent sei der Tirolerhof aber im Gegensatz zu anderen Hotels der Wildschönau, von wo Busgruppen zum Besuch von regionalen Weihnachtsmärkten aufbrechen können, geschlossen. Zudem sollten Busreiseveranstalter bei der Planung von Saisoneröffnungs- und -abschlussfahrten vor Mai bzw. nach Oktober vorab genau checken, welche Ausflugsziele geöffnet sind, empfiehlt Erharter.

Für die Hauptsaison bzw. die stark frequentierten Winterwochen sollten die Unternehmen mindestens ein Jahr im Voraus buchen, da beispielsweise im Tirolerhof der Anteil der Stammkunden unter den meist mittelständischen Busreiseveranstaltern hoch sei. Maximal zwei Termine könnten durchgeführt werden, der Abschluss von Serien sei in der Regel nicht möglich. Übrigens modifiziert die Familie Erharter das in den 1970er-Jahren errichtete und stetig erweiterte Hotel mit seinem 1990/91 gebauten Wellnessbereich derzeit. Im Laufe des Jahres 2024 soll der Umbau angeschlossen sein, wobei die Fläche des Schwimmbadbereichs verdoppelt wird.