Volvo-Doppeldecker: Kunden können Länge selbst bestimmen - 17 Neuzulassungen in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden: Villa Kunterbunt
Es ist ein bisschen wie bei Pippi Langstrumpf: Wir machen uns die Welt, widdewidde wie sie uns gefällt. Während man normalerweise Omnibusse nur in fest vorgegebenen Längen bekommt, kann der Kunde des neuen Volvo-Doppeldeckers bei den Schweden die Länge selbst bestimmen, alles zwischen 13 und 14,8 m ist möglich.
Der Markt liegt in Westeuropa seit Jahren unter der magischen Zahl von 500 neu zugelassenen Reisebusdoppeldeckern. Im letzten Jahr waren es 467, davon ganze 17 in den Absatzgebieten, in denen der neue Volvo erhältlich ist: Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. Der nordische Markt, wie er bei Volvo Bus bezeichnet wird, verlangte nach einem ganz besonderen Doppeldecker, den der Markt bisher noch nicht anbot: viele Sitzplätze und ausreichend Stehhöhe im Unter- und Oberdeck, so die einhellige Meinung schwedischer Busunternehmer.
Volvos Plattformstrategie
Håkan Agnevall, Präsident der Volvo Bus Corporation, kündigte vor zwei Jahren bei der Vorstellung der 9000er-Baureihe die Plattformstrategie an. Zum Start gab es damals einen multifunktionalen Kombibus und einen luxuriösen Reisebus. Dank modularer Konzeption der neuen Baureihe war es kein Problem, innerhalb von nur zwei Jahren auch noch einen Doppeldecker auf die Räder zu stellen.
Die weltweit gut vernetzten Ingenieure der Produktionsstandorte in Brasilien, Mexiko und Schweden arbeiteten gemeinsam am Doppeldecker, die Ingenieure von Carrus Delta waren von Anfang an mit eingebunden. Nicht nur mit der maximalen Kapazität von 96 Sitzplätzen schlägt der 9700 DD die Fahrzeuge des Wettbewerbs, sondern auch in der Höhe: 425 cm! Spätestens jetzt ist klar, dass der neue Doppeldecker speziell nur für die nordischen Länder entwickelt wurde.
Der 9700 DD wird immer als individualisierter Kundenauftrag bei Carrus Delta in Finnland gebaut. Früher Teil der Volvo Bus Corporation und heute eigenständig, aber mit enger Bindung zu den Schweden, entstehen im finnischen Lieto nicht nur Reisebusse der Marke Volvo für nordische Kunden, sondern auch besondere Auf- und Ausbauten. Das Expressbusgeschäft in Schweden ist ein ganz Besonderes, denn neben den Shuttleverkehren in die Metropolen werden auch entlegene Orte im ganzen Land angefahren. Und immer gilt: Es muss nicht nur Sitzplätze an Bord geben, sondern auch Gepäckraum.
Fast 8 m3 Stauraum
Der neue Doppeldecker bietet 6 bis fast 8 m3 Stauraum, jeweils in Abhängigkeit der Fahrzeuglänge. Dazu kommen noch die Gepäckablagen im Fahrgastraum. Hier sind es bis zu 3 m3, die die Fächer, die wie im Flugzeug hinter Klappen verborgen sind, aufnehmen.
Um das ganze Potential des 9700 DD zu zeigen, hatte die Volvo Bus Corporation für die Vorstellung heimische Busunternehmer und Verkehrsbetriebe nach Göteborg geladen. Der Ort für die Premiere ist mit Bedacht gewählt, denn im Großraum der zweitgrößten Stadt Schwedens setzen immer mehr Pendler auf den Bus. Auf eigenen Fahrspuren kommen die Expressbusse in der langgezogenen Hafenstadt entlang des Göta Älv deutlich schneller ans Ziel.
Und das geht zukünftig noch bequemer, zumindest, wenn man auf Volvos neuen Doppeldecker setzt: Die hauseigenen Sitze mit hohem Rücken versprechen eine angenehme Fahrt, man fühlt sich gut aufgenommen – man versinkt, ohne den Halt zu verlieren. Serienmäßig sind Volvos hauseigene Sitze verbaut. Wünscht der Kunde etwas Anderes, so wird auch ein Fremdfabrikat verbaut. Beste Aussichten auch für den Busfahrer: Der Fahrerplatz soll nach Aussagen der Schweden der größte sein, den es in einem Doppeldecker gibt. Dazu ein Kamera-Monitor-System statt konventioneller Spiegel, zusammen mit der Bird-View-Funktion hat der Fahrer alles im Blick.
OMNIplus Servicestützpunkte für eBusse – in ganz Europa
Südosteuropa voll im Trend – längere Rundreisen sind gefragt
Der 9700 DD fährt mit extrabreiten Türen vor, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern. Hinter der vorderen Tür führt eine Treppe über den rechten Radkasten ins Oberdeck, Handläufe schmeicheln nicht nur wegen der gelungenen Anmutung der Oberflächen, sondern auch wegen der scheinbar allgegenwärtigen Verfügbarkeit: Überall da, wo die Hand zugreifen möchte, ist irgendwie schon der Handlauf da.
Auch mit der Kneelingfunktion kommt der Bus dem Fahrgast entgegen. Mit ihr kann wahlweise nur vorne rechts oder die ganze rechte Seite absenkt werden. Wie durchdacht das Konzept des Doppeldeckers ist, zeigt sich an Details wie einem Heizkörper, der sich im unmittelbaren Türbereich des vorderen Einstiegs befindet. Dass der Bus aus rostfreiem Stahl mit glasfaserverstärkter Front- und Heckmaske gefertigt wird, ist mit Blick auf das Einsatzgebiet selbsterklärend – ebenso die Tatsache, dass der Rahmen und der Boden entsprechend Korrosionsschutz erhalten. Im Unterdeck gibt es zudem ein Podest auf der linken und einen niederflurigen Boden auf der rechten Seite – so ist auch ein Platz für Rollstühle sowie mobilitätseingeschränkte Fahrgäste ohne Probleme darstellbar.
Who-is-who der Sicherheitstechnik
Für entsprechende Sicherheit und eine bessere Übersicht sitzt der Fahrer im neuen Doppeldecker erhöht und weiß gleich mehrere aktive Sicherheitssysteme wie elektronisch gesteuerte Bremsen und ESP an Bord. Der Rest der Ausstattung liest sich wie das Who-is-who der Sicherheitstechnik: EBS mit ABS und ASR sind typisch nicht nur für Volvos Busse. Sicher ist sicher, deshalb gibt es auch einen Spurhalteassistenten und einen Kollisionswarner mit Notbremsung. Als Antrieb verbauen die Schweden ihren D11K-Motor mit 339 kW/460 PS, was für 2.200 Nm Kraftentfaltung sorgt. Der Motor kann wahlweise mit konventionellem Diesel oder auch Biodiesel sowie mit Pflanzenöl betrieben werden. Für die Kraftübertragung ist das hauseigene Getriebe verbaut, das Volvo I-Shift AT2412F.
Die Schweden setzen beim neuen Doppeldecker aber auch auf Bewährtes: Zahlreiche Bauteile der Baureihe 9900 kommen zum Einsatz, darunter beispielsweise nicht nur Bug- und Heckschürzen, sondern auch zum Teil die Seitenscheiben. Wer genau hinsieht, der erkennt, wie pfiffig die Lackierung gewählt wurde, um einem hochgewachsenen und langen Doppeldecker doch eine gewisse Dynamik auch im Stand mit auf den Weg zu geben. Diese Villa Kunterbunt würde auch Pippi Langstrumpf gefallen. ■
Rüdiger Schreiber
INTERVIEW: Fünf Fragen an ...
… Pernilla Johansson, Produktmanagerin des 9700 DD
Was war für Sie die größte Herausforderung beim 9700 DD?
Wir wissen, dass wir einen sehr guten Doppeldecker haben, der mit seinem modernen und exklusiven Design für viele Kunden attraktiv ist. Es war uns wichtig, ihm alle Sicherheitsmerkmale der neuen Baureihe mit auf den Weg zu geben.
Auf welche Leistung sind Sie am meisten stolz?
Einen sehr guten und geräumigen Fahrerplatz geschaffen zu haben, der in diesem Segment einzigartig und unübertroffen ist.
Angebot und Nachfrage: Was antworten Sie westeuropäischen Kunden, wenn sie nach dem neuen Doppeldecker fragen?
Das ist ein Doppeldecker für den nordeuropäischen Markt.
Wie viele 9700 DD werden 2020 gebaut, wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Dies hängt ganz von den Aufträgen unserer Kunden ab. Wir lassen den Doppeldecker mit Blick auf die Länge und Ausstattung immer individualisiert nach den Vorgaben der Kunden bauen.
Bitte beschreiben Sie den neuen Doppeldecker mit nur drei Worten!
Fahrkomfort, Fahrgastfreundlichkeit und Sparsamkeit.
◂ Heft-Navigation ▸
Omnibusse , Bus- und Touristik-Newsletter , Omnibus-Technik, bdo – Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer , Omnibus-Tests , RDA – Internationaler Bustouristik Verband , Paketreiseveranstalter , Weiterbildung , Bus2Bus , Verkehrspolitik , Fernbuslinienverkehr , Stadtbusse (wie Gelenk-, Niederflur- & Solobusse), Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz BKrFQG) , Kleinbusse (wie Mini- & Midibusse) , Personal, Gehälter, Arbeitsschutz , Wirtschaftsnachrichten , ÖPNV , Omnibus-Fuhrpark & Betriebshof , Busworld Europe , Omnibusbeschaffung (Leasing, Miete, Kauf) , Elektromobilität, Reisebusse (wie Doppeldecker- & Luxusbusse) , Omnibusreifen , Hybrid, Diesel, Erdgas , Busmagazin