Meinungsbeitrag

Tankstellennetz: Total steigt aus Benzin- und Dieselverkauf aus

In Deutschland und den Niederlanden verabschiedet sich der Energiekonzern fast vollständig vom Tankstellenmarkt. Auch in Belgien und Luxemburg fährt das Unternehmen sein Engagement beim Verkauf von Beinzin und Diesel zurück. Der Energiekonzern will sich zukünftig verstärkt auf Wasserstoff und Strom fokussieren.

Strom und Wasserstoff statt Benzin und Diesel - Totalenergies will sich so fit für die Zukunft machen. (Foto: Volvo)
Strom und Wasserstoff statt Benzin und Diesel - Totalenergies will sich so fit für die Zukunft machen. (Foto: Volvo)
Martina Weyh
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Seine Tankstellennetze in Deutschland und den Niederlanden verkauft Totalenergies an Alimentation Couche-Tard. In Belgien und Luxemburg übernimmt der der kanadische Betreiber sogenannter Nachbarschaftsläden (Convenience Stores) mit einem 60-Prozent-Anteil die Mehrheit.

In Deutschland sind 1.198 Tankstellen betroffen, in den Niederlanden 392. Dennoch habe man in beiden Ländern keine marktführende Stellung, erklärt Totalenergies. Deshalb sei hier das Know-how des Spezialisten für Convenience Stores wesentlich. Statt auf den Verkauf von Benzin und Diesel will sich der Energiekonzern in den beiden mitteleuropäischen Märkten auf die Entwicklung der neuen Mobilitätsformen konzentrieren. Expliziert nennt er Strom und Wasserstoff.

In Belgien und Luxemburg wollen Totalenergies und Couche-Tard ein Joint-Venture gründen, an dem der Energiekonzern 40 Prozent halten wird. Dieses Gemeinschaftsunternehmen wird die 619 Tankstellen in den beiden Ländern betreiben. Gegen den kompletten Ausstieg aus dem Tankstellennetz entschied sich der Konzern, weil er sich in beiden Ländern als marktführend sieht. Die Partnerschaft mit Couche-Tard mache es nun möglich, die Transformation beider Netze zu beschleunigen und gleichzeitig die Non-Fuel-Umsätze auf ein Höchstmaß zu steigern.

In allen vier Ländern werden die Tankstellennetze werden unter der Marke Totalenergies bleiben – zumindest so lange wie sie von Totalenergies mit Kraftstoffen versorgt werden. Für mindestens fünf Jahre soll dies der Fall bleiben. Die Versorgung wird insbesondere durch die Raffinerien des Unternehmens in Antwerpen, Belgien, und in dem deutschen Leuna sichergestellt.

Die geplante Transaktion, die auf einem Unternehmenswert von 3,1 Milliarden Euro basiert, umfasst die Tankstellennetze und das Tankkartengeschäft für Geschäftskunden. Totalenergies behält die Ladestationen außerhalb der Tankstellen, den Wasserstoffvertrieb, den Großhandel mit Kraftstoffen und das AS24-Tankstellennetz für Lkw.

Die Transaktion wurde mit Blick auf das Netto-Null-Ziel von Europa und Totalenergies beschlossen. Mit dem Green Deal und dem entsprechenden Richtlinienpaket „Fit for 55“ konkretisiert die Europäische Union ihr ehrgeiziges Ziel, der erste kohlendioxidneutrale Kontinent zu werden. In diesem Rahmen beschloss das Europäische Parlament, dass ab 2035 ausschließlich kohlendioxidneutrale Autos und keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden dürfen. Diese weitreichenden Beschlüsse veranlassten Totalenergies, Entscheidungen bezüglich seiner Tankstellennetze in Europa zu treffen, die aufgrund des sinkenden Kraftstoffvertriebs Umsatzeinbußen verzeichnen. Einer der Gründe hierfür ist, dass Elektroautos eher zu Hause oder im Unternehmen aufgeladen werden, nicht an den Ladestationen der Tankstellen.

Die Transaktion erfolgt im Rahmen der Transformation von Totalenergies in ein Multi-Energie-Unternehmen und entspricht dem Ziel, bis 2050 CO2-Neutralität zu erreichen. Insbesondere will Totalenergies den Verkauf von Erdölprodukten bis 2030 um 30 Prozent senken, um nicht mehr Kraftstoffe zu verkaufen und zu produzieren als das Unternehmen Erdöl fördert.

Seit 2015 hat sich Totalenergies bereits von seinen Tankstellennetzen in Italien, der Schweiz und Großbritannien getrennt.

Im Gegenzug will man sich im Bereich neuer Mobilitätsformen offensiv zu entwickeln. Im Strombereich beschleunigt das Unternehmen den Ausbau der Ladestationen an den Hauptverkehrsadern und in den Großstädten Europas. Im Wasserstoffsektor baut das Unternehmen zusammen mit Air Liquide ein europäisches Wasserstoffnetz für Lkw auf.

Die geplante Transaktion unterliegt den üblichen Bedingungen, vor allem der Konsultation der Arbeitnehmervertretung und der Genehmigung der zuständigen Kartellbehörden. Ziel ist es, die Transaktion vor Ende 2023 abzuschließen.