CO2-Emissionen im Verkehr: Deutschland über dem Niveau von 1990

Mit 165,5 Mio. t CO2-Äquivalenten liegen sie 2019 um knapp 1 % über dem Vorjahreswert.

Während die CO2-Emissionen in den meisten Sektoren sinken, bleiben sie beim Verkehr konstant und liegen mittlerweile sogar wieder über dem Stand von 1990. (Grafik: UBA)
Während die CO2-Emissionen in den meisten Sektoren sinken, bleiben sie beim Verkehr konstant und liegen mittlerweile sogar wieder über dem Stand von 1990. (Grafik: UBA)
Claus Bünnagel

2019 wurden in Deutschland insgesamt 809,8 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das sind rund 46 Mio. Tonnen bzw. 5,4 % weniger als 2018 und 35,1 % weniger im Vergleich zu 1990. Dies zeigen die Ergebnisse der Berechnungen, die das Umweltbundesamt (UBA) an die Europäische Kommission übermittelt hat. Am deutlichsten sind die Emissionen im Bereich Energiewirtschaft zurückgegangen. Mit 444,3 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente im Nicht-Emissionshandelsbereich (vor allem Verkehr und Gebäude) überschreitet Deutschland erneut sein Budget aus der Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision, ESD). Anders als 2016, 2017 und 2018 kann Deutschland 2019 die Überschreitung nicht durch Überschüsse aus Vorjahren ausgleichen. Ob Deutschland in der Folge zum Ausgleich Emissionsberechtigungen von anderen EU-Staaten kaufen muss, hängt von der Entwicklung im Jahr 2020 ab: Sollten die Treibhausgasemissionen im letzten Jahr in den Bereichen Verkehr und Gebäude 2020 deutlich gesunken sein, könnte das Defizit von 2019 noch ausgeglichen werden. Andernfalls müsste Deutschland Emissionsberechtigungen kaufen. Die Entscheidung darüber wird voraussichtlich 2022 fallen, wenn die finalen Emissionen für 2020 feststehen.

CO2-Sünder Verkehr

Einer der größten CO2-Sünder in Deutschland ist weiterhin der Verkehrssektor. Nach dem Rückgang 2018 sind die Treibhausgasemissionen dort wieder leicht gestiegen. Mit 165,5 Mio. t CO2-Äquivalenten liegen sie um knapp 1 % über dem Vorjahreswert und damit auch wieder oberhalb des Werts von 1990. Getrieben wird diese Entwicklung weiterhin durch den Straßenverkehr. Durch höheren Fahrzeugbestand sowie Zuwächse der Verkehrsleistung stiegen Kraftstoffabsatz und damit die Emissionen gegenüber dem Vorjahr (um 1,2 % gegenüber 2018). Effizienzverbesserungen neuer Kraftfahrzeuge konnten den Anstieg der Emissionen des Verkehrs damit nur dämpfen, nicht aber verhindern.

Fortschritte bei der Energiewirtschaft

Die Energiewirtschaft hat ihre Treibhausgasemissionen 2019 dagegen deutlich reduziert – um 49,6 Mio. Tonnen oder 16,6 %. Drei wesentliche Faktoren führten zu dieser Minderung: Ein verringerter Einsatz von emissionsintensiven Kohlekraftwerken zugunsten von Gaskraftwerken. Hier macht sich neben niedrigen Weltmarktpreisen für Gas vor allem die erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels bemerkbar, die zu höheren CO2-Preisen geführt hat. In der Folge war der Betrieb von Gaskraftwerken wieder wirtschaftlicher

2019 wurden Steinkohlekraftwerke mit insgesamt 3,5 GW Leistung stillgelegt oder in die Netzreserve überführt. Die 2019 in die Sicherheitsbereitschaft übernommenen Braunkohlekraftwerksblöcke haben ebenfalls zur Minderung beigetragen

Weiterhin ist 2019 der Beitrag der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion deutlich gestiegen. Grund dafür ist allerdings nicht in erster Linie der Bau neuer Anlagen, sondern ein besonders wind- und sonnenreiches Wetter

Gestiegener Heizölabsatz

Demgegenüber stiegen die Emissionen der Haushalte und des Sektors Gewerbe, Handel und Dienstleistungen um 7 Mio. t CO2-Äquivalente bzw. 9,4 %. Diese Steigerung ist insbesondere durch einen gestiegenen Heizölabsatz in Folge niedriger Heizölpreise bedingt.

Durch das Ende des Steinkohlebergbaus 2018 sanken die sogenannten diffusen Treibhausgasemissionen, z.B. durch die Freisetzung von Grubengas, um 1,4 Mio. t CO2-Äquivalente oder 16,4 %.

Positive Emissionsentwicklung in der Industrie

Leichte Rückgänge konnten auch im Bereich der industriellen Prozesse erreicht werden. Hier sanken die Emissionen um 3 % bzw. 1,9 Mio. t CO2-Äquivalente, vor allem durch verminderte Emissionen insbesondere in der Stahlindustrie. In der Landwirtschaft sanken die Treibhausgasemissionen ebenfalls leicht um 0,65 Mio. t auf 61,8 Mio. t CO2-Äquivalente. Hier setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort. Weiterhin wurde weniger Mineraldünger eingesetzt, und die Tierbestände nahmen ab.

Diese Trends verdeutlichen, was in den kommenden Jahren gelingen muss: Ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien ist notwendig, und in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft müssen endlich Durchbrüche zum Klimaschutz gelingen. Nur so können wir unsere ambitionierteren Klimaziele erreichen. (Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts)

Emissionen nach Treibhausgasen

Mit fast 88 % dominiert auch 2019 Kohlendioxid (CO2) die Treibhausgasemissionen – größtenteils aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Die übrigen Emissionen verteilen sich auf Methan (CH4) mit 6 % und Lachgas (N2O) mit 4,3 %, dominiert durch den Bereich der Landwirtschaft. Gegenüber 1990 sanken die Emissionen von Kohlendioxid um 32,4 %, Methan um 58,2 % und Lachgas um 45,9 %.

Fluorierte Treibhausgase (F-Gase) verursachen insgesamt nur etwa 1,7 % der Treibhausgasemissionen, haben aber zum Teil sehr hohes Treibhauspotenzial. Seit 1995 sind die fluorierten Treibhausgasemissionen um 18,2 % gesunken. Die Entwicklung der F-Gas-Gruppen verläuft weniger einheitlich: In Abhängigkeit von der Einführung neuer Technologien sowie der Verwendung dieser Stoffe als Substitute sanken die SF6- (Schwefelhexafluorid) bzw. FKW-Emissionen seit 1995 deutlich, wohingegen die H-FKW-Emissionen seitdem erheblich anstiegen. Die Emissionen des fluorierten Gases Stickstofftrifluorid (NF3) stiegen auf niedrigem Niveau seit 1995 an.

Hintergrund: Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision, ESD)

Mit den Rechtsvorschriften zur Lastenteilung wurden für die EU-Mitgliedstaaten verbindliche Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in den Zeiträumen 2013-2020 und 2021-2030 festgelegt. Diese betreffen Emissionen aus den meisten Sektoren, die nicht unter das EU-Emissionshandelssystem fallen – so die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall, aber auch Teile des Industriesektors.

Die genaue Berechnung der für die ESD relevanten Emissionen und damit auch der etwaig nötigen Zukäufe von Zertifikaten erfolgt durch die EU-Kommission. Neben Gutschriften aus Vorjahren und einem Zukauf von Zertifikaten kann eine Überschreitung auch mit möglichen Einsparungen im Jahr 2020 verrechnet werden.