Forschungsprojekt Suveren: BMBF fördert Brandschutz von Lithium-Ionen-Batterien durch Fogtec GmbH: … und es hat Zoom gemacht

Frei nach Klaus Lage kann man davon ausgehen, dass es nicht nur in Liebesdingen zu heißen Entflammungen kommen kann, sondern auch beim Einsatz von Lithium-Ionen-Traktionsbatterien. Ein aktuelles deutsches Forschungsprojekt liefert neue Erkenntnisse.

Bei Batteriebränden von Bussen kann es aufgrund der großen mitgeführten Akkukapazität zu enormer Hitze- und Brandentwicklung kommen. Bild: Adobe Stock / DREAM DOCK B. Hennig
Bei Batteriebränden von Bussen kann es aufgrund der großen mitgeführten Akkukapazität zu enormer Hitze- und Brandentwicklung kommen. Bild: Adobe Stock / DREAM DOCK B. Hennig
Redaktion (allg.)
BRANDSCHUTZ

Wenig bekannt ist bislang über die Risiken, die von einem Fahrzeug mit Lithium-Ionen-Batterien an Bord im Falle eines Brands ausgehen. Das deutsche Forschungsprojekt Suveren, das vom BMBF gefördert wird (Förderkennzeichen: 13N14393) und in dem die Fogtec Brandschutz GmbH einer von drei Konsortialpartnern ist, versucht, offene Fragen rund um das Thema Brandschutz von Batterien zu beantworten.

In zahlreichen Brandversuchen im Realmaßstab – durchgeführt vom Institut für angewandte Brandschutzforschung (IFAB GmbH) – wurden Lithium-Ionen-Batterien verschiedener Typen sowie handelsübliche Detektionssysteme und diverse Möglichkeiten von Brandbekämpfungstechnologien getestet. Eine Auswahl der gewonnenen Erkenntnisse soll im Folgenden beschrieben werden.

Der Brand einer Batterie wird als sogenanntes thermisches Durchgehen bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine exotherme Reaktion, bei der die im Akku gespeicherte elektrische Energie freigesetzt wird. Ein solches Durchgehen kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Dazu gehören mechanische (Verformung oder Penetration), elektrische (Überladung oder interner Kurzschluss) und thermische (externe Überhitzung) Beschädigungen.

Entstehung des Brandes

Infolge einer Beschädigung des Akkus steigt die Temperatur im Inneren der Zelle. Dieser Temperaturanstieg führt zur Verdampfung des Elektrolyten, was den Druck in der Zelle drastisch ansteigen lässt. Wird er zu groß, öffnen die Druckentlastungsventile der einzelnen Zellen und Gase entweichen in Jets in die Umgebung. Auch wenn sich die entweichenden Gase nicht in jedem Fall entzünden, ist dieser Vorgang mit der Freisetzung großer Mengen Rauch und Wärme verbunden, wodurch die Temperatur in benachbarten Zellen steigt und diese wiederum selbst dem beschriebenen Vorgang unterliegen. Es kommt zu einer Kettenreaktion, die ohne Eingriff von außen zum Durchgehen aller verbauten Batteriezellen führt.

Für die im Rahmen von Suveren durchgeführten Brandversuche standen verschiedene Batterietypen zur Verfügung, u.a. solche mit zylindrischen Zellen und einem Gesamtenergieinhalt von 40 kWh sowie Batterien mit prismatischen Zellen mit einem Gesamtenergieinhalt von 30 kWh. Je nach Versuch ist der Energieinhalt der getesteten Batterie durch die Entnahme einzelner Module verringert worden.

In einer ersten Brandversuchsreihe wurden die verschiedenen Akkutypen jeweils auf ihr spezifisches Brandverhalten hin untersucht. Um die Einflussmöglichkeiten auf den Brandverlauf der jeweiligen Lithium-Ionen-Batterie vergleichen zu können, wurden im Rahmen einer zweiten Brandversuchsserie folgende Brandbekämpfungsmittel mit einer Batterie des immer gleichen Typs getestet: Sprinkler, Hoch- und Niederdruckwassernebel, F-500 EA (flüssiges Multifunktionslöschmittel), Schaum, Stickstoff, Kohlendioxid, Aerosol und Novec.

Da die Brandbekämpfung zunächst eine erfolgreiche Detektion voraussetzt, sind darüber hinaus verschiedene konventionelle Detektionssysteme untersucht worden. Dazu gehörten punkt- sowie linienförmige Rauch-, Wärme- und Ionisationsmelder sowie eine Cloud Chamber und ein Rauchansaugsystem.

Die aufgezeichneten Versuchsdaten, auf Basis derer die spätere Bewertung stattfinden soll, umfassten Oberflächen- und Gastemperaturen, Massenverlauf der Brandlast mithilfe einer Abbrandwaage, Geschwindigkeiten im Abluftkanal (erste Versuchsreihe), Gaskonzentrationen mithilfe von Einzel- und Multigassensoren (FTIR), Analyse des aufgefangenen Löschwassers und optische sowie IR-Videos.

Das thermische Durchgehen der Batterien wurde sowohl mithilfe mechanischer Penetration einer einzelnen Zelle durch eine Bohrmaschine als auch durch Überladung provoziert. Die Auswertung aller Daten dauert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch an, jedoch können für einige Versuche bereits erste Erkenntnisse beschrieben werden. Noch für das laufende Jahr ist die Veröffentlichung eines Leitfadens geplant, der auf Basis der Ergebnisse aus beiden Versuchsreihen Planern und Betreibern insbesondere von Betriebshöfen Hinweise zum Umgang mit Bränden von Batterien geben soll.

Unterschiedliche Reaktionsabläufe

Allgemeine Beobachtungen aus den Brandversuchen zeigen, dass der Zelltyp erheblichen Einfluss auf den Verlauf des thermischen Durchgehens hat. Während die zylindrischen Zellen sehr rasch und abrupt reagierten, verlief das Durchgehen der prismatischen Zellen zwar deutlich langsamer und geordneter, jedoch waren die Mengen freigesetzter Gase größer. Die aus den Zellen emittierten Gase traten in Strahlflammen aus, deren Dauer und Länge im Fall der zylindrischen geringer war als bei den prismatischen Zellen. Es konnte außerdem festgestellt werden, dass sich die freiwerdenden Gase nicht in jedem Fall entzünden. Davon unabhängig war die freigesetzte Energie jedoch stets hoch genug, um das thermische Durchgehen weiterer Zellen auszulösen.

Toxisch & korrosiv

Die aus der Batterie entweichenden Gase sind zu großen Anteilen stark toxisch und/oder korrosiv. Insbesondere Flusssäure stellt ein Risiko für die Personensicherheit dar, da es bereits in geringen Mengen gesundheitsgefährdend wirkt. In den im Rahmen von Suveren durchgeführten Brandversuchen sind beispielsweise für Flusssäure (HF), Salzsäure (HCl) und Blausäure (HCN) Konzentrationen gemessen worden, die deutlich über den Grenzwerten für die Sicherheit von Personen ohne Schutzausrüstung liegen. Jedoch kann zum aktuellen Stand der Erkenntnisse angenommen werden, dass eine Evakuierung des betroffenen Bereichs bereits vorher abgeschlossen sein wird. Darüber hinaus ist aktuell noch zu prüfen, inwieweit die Schadstoffe, die aus der Batterie freigesetzt werden, die Auswirkungen eines Elektrobusbrands im Vergleich zu solchen mit konventionellen Antrieben verschlechtern. Da neue Busse eine erhebliche Menge von Kunststoffteilen an Bord haben, werden im Brandfall eines entsprechenden Fahrzeugs ohnehin große Mengen an toxischen und korrosiven Substanzen freigesetzt.

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Davon unabhängig ist jedoch, dass sich der Verlauf eines Batteriebrands von dem konventioneller Energieträger wie Benzin oder Diesel unterscheidet. Je nach verbautem Zelltyp in der Batterie betrug die Dauer der Wärmefreisetzung der in Suveren getesteten Batterien zwischen zehn (für die zylindrischen Zellen) und 80 Minuten (im Fall der prismatischen Zellen). Darüber hinaus steigen Temperaturen und Wärmefreisetzungsrate sehr schnell an, sobald sich die Kettenreaktion des thermischen Durchgehens über einige Zellen hinweg ausgebreitet hat. Auch die Einbausituation der Batterie im Fahrzeug beeinflusst die Brandausbreitung, da sich heiße Gase unter einer möglichen Abdeckung stauen.

Rückzündungsgefahr

Hinzu kommt, dass bei einem Batteriebrand ein hohes Risiko einer Rückzündung besteht, solange noch nichtreagierte Zellen in der Batterie verbleiben. Eine solche Rückzündung kann wenige Minuten bis hin zu mehreren Tagen nach einer oberflächlichen Löschung auftreten. Bei den in Suveren getesteten Batterien trat eine Rückzündung ca. zwei Wochen nach einem Brandversuch auf und bestätigte damit ähnliche Fälle, in denen verunfallte Elektrofahrzeuge nach der Bergung erneut Feuer fingen.

Erste qualitative Bewertungen aus den Versuchen mit den verschiedenen Löschmitteln legen nahe, dass sich die Verwendung von Schaum zum Bekämpfen von Bränden mit Lithium-Ionen-Batterien am wenigsten eignet. Grundsätzlich scheinen wasserbasierte Löschmittel verschiedene Vorteile zu vereinen, die sie für eine bevorzugte Verwendung empfehlen. Eine Systemauslegung muss dennoch an den Einzelfall angepasst werden; eine generelle Aussage kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden.

Die Versuchsergebnisse zeigen, dass das Unterbrechen des thermischen Durchgehens einer Lithium-Ionen-Batterie möglich ist, sofern das Löschmittel direkt auf die Zellen und nicht deren Einhausung (Batterie oder Modul) wirken kann. Wie bereits beschrieben, beeinflusst die Einbausituation der Batterie nicht nur den Brandverlauf, sondern auch die Einflussmöglichkeiten auf den Brand erheblich. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf bzw. müssen gegebenenfalls Wege gefunden werden, das Löschmittel direkt auf die Batterie aufbringen zu können.

Es sei daher ausdrücklich davor gewarnt, Versuchsergebnisse mit „offenen“ Batterien auf solche mit geschlossenen Batterien oder Modulen zu übertragen. Die Recherche zum Stand der Technik hat ergeben, dass insbesondere von Herstellerseite oftmals diese beiden Szenarien gleichgesetzt werden. Dies halten die Autoren für gefährlich.

Zusammenfassend zeigen die beschriebenen Sachverhalte, dass der vermehrte Einsatz neuer Energieträger (insbesondere Lithium-Ionen-Batterien) neuartige Risiken birgt und veränderte Anforderungen an den Brandschutz stellt. Dennoch kann zum aktuellen Stand der Forschung angenommen werden, dass diese Risiken durch entsprechende Vorkehrungen und Hinweise im Umgang mit solchen Bränden beherrschbar gestaltet werden können. ■

Marie Kutschenreuter/CB

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Seite 32 bis 34 | Rubrik Technik