Forscher der Leopoldina weisen Wege aus der Corona-Krise

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle hat konkrete Ideen für den Wiedereinstieg ins normale Leben nach Corona formuliert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Studie der Leopoldina als „sehr wichtig“ für das weitere Vorgehen bezeichnet. (Foto: Leopoldina/Markus Scholz)
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Studie der Leopoldina als „sehr wichtig“ für das weitere Vorgehen bezeichnet. (Foto: Leopoldina/Markus Scholz)
Martina Weyh

Die Leopoldina in Halle befasst sich unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen mit wichtigen gesellschaftlichen Zukunftsthemen aus wissenschaftlicher Sicht und vermittelt ihre Ergebnisse Politik und Öffentlichkeit auf nationalem wie internationalem Feld.

Die Forscher in Halle haben sich mit möglichen Ausstiegsszenarien in Corona-Zeiten beschäftigt. Sie beschreiben die psychologischen, sozialen, rechtlichen, pädagogischen und wirtschaftlichen Aspekte der Pandemie und benennen Strategien, die aus ihrer Sicht zu einer schrittweisen Rückkehr in die gesellschaftliche Normalität beitragen könnten.

In ihrer dritten Ad-hoc-Stellungnahme zur COVID-19-Pandemie „Die Krise nachhaltig überwinden“ empfehlen die Experten unter anderem eine Maskenpflicht in Bus und Bahn und sprechen sich dafür aus, baldmöglichst die Schulen wieder zu öffnen.

Auch viele weitere Bereiche des öffentlichen Lebens, wie Einzelhandel, Gastgewerbe und Behörden, könnten unter bestimmten Voraussetzungen wieder normalisiert werden, so die Forscher in ihrer 19-seitigen Stellungnahme.

Zu diesen Grundbedingungen gehören nach ihrem Dafürhalten, dass sich die Neuinfektionen „auf einem niedrigen Niveau“ stabilisieren, die notwendige Reservekapazitäten in Kliniken aufgebaut und die Versorgung anderer Patienten wieder regulär aufgenommen werden. Darüber hinaus sei es unabdingbar, den gegenseitig empfohlenen Abstand und die Hygieneregeln weiter einzuhalten.

Wenn die Voraussetzungen erfüllt seien, könnten auch private und dienstliche Reisen sowie gesellschaftliche, kulturelle und sportliche Veranstaltungen wieder stattfinden, sagen die Forscher.

Nur im „äußersten Notfall“ plädieren die Leopoldina-Experten für stattliche Beteiligungen, um Unternehmen zu stabilisieren. Angesichts der Pandemie sei in höchstem Maße ein europäisch-solidarisches Handeln gefordert. Die Forscher empfehlen an der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung und an der Schuldenbremse im Rahmen ihrer derzeit geltenden Regeln festzuhalten. Dies erlaube gerade in so besonderen Zeiten eine deutlich höhere Verschuldung, verlange aber bei der Rückkehr zur Normalität wieder deren Rückführung, so die Expertise.

Politische Maßnahmen sollten sich auf nationaler wie internationaler Ebene an den Prinzipen von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit, Zukunftsverträglichkeit und Resilienzgewinnung orientieren. Maßnahmen, die bereits vor der Coronavirus-Krise auf einer breiten wissenschaftlichen Evidenz und einem politisch-gesellschaftlichen Konsens beruhten, dürften nicht abgeschwächt, sondern müssen weiterhin mit hoher Priorität umgesetzt oder sogar verstärkt werden. Wirtschaftliche Konjunkturprogramme sollten grundsätzlich mit den Zielen des europäischen „Green Deals“ vereinbar sein, führt die Studie aus.