Fern- und Reisebusse: Massive Fahrgastverluste durch 9-Euro-Ticket

Die aktuelle Blitzumfrage des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmen bringt es an den Tag – das deutschlandweit geltende stark vergünstigte Nahverkehrsangebot sorgt für einen erheblichen Fahrgastverlust im Fern- und Reisebusverkehr.

Bei möglichen Nachfolgeregelungen für das 9-Euro-Ticket fordert der Branchenverband von der Politik eine politische Nachjustierung und Einbeziehung der mittelständischen Reisebusbranche. (Grafik: bdo)
Bei möglichen Nachfolgeregelungen für das 9-Euro-Ticket fordert der Branchenverband von der Politik eine politische Nachjustierung und Einbeziehung der mittelständischen Reisebusbranche. (Grafik: bdo)
Martina Weyh

Des einen Freud, des anderen Leid – der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) kommt nach einer aktuellen Blitzumfrage für den ersten Geltungsmonat des 9-Euro-Tickets Juni zu einem negativen Fazit für die deutsche Fern- und Reisebusbranche und sieht für seine in der Bustouristik und im Fernlinienverkehr tätigen Unternehmen massive Abwanderungsbewegungen.

Demnach verzeichnen 45 % der befragten Touristik-Unternehmen rückläufige Fahrgastzahlen. Bei den Senioren, der Hauptzielgruppe der Bustouristik verzichteten sogar 67 % auf eine Nutzung des beliebten Reisemittels. Gerade im ländlichen Raum, in dem der Bus oft das einzige öffentliche Verkehrsmittel darstellt, zeichnet sich damit eine nachteilige Entwicklung ab.

Dieser erhebliche Rückgang an Fahrgästen stelle nicht nur die mittelständischen Busunternehmen, die ohnehin durch Corona und gestiegene Energiekosten wirtschaftlich schwer betroffen seien, vor große Herausforderungen, sondern schwäche die Struktur der Mobilität in den ländlichen Räumen insgesamt, so das Urteil des bdo. In der Folge seien dann nicht nur Senioren, sondern auch Schüler, Menschen mit Behinderung, Berufspendler ohne eigenen Pkw, Sportvereine und Klassenfahrten massiv betroffen.

Und auch die im Fernverkehr tätigen Busunternehmen hätten erhebliche Fahrgastverluste hinnehmen müssen. Alle Teilnehmenden gaben laut bdo an, dass die Fahrgastzahlen durch das 9-Euro-Ticket gesunken seien, bei über 70 % der Unternehmen sogar über 60 %.

Negativeffekt für die private Busbranche politisch nicht beabsichtigt

Der bdo begrüßt die durch den 9-Euro-Ticket-Effekt gestiegenen ÖPNV-Fahrgastzahlen, stellt aber gleichzeitig eine Veränderung des Reiseverhaltens auf Kosten der Bustouristik und des Fernbusses fest. Diese Entwicklung war von der Politik weder beabsichtigt noch gewünscht, heißt es in der Pressemitteilung des Branchenverbandes.

„Ziel eines durch Steuermittel finanzierten ÖPNV-Billigtickets kann nicht sein, dass sich ohnehin schon umweltfreundliche Verkehrsmittel gegenseitig Fahrgäste abwerben und hierdurch Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Reisebusbranche neu etabliert werden. Die gemeinsame politische Aufgabe muss vielmehr sein, den Individualverkehr mit Pkw zu reduzieren, um endlich die Verkehrswende und den Klimaschutz erfolgreich voranzubringen“, so bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard.

Mittelständische Reisebusbranche muss in künftige Überlegungen einbezogen werden

Bei möglichen Nachfolgeregelungen für das 9-Euro-Ticket fordert der Branchenverband deshalb von der Politik eine politische Nachjustierung und Einbeziehung der mittelständischen Reisebusbranche. Konkret schlägt der bdo als mögliche Lösung vor, Wettbewerbsverzerrungen durch die bestehenden unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze zu beheben und für Bus und Bahn gleichermaßen einen einheitlichen reduzierten Satz von 7 % anzuwenden.

Zudem müsse die Bundesregierung tragfähige Lösungen für die Mobilität in ländlichen Regionen vorlegen. Ohne den wirksamen Ausgleich der gestiegenen Energie- und Personalkosten werde die Verkehrswende nach nicht gelingen, prognostiziert der bdo.