„Software lebt und entwickelt sich immer weiter“

Seit 35 Jahren steht Ratiosoftware für innovative Softwarelösungen für die Bus- und Touristikbranche. Anlässlich des Jubiläums sprachen wir mit Gründer und Geschäftsführer Eugen Wiest.

„Die 35 Jahre sind wie im Flug vergangenen“ – Eugen Wiest blickt auf dreieinhalb Jahrzehnte Ratiosoftware zurück. (Foto: Ratiosoftware)
„Die 35 Jahre sind wie im Flug vergangenen“ – Eugen Wiest blickt auf dreieinhalb Jahrzehnte Ratiosoftware zurück. (Foto: Ratiosoftware)
Claus Bünnagel

Blicken wir 35 Jahre zurück, wie hat es mit Ratiosoftware begonnen?
Auf der Hochzeit eines Freunds unterhielt ich mich mit dem Busunternehmer Horst Bottenschein über die technischen Möglichkeiten, die Verwaltungsarbeit eines Busbetriebs zu professionalisieren und über die Programme, die damals auf dem Markt waren. Ich habe dann ein Jahr lang die erste Version, RatioBus entwickelt und mich am 1. April 1988 damit selbstständig gemacht. Schnell hatte ich die ersten Kunden in Österreich und Deutschland, die Software kam gut an, das Unternehmen erweiterte sich nach und nach wie auch unser Programmportfolio. Die 35 Jahre sind wie im Flug vergangen. Heute haben wir mehr als 1.000 Kunden und blicken auf eine sehr erfolgreiche Entwicklung zurück.

Was waren die Meilensteine dieser Unternehmensentwicklung?
Wir haben mit RatioBus als ganz klassische Microsoft-Anwendung begonnen, die erste Version war noch komplett ohne Grafik. Mit dem Release von Windows 3.1 brachten wir zunächst Ratiolight und später als kleine Serverlösung Ratioww auf den Markt. Ein Jahrzehnt lang war diese das Nonplusultra, wurde ständig weiter optimiert und unterstützt noch heute zahlreiche Betriebe. Parallel entwickelten wir mit TouPac eine neue Softwaregeneration, die sehr breit angelegt wurde, webbasiert ist und die Onlinebuchbarkeit in den Mittelpunkt rückt. Dieses System dominierte bei uns und unseren Kunden weitere zehn Jahre und ist nach wie vor einer unserer Schwerpunkte, wobei wir im Hintergrund seit sieben Jahren bereits an neuen Cloud-Lösungen arbeiten. Bei der Software-Entwicklung läuft viel parallel, denn wir müssen die zukünftigen technischen Möglichkeiten stets in unsere Produkte einfließen lassen. Nur so sind wir immer auf dem neuesten Stand des Machbaren und können unseren Kunden optimale Lösungen bieten.

Stichwort Kunden, für welche Betriebe entwickeln Sie hauptsächlich die Software?
Wir haben einen guten Mix an Kunden, die uns auf verschiedenste Weise fordern. Grundsätzlich entwickeln wir unsere Produkte immer in ganz enger Abstimmung mit den Wünschen und Bedürfnissen in der Praxis. Das macht unsere Software so beliebt bei den Unternehmen, weil sie zum einen Lösungen für die komplette Bandbreite an Aufgaben und möglichen Fällen bietet und zum anderen in der Handhabung einfach und intuitiv ist, so dass auch Mitarbeitende mit weniger Erfahrung sehr gut damit zurechtkommen. Zu vielen unserer Stammkunden haben wir ein sehr gutes, nahezu schon familiäres Verhältnis, das wir sehr zu schätzen wissen. Kunden wie Voyages Emile Weber oder Sales-Lentz sind Aushängeschilder für uns und haben allein durch ihre große Datenmenge spezielle Anforderungen an unsere Produkte. Genauso wichtig sind uns aber auch Betriebe mit einem, zwei oder drei Bussen, denn sie haben ebenfalls individuelle Problemstellungen, die wir lösen helfen.

Ist diese Orientierung an der Praxis der USP von Ratiosoftware?
Ja, und ein weiterer großer Vorteil von uns ist, dass wir den Spagat zwischen alter und neuer Technik schaffen. Das heißt, wir können On-Premise-, auch Inhouse-Lösungen genannt, und moderne Cloud-, also Software-as-a-Service-Lösungen, anbieten – je nachdem, welche Variante ein Unternehmen bevorzugt. Beide haben Vor- und Nachteile. Wird die Software im betriebseigenen Netzwerk installiert, haben die Nutzer ständigen Zugriff auf die Daten, auch ohne Internetverbindung. Allerdings bedeutet es höhere Kosten und mehr Investition in die Hardware. Mit den Cloud-Lösungen ist man dagegen flexibler, bereits ein Tablet genügt für die Anwendung. Man spart sich die Kosten für den eigenen Server, und die Handhabung ist nicht personalintensiv. Allerdings ist die Verfügbarkeit des Internets Voraussetzung. Fällt es aus, geht nichts.

Wenn Sie die Zeit Ihrer Gründung mit heute vergleichen, was fällt Ihnen auf?
Als Software-Unternehmen hat man ja immer mit Digitalisierung zu tun, aber damals waren es eher einfache EDV-Lösungen, die im Mittelpunkt standen. Das Ganze ist viel komplexer und vielschichtiger geworden. Es gibt so viele Faktoren in einem Betrieb, und die Daten für jeden einzelnen sind wesentlich umfangreicher geworden. Die Jungen fordern heutzutage von der Technik wesentlich mehr als frühere Generationen, das hat sich zum Besseren gewendet. Aber beispielsweise im Vergleich zur Transportbranche, die im Bereich der Digitalisierung ein Vorreiter ist, gibt es immer noch viel Potenzial für Verbesserungen.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen der nächsten Jahre?
Die Digitalisierung und die Frage, was man automatisieren kann, werden weiter an Fahrt aufnehmen. Einige Arbeitsschritte werden nach und nach vom Computer übernommen werden. Es wird spannend zu sehen, was vom System vollautomatisch erkannt und umgesetzt werden kann und wie das Zusammenspiel zwischen Technik und Mensch zukünftig aussehen wird. Wir tüfteln da auch bereits an einigen Dingen. Wobei es ganz einfache KI-Anwendungen gibt, die heute schon gang und gäbe sind, beispielsweise, wenn der Reisende zuhause eine Nachricht mit „Herzlich willkommen zurück“ erhält. Das ist für mich noch keine richtige KI. Die beginnt für mich erst, wenn der Computer mitdenkt und selbstständig etwas generiert. Im Hinblick auf den Fachkräftemangel wäre das autonome Fahren sicher eine interessante Lösung. Wir sind indirekt an einem gerade gestarteten Pilotprojekt in Bayern mit einer autonom fahrenden Buslinie beteiligt, bei der die Passagiere ihre Fahrt mittels App buchen können.

Wie feiern Sie Ihr 35-jähriges Bestehen?
Nach außen hin sichtbar wird es an unserem neuen Messestand, der auf der einen Seite die konventionellen Programme und auf der anderen Seite die neuen webbasierten und App-Anwendungen zeigt. Und dann wird das gesamte Ratiosoftware-Team auf eine dreitägige Reise gehen und zusammen feiern. Diese Betriebsausflüge haben bei uns schon Tradition, zum 20-Jährigen sind wir alle nach Berlin gefahren, zum 25. Geburtstag führte unsere Tour nach Warschau. Jeden Tag sorgen wir mit unseren Produkten dafür, dass Reiseunternehmen optimal funktionieren. Da gibt es für mich nichts Schöneres, als mich bei meinem Team mit einer Reise für die großartige Arbeit zu bedanken.