Elektrofahrgastschiff auf dem Biggesee unterwegs

Mit einer Länge von 55 m und einer Breite von 11 m ist das Drei-Decks-Schiff, Baujahr 1978, nach Angaben des Eigners Lux-Werft derzeit Europas größtes Fahrgastschiff mit reinem E-Antrieb. Seit Christi Himmelfahrt ist es auf dem sauerländischen Biggesee sauber, leise, CO₂-neutral im täglichen Einsatz.

Einen großen Beitrag zu nachhaltigem Tourismus im Sauerland, will die Lux Werft nach eigenen Angaben mit dem Betrieb ihrer künftigen Elektroschiffflotte leisten. Nach dem erfolgreichen Start eines ersten E-Schiffes zum Saisonstart am Sorpesee ist das mittelständische Familienunternehmen mit Hauptsitz in Mondorf am Rhein stolz, dass mit der „MS Westfalen“ bereits das zweite von fünf Schiffen elektrisch auf den Sauerländer Seen (Biggesee, Sorpesee, Möhnesee, Hennesee) unterwegs ist.

Bis Ende 2024 sollen alle Dieselmotoren ausgetauscht sein, so der Plan der Lux-Werft. Ein ambitioniertes Ziel, denn auch der Umbau der „MS Westfalen“ verzögerte sich aufgrund von Lieferengpässen um rund sechs Wochen.

Der Umbau

Die „MS Westfalen“ wurde laut Lux-Werft-Geschäftsführer und Schiffbauingenieur, Dr. Rainer Miebach nicht auf der Werft, sondern komplett im Wasser des Biggesees umgebaut. Über 300 Batterien mit insgesamt 2 MW Kapazität seien mit Muskelkraft durch enge Luken in den Schiffsrumpf getragen und alle Decks neu verkabelt worden.

Zudem wurde die Elektrifizierung für eine optische Auffrischung des 45 Jahre alten Ausflugschiffes genutzt: Neu entstanden ist das „Rooftop-Deck“ hinter der „Kapitänsbrücke“. Bodentiefe Fenster, lockere Lounge-Bestuhlung und stilvolle Deko gepaart mit dem Elektroantrieb machten aus einem „MS Westfalen“ ein Erlebnisschiff.

„Auch hier müssen wir mit der Zeit gehen und für alle Zielgruppen modern sein“, erklärt Biggesee-Betriebsleiterin Nicole Keseberg, die gemeinsam mit Kapitän Bernd Stumpf den Umbau vor Ort leitete.

Im vergangenen Jahr wurde bereits die „MS Bigge“, zu einem modernen Eventschiff, u.a. mit Sand- und Strandbar neu konzipiert.

„Das kam super an und war besonders attraktiv für Vercharterungen“, berichtet die Betriebsleiterin.

Nach dem Saisonende Mitte Oktober soll auch sie einen vollelektrischen Antrieb erhalten. Für die Umrüstung der „MS Westfalen“ gab es 80 % Fördermittel vom Bund.

„Dennoch haben wir hier am Biggesee einen Eigenanteil in sechsstelliger Höhe“, erklärt Miebach.

CO₂-Bilanz

„Durch die Umrüstung werden allein bei der ‚MS Westfalen 165 Tonnen CO₂ jährlich eingespart. Das ist ein Durchschnittswert auf zehn Jahre gerechnet. Dabei haben wir die CO₂-Bilanz für die Herstellung der Batterien und die Umrüstung bereits beachtet“, erklärt der Schiffbauingenieur.

Tanken

Betankt wird die „MS Westfalen“ über Nacht an der neuen Trafostation im Hafen. Die Landstromanlage wurde vom Land NRW mit 80 % gefördert unter der Maßgabe, dass nur Ökostrom genutzt wird. In den ersten Tagen habe sich gezeigt, dass rund 65 % der Batteriekapazität für den Tagesbetrieb ausreichen, so der Betreiber.

„Aufgrund der angespannten Lage auf dem Strommarkt werden auch die Betriebskosten steigen. Wir gehen im Vergleich zum sinkenden Dieselpreis beim Einsatz von Ökostrom von deutlich höheren Kosten aus“, schätzt der Geschäftsführer ein.

Miebach will die Kostensteigerungen nach eigenen Angaben aber nicht direkt an den Kunden weiterreichen, sondern verhandele gerade mit Lieferanten. Alternativ kann er sich auch eine Investition in eine PV-Anlage am See vorstellen, um für einen geschlossenen Kreislauf aus Stromproduktion und -verbrauch via Sonnenergie zu sorgen.

Saisonbetrieb

Das Elektro-Schiff „MS Westfalen“ ist bis zum 15. Oktober täglich im Linienverkehr auf dem Biggesee unterwegs. Weitere Events wie Dinner-Fahrten sind bereits terminiert. Die „MS Westfalen“ kann auch für Betriebsfeste, private Feiern oder Tagungen angemietet werden. Regelmäßig ist der Elektro-Dampfer auch als Trauzimmer für standesamtliche Hochzeiten der Stadt Olpe im Einsatz. In der Woche wird die MS Westfalen auch als Co-Working-Space angeboten, das kreatives Arbeiten an einem idyllischen Ort ermöglicht. Weitere Infos auf https://biggesee.de/

Über die Lux-Werft

Das mittelständische Familienunternehmen, das am Hauptstandort in Monheim am Rhein auf den Bau von Fahrgastschiffen und Fähren spezialisiert ist, sieht sich in der Branche als „Vorreiter für gelebte Nachhaltigkeit im Tourismus“. Mit der MS Westfalen habe die Lux Werft „eindrucksvoll bewiesen, dass für einen umweltfreundlichen Umstieg kein Neubau erforderlich ist“, heißt es aus der Lux Werft.