Anja Kiewitt

Wegen erheblicher Qualitätsmängel im Stadtbusverkehr und eines hohen Krankenstands bei den Busfahrern hat die Verkehrsgesellschaft Mittelhessen (VM) den regulären Stadtbusverkehr in Bad Homburg und Oberursel am vergangenen Wochenende eingestellt. Mit sofortiger Wirkung kündigte die VM den seit 2009 bestehenden Vertrag mit den beiden Städten, berichtet der Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO) e.V., München.

Für die 100.000 Einwohner in der betroffenen Region wurde demnach ein Notverkehr eingerichtet. Im kommenden Jahr soll nun der französische Verkehrskonzern Transdev beim Stadtbus Bad Homburg und Oberursel zum Zug kommen. Bei der zukünftigen Vergabe planen die beiden Taunusstädte zusammen mit einer anderen Gemeinde ein noch größeres Linienbündel zu schnüren, berichtet der LBO.

Hoher Druck, geringes Gehalt

Der Verband führt die Geschehnisse in Hessen darauf zurück, dass der Druck auf das Fahrpersonal in den beiden Taunusstädten bei dem Betreiberwechsel 2009 erheblich gestiegen sei, während gleichzeitig die Einkommensverhältnisse zurück blieben. Ursache dafür seien Defizite bei der Ausschreibung von Verkehrsleistungen, wie sie nicht nur in Hessen, sondern auch in Bayern zunehmend zu beklagen seien. Häufig seien mittelständische Unternehmen, die faire Personalkosten für zuverlässige und erfahrene Fahrer in den Angeboten der Verkehrsunternehmen kalkulierten, bei Ausschreibungen chancenlos.

Der LBO kritisiert deshalb die Vergabepraxis im Hochtaunuskreis und sorgt sich, dass nationale und internationale Verkehrskonzerne den Mittelstand immer mehr an den Rand drängen. In Hessen und in Bayern seien in den vergangenen Jahren durch Ausschreibungen bereits 30 Prozent der privaten Familienunternehmen zerstört oder in ihrer Existenz bedroht worden.

Direktvergaben an private Unternehmen

An die Verantwortlichen im bundesweiten ÖPNV appelliert der LBO daher für einen fairen und sozialen Umgang mit dem Fahrpersonal. Um Direktvergaben für Verkehrsbetriebe zuzulassen, die nicht im Eigentum einer Kommune stehen, hätten der deutsche und der europäische Gesetzgeber Vergabealternativen in der EU-Nahverkehrsverordnung 1370/2007 und im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) vorgesehen.

Danach könnten Aufträge bis zu einem Umsatzvolumen von zwei Millionen Euro jährlich direkt vergeben werden, ohne dass zuvor eine Ausschreibung durchgeführt werden muss. Darüber hinaus können nach Verbandsangaben Abgeltungsleistungen zum Ausgleich von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Nahverkehr auf der Grundlage einer allgemeinen Vorschrift durch den ÖPNV-Aufgabenträger gewährt werden.