„Dem bayerischen Verkehrsgewerbe droht wirtschaftlicher Ruin“

LBO fordert steuerliche Entlastung und Wiederaufstockung der staatlichen Finanzhilfen für den ÖPNV

Askin Bulut

Der Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO) fordert von Bund und Land den umweltfreundlichen Busverkehr steuerlich zu entlasten und für den preisregulierten Nah- und Schülerverkehr wieder ausreichende Ausgleichs- und Finanzierungshilfen sicher zu stellen.

In einer Pressemitteilung machte der Landesverband deutlich, dass der explosionsartige Anstieg der Kraftstoffpreise die Omnibusunternehmen in Bayern in ernsthafte Existenznöte gebracht habe. Viele würden von der schwersten Krise seit Bestehen der Bundesrepublik sprechen. Allein in den letzten 24 Monaten sei der Dieselpreis um über 30 Prozent gestiegen. Dies sei für die überwiegend mittelständischen, familiengeführten Busunternehmen in Bayern Existenz gefährdend. Im Gegensatz zur Energiewirtschaft könnten Verkehrsunternehmen die extremen Mehrkosten nicht ohne weiteres an den Kunden oder Auftraggeber weitergeben. Zudem habe der jahrelange Wettbewerbs- und Kostendruck die finanzielle Substanz vieler Busbetriebe ausgehöhlt, erklärte der Landesverband.

Die 1.200 Omnibusunternehmen in Bayern sind überwiegend mittelständische, familiengeführte Betriebe. Zusammen beschäftigen sie rund 25.000 Mitarbeiter und befördern mit rund 14.000 Bussen täglich zwei Millionen Fahrgäste im Reise-, Schüler- und Nahverkehr. Die jährliche Tankrechnung eines durchschnittlichen Busbetriebs mit zehn Fahrzeugen und einer Jahreskilometerleistung von 70.000 Kilometern pro Bus falle nach Angaben von LBO inzwischen um fast 60.000 Euro höher aus als noch vor zwei Jahren. Während ein Liter Diesel im Januar 2010 noch für 0,90 Euro zu haben war, beträgt dieser heute im Großeinkauf über 1,18 Euro. Die Kraftstoffkosten machen inzwischen bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten eines Busbetriebs aus. Für die privaten mittelständischen Omnibusunternehmen sei diese Entwicklung verheerend, denn sie „können die extremen Mehrkosten inzwischen nicht mehr auffangen und auch nicht ohne weiteres an den Fahrgast bzw. Auftraggeber weitergeben“, so der Verband weiter.

60Prozent des Umsatzes der bayerischen Busbetriebe würden im preisregulierten Schüler- und Nahverkehr erwirtschaftet. Hier seien die Unternehmen für die Laufzeit ihrer Verträge an Preise gebunden und von staatlichen Ausgleichsleistungen und Finanzhilfen abhängig. Die staatlichen Finanzierungsgrundlagen für den ÖPNV mit Bussen seien in den letzten Jahren jedoch sukzessive gekürzt worden. Betroffen habe dies die Abgeltungszahlungen für die kostenlose Beförderung Schwerbehinderter ebenso wie die Ausgleichsleistungen für sozialverträgliche Tarife im Ausbildungsverkehr. Auch bei den ÖPNV-Zuweisungen und der Ökosteuer-Rückerstattung würde der Rotstift angesetzt. Aber auch im Reiseverkehr würden sich die Omnibusunternehmen im Wettbewerb mit Billigfliegern und subventionierten Bahnangeboten schwer tun, die gestiegenen Kraftstoffpreise an ihre Kunden weiterzugeben.

Während der Flugverkehr zu 100 Prozent von der Öko- und Mineralölsteuer befreit sei und der Schienenverkehr von staatlicher Hilfe in Milliardenhöhe profitiere, unterliege der umweltfreundliche Reisebusverkehr der vollen Besteuerung, betonte der LBO.

Darüber hinaus würden immer mehr beschränkende und kostentreibende Vorschriften die finanzielle Leistungskraft der Verkehrsunternehmen belasten. Hierzu gehörten die verschärften Lenk- und Ruhezeitenregelungen für das Fahrpersonal, das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz sowie die zahlreichen Fahrverbote in Umweltzonen.

Der jahrelange staatliche Sparkurs im Nahverkehr und die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen und Restriktionen im Reiseverkehr hätten nach LBO-Angaben die finanzielle Leistungskraft der Omnibusbetriebe aufgezehrt. Der Landesverband befürchte daher, dass viele Betriebe den nun entstandenen zusätzlichen Kostendruck aufgrund der Dieselpreisexplosion nicht mehr lange durchhalten. Allein in den letzten fünf Jahren seien in Bayern über 100 mittelständische Betriebe aus dem Markt ausgeschieden. Wenn der Dieselpreis auf diesem hohen Niveau bleibt oder gar weiter steigt, rechnet der Omnibusverband bis zum Jahresende mit weiteren Betriebsaufgaben. Dies gehe nicht nur zu Lasten der Beschäftigten – insgesamt stehen 25.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel – sondern auch zu Lasten der Fahrgäste, die mit einer deutlichen Verteuerung bzw. Verschlechterung des Personenbeförderungsangebots rechnen müssten. Die Folgen würde vor allem der ländliche Raum zu spüren bekommen. Dort ist es der Busverkehr, der es als Rückgrat des ÖPNV erst ermöglicht, für die gesamte Bevölkerung ein Grundangebot an Beförderungsleistungen anzubieten. Zur Sicherstellung der freien Schul- und Arbeitsplatzwahl und somit zur Herstellung gleicher Bildungschancen in Stadt und Land ist der öffentliche Personenverkehr mit Omnibussen unverzichtbar. „Um den wirtschaftlichen Ruin kleiner und mittelständischer Verkehrsunternehmen und den Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen zu verhindern, sind kurzfristige politische Maßnahmen dringend erforderlich“, mahnt LBO-Präsident Heino Brodschelm. „Alleine schon aus klimapolitischen Gründen ist es notwendig, den umweltfreundlichen Busverkehr von der Ökosteuer zu entlasten“, so Brodschelm weiter. Gleichzeitig müssten die Finanzierungsgrundlagen für den ÖPNV mit Bussen wieder aufgestockt werden.

Konkret fordert der LBO die Wiedereinführung der 1983 abgeschafften Gasölbetriebsbeihilfe (Befreiung von der Mineralölsteuer) für den Linienbusverkehr sowie eine Rücknahme der Kürzungen der gesetzlichen Ausgleichsansprüche für den Ausbildungs- und Schwerbehindertenverkehr nach dem Haushaltbegleitgesetz 2004. Zudem müssten die öffentlichen Auftraggeber die „exorbitante“ Dieselpreissteigerung zum Anlass nehmen, die vertraglichen Vergütungssätze unverzüglich anzupassen. Erst kürzlich habe sich LBO-Angaben zufolge der größte Verkehrsverbund in Bayern, VGN Nürnberg, gezwungen gesehen, auf die zwischenzeitlich prekäre Situation der Busunternehmen hinzuweisen. Nicht nur die klimapolitischen Ziele der Bundes- und Landesregierung würden nach einer Entlastung und Förderung des umweltfreundlichen Busverkehrs verlangen. Neben dem Klimaaspekt trage die Politik auch die Verantwortung, die Funktionsfähigkeit des wichtigsten Verkehrsträgers zu gewährleisten, so der LBO weiter.

Die Mobilität weiter Teile der Bevölkerung müsse auch in Zukunft in Stadt und Land sichergestellt werden und zudem bezahlbar bleiben. Der LBO geht davon aus, dass sich die angespannte Lage schon in den nächsten Wochen in Streiks und Demonstrationen entladen könnte, wenn die Politik nicht bald auf die Existenzgefährdung der mittelständischen Betriebe und ihrer Mitarbeiter reagiert. Im Kampf ums Überleben würde der Ruf nach öffentlichen Protestmaßnahmen täglich lauter. Der LBO fordert die Bundes- und Landesregierung daher auf, schnellstmöglich geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Existenzkrise der privaten mittelständischen Verkehrswirtschaft abzuwenden.