Busführerschein-Verlängerung: 5 Weiterbildungsmodule seit 2006 Pflicht - 10. September 2014 Stichtag: Bundesligareifes Training

Zu einem nicht alltäglichen Training hatten MAN und seine Fortbildungstochter Profi Drive in das ADAC-Fahrsicherheitszentrum im brandenburgischen Linthe geladen: Gemeinsam mit Chauffeuren verschiedener Mannschaftsbusse und ihren Omnibussen konnten wir an einem Fahrsicherheitslehrgang teilnehmen.

V.l.n.r.: der Bus des FC Bayern München Basketball sowie die Fahrzeuge der Fußballteams von FC Augsburg, FC Bayern München, VfL Wolfsburg und FC Basel 1893 Foto: Kirsten Krämer
V.l.n.r.: der Bus des FC Bayern München Basketball sowie die Fahrzeuge der Fußballteams von FC Augsburg, FC Bayern München, VfL Wolfsburg und FC Basel 1893 Foto: Kirsten Krämer
Redaktion (allg.)
WEITERBILDUNG

Alle fünf Jahre steht die Verlängerung des Busführerscheins an. Spätestens, wenn es gegen Ende der Frist geht, werden manche Berufskraftfahrer unruhig: „Ist es schon wieder soweit? Da war doch die Sache mit den fünf Weiterbildungsmodulen.“ Seit Oktober 2006 müssen diese per Bescheinigung bei der Führerscheinverlängerung nachgewiesen werden – der erste Stichtag war der 10. September 2014.

Die Teilnahme an den Fortbildungen soll dazu dienen, die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern und die Fahrer für eine ökonomische und damit ressourcenschonende Fahrweise zu sensibilisieren. Das sogenannte Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (kurz BKrFQG), das für alle gewerblich tätigen Bus- und Lkw-Fahrer gilt, schreibt die Weiterbildung im Rahmen von insgesamt 35 Zeitstunden vor, die in fünf mal sieben Stunden unterteilt werden kann. Eigentlich ist das eine bequeme Sache, denn man braucht nur ganz entspannt einmal im Jahr für einen Tag die Schulbank zu drücken – oder an einem Fahrsicherheits- oder Ecotraining teilnehmen.

Ob die Weiterbildungsmodule nur theoretisch durchgeführt werden oder mit praktischen Übungen kombiniert werden, ist jedem Fahrer selbst überlassen. Manche Betriebe bieten auch für ihre Mitarbeiter in den eigenen Räumen diese Fortbildungen an und stellen dafür eine entsprechend qualifizierte Lehrkraft zur Verfügung.

Für die Teilnahme an unserem Sicherheitstraining reisen wir nach Linthe zum ADAC-Fahrsicherheitszentrum, das vor 15 Jahren vor den Toren Berlins im heutigen Kreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg entstand. Vor Ort treffen wir uns mit Heinrich Degenhart und Dietmar Böhl vom MAN Profi-Drive-Team, die uns einen Tag lang in die Kunst der Fahrzeugbeherrschung einführen und mit den Bussen von MAN und Neoplan an Grenzsituationen heranführen werden. Das mittlerweile seit 35 Jahren bestehende eigenständige Unternehmen MAN Profi Drive hat sich neben allgemeinen Fortbildungen auch auf kundenspezifische Trainings spezialisiert.

Die Stars unter den Reisebussen

Doch unser Training soll nicht eines von vielen sein, denn mit von der Partie sind die MAN-Bundesligabusse vom FC Bayern München, 
VfL Wolfsburg und FC Augsburg sowie weitere Mannschaftsbusse vom TSV 1860 München, FC Basel 1893 und FC Bayern München Basketball sowie deren Fahrer. Auch für sie gibt es keinen Sonderstatus, sie müssen alles wie wir mitmachen.

Zugegeben, ein wenig Stolz sind wir schon, dass wir an diesem Tag zum Teilnehmerkreis gehören. Erste Berührungsängste mit den Fahrern lösen sich sehr schnell in Luft auf, denn es gibt bei ihnen keine Starallüren. Auch wenn sie mit den teuersten Arbeitnehmern aller Zeiten auf Du und Du unterwegs sind und die Marotten eines jeden Spielers kennen, bilden wir für diesen Tag ein Trainingsteam, die Mannschaftsfahrer in ihren Teambussen und wir mit einem MAN Lion`s Coach und einem Neoplan Cityliner – sicher ist sicher.

Die Teams der Fußballvereine sind mit dreiachsigen MAN Lion`s Coach L unterwegs. Gebaut werden die Busse im MAN-Werk in Ankara, ihren speziellen Innenausbau erhalten sie beim MAN Bus Modification Center (BMC) in Plauen. Auf den knapp 14 m gibt es in den rollenden Wohnzimmern neben einer maßangefertigten Kücheneinheit 32 Sitze, die teils mit Beinauflagen oder mit einem Tisch als Vierergruppe gestaltet sind, wo sich die Spieler gemeinsam die Zeit vertreiben können. Hier sollen sich die Profis auf das Spiel vorbereiten, aber auch regenerieren können.

Natürlich sind nicht alle Mannschaftsbusse gleich, bei der jeweiligen Ausstattung lassen sich die Vereine gerne vom BMC beraten. Jochen Seifert bildet das Bindeglied zwischen dem Kunden und dem BMC-Ausbauteam. Er plant und erstellt die Baupläne und sorgt für die einwandfreie Durchführung der Ausbauten, die handwerklich ein wahres Meisterwerk darstellen.

Vor rund drei Jahren hatte MAN das ehemalige Neoplan-Werk in Plauen in eine Fertigungsstätte für hochwertige Busausbauten umgewandelt, nachdem dort die Omnibusproduktion aus Rationalisierungsgründen eingestellt worden war, u.a. auch von Sky- und Starliner. In der Folge spezialisierte man sich in Plauen mit den 150 Beschäftigten auf den hochwertigen und individuellen Ausbau von Fahrzeugen nach Kundenwunsch. Mittlerweile hat man ein breites Portfolio an Mannschafts- und Kundenfahrzeugen ausstatten können bis hin zur Komplettfolierung. „Besonderen Spaß machen dabei die Doppeldecker-Mannschaftsbusse“, erzählt uns Jochen Seifert.

24 Mannschaftsbusse aus München

Seit 2015 ist MAN der offizielle Sponsor des FC Augsburg. Der MAN Lion`s Coach L des Vereins, der zum Fuhrpark der Firma Ludwig Tours gehört, war im Übrigen der erste Bundesligabus, der im Bus Modifikation Center in Plauen ausgebaut wurde. Mittlerweile ist die Zahl der MAN-Mannschaftsbusse auf insgesamt 24 angewachsen, wovon acht Bundesligavereine MAN-Sponsoring-Partner sind.

Im nächsten Jahr krönen die Münchener ihre Fußballaktivitäten dann mit den absoluten Topteams: Ab 2019 werden sie auch die Mannschaftsbusse der Damen-, Herren- und Juniorennationalelf stellen. Zum Einsatz werden drei Lion‘s Coach L kommen, natürlich wieder mit BMC-Ausbau. Der DFB hatte in diesem Jahr erstmals die Fahrzeugpartnerschaft ausgeschrieben, dabei konnte MAN den Zuschlag für sich verbuchen. Also hat sich der DFB von seinem bisherigen Sponsor Mercedes-Benz nach 46 Jahren getrennt.

Doch was uns nebenher dann doch noch brennend interessiert: „Wie kommt man an einen solchen Job als Fahrer einer berühmten Mannschaft?“ Michael Lauerbach ist seit 2006 dabei und fährt mit seinen Kollegen Armin Kriz und Ali Reza Shahbazi-Manesh das Team des FC Bayern München. Seine Antwort auf die Frage lautet: „Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein“, also Zufall mit ein bisschen Forschheit.

Aber ganz so einfach, wie es sich anhört, ist der Job als Mannschaftsfahrer auch nicht; der Bus muss jederzeit zur Verfügung stehen. Die Wochenenden gehören meistens der Mannschaft, die bis zu einer Entfernung von etwa 300 km zu den Spielen chauffiert wird. Zu weiter entfernten Auswärtsspielen reisen die Kicker in der Regel per Flugzeug an. Parallel dazu wird der Bus auf der Straße zum Spielort gebracht, um dann dort die Spieler direkt auf dem Rollfeld vom Flugzeug abzuholen und zum Hotel oder zum Stadion zu bringen. Bei Spielen im Ausland bedeutet das manchmal auch, mitten in der Nacht loszufahren, um pünktlich vor Ort zu sein, um die Mannschaft in Empfang zu nehmen. Vor der Abfahrt müssen aber auch Trikots, Schuhe, Gepäck, Getränke, Essen etc. eingeladen werden. Da kommen gut und gerne 800 bis 1.000 kg zusammen, die verstaut werden müssen.

„Leider ist man immer wieder Fans ausgesetzt, die ihrem Unmut gerne Luft machen, indem sie den Bus beschmieren. Das muss dann so schnell und so gut wie möglich entfernt werden“, erzählt uns Udo Graßhoff, der Fahrer für die Mannschaft vom VfL Wolfsburg ist.

Slalom, Bremsen, glatte Fahrbahnen

Doch kommen wir zurück zu unserem Sicherheitstraining: Das ADAC-Testgelände ist eines der größten und modernsten Fahrsicherheitszentren Europas und in der Lage, auf zehn verschiedenen Strecken fast jede Gefahrensituation zu simulieren. Damit bietet es für die Teilnehmer die Möglichkeit, unerwartet auftretende brenzlige Situationen eigenhändig durchzuspielen. Sehr schnell kommt man ungewollt in Situationen, in denen richtiges und vorausschauendes Handeln gefragt ist, und das gilt es in der Praxis zu trainieren. Durch mehrfaches Wiederholen von Fahrsituationen sollen die erlernten Manöver sozusagen in Fleisch und Blut übergehen.

Auf unserem Trainingsplan steht an diesem Tag der Slalomparcours auf nasser, teils glatter und teils griffiger Fahrbahn. Es geht darum, die aufgestellten Hütchen zu umfahren, ohne dabei zu bremsen, sondern nur mit dem Gaspedal zu agieren. Wir beginnen mit 20 km/h, um zunächst ein Gefühl für das Fahrzeug zu bekommen. Bereits jetzt merken wir, wie schwierig es ist, auf der glatten Fläche die Kurven exakt zu fahren, ohne das Hütchen wegzuschieben. Bei anschließenden 30 km/h wird das Durchfahren des Parcours schon sehr viel schwieriger, denn durch das Untersteuern rutscht uns der Bus über die Vorderachse weg.

Es folgen Vollbremsübungen, bei denen die Busse mit unterschiedlichen Fahrbahnbeschaffenheiten zurechtkommen müssen, rechts griffig und links nass, danach komplett nass und glatt. Da macht es auch nichts mehr aus, dass wir von oben zusätzlich noch mit reichlich Regen beschenkt werden. Das größte Hemmnis ist dabei, dass man als Busfahrer aus Rücksicht auf die Passagiere Vollbremsungen nach Möglichkeit vermeiden will. Doch muss im Ernstfall innerhalb von Sekundenbruchteilen die Situation erfasst, abgewägt und gehandelt werden, durchaus auch mit einer Vollbremsung.

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Zu erfahren, wie der mit allen Sicherheitssystemen ausgestattete 14-m-Bus reagiert, gibt Selbstvertrauen für den Ernstfall. Auf der freien Fläche des Testgeländes kann nach Belieben gelenkt und gebremst werden. Ein gleichmäßiges Rattern ist bisweilen zu vernehmen, was uns über den Einsatz des ABS informiert. Es gilt, das Lenkrad gerade zu halten, damit das Heck nicht wegrutscht. Hier die Angst zu nehmen, ist die Aufgabe des Profi-Drive-Teams. Die Trainer sind mit uns über Funk verbunden, so können sie uns direkt auf unsere Fahrfehler hinweisen und Tipps geben.

„Wie lang ist der Bremsweg bei 30 km/h und bei 50 km/h auf normaler Fahrbahn“, fragen die Trainer in die Runde. Hütchen markieren die von uns abgegebenen Schätzungen. Das Ergebnis: Bei 30 km/h beträgt der Bremsweg 3 m, aus 50 km/h sind es bereits 13 bis 14 m. Das entspricht immerhin einer Buslänge, immer vorausgesetzt, die Reifen sind in einwandfreiem Zustand.

Es geht zur glatten Fahrbahn, die gleichmäßig mit Wasser benetzt wird, damit der Untergrund schön glatt ist und so eine festgefahrene Schneedecke simuliert. Die Aufgabe: Schätze die eigene Geschwindigkeit so ein, dass du nach dem Einleiten der Vollbremsung an dem markierten Punkt zum Stehen kommst. Langsam mit 25 km/h beginnend, dann auf 28 km/h steigernd, erhöhen wir die Geschwindigkeit schließlich auf 30 km/h, und voilà, Punktlandung – Aufgabe gelöst.

Adrenalinkick

Ein wenig Aufregung folgt noch, als es heißt, bergab mit 25 km/h in einem Kreis mit glatt-nassem Fahrbahnbelag in die Kurve zu fahren, ohne die Bremse zu betätigen. Es gilt dabei immer, den Blick und das Lenkrad in die Richtung zu lenken, in die man fahren will, und unten dann voll in die Bremsen zu steigen. Hier greift der Lenkwinkelsensor ein und bewegt das Fahrzeug trotz Rutschens zumindest grob in die gewünschte Richtung. Eine Situation, die sicherlich jedem Fahrer schon einmal bei einer etwas zu schnell genommenen Kurve einer Autobahnausfahrt untergekommen ist. Unsere Übung bringt das Fahrzeug an die Grenzen der Fahrphysik, in der Realität möchte kein Fahrer in eine solche Situation geraten. Man weiß aber zumindest jetzt, was der Bus kann und wie er reagiert.

So langsam neigt sich der Tag dem Ende zu, und es wird dämmrig auf dem Testgelände in Linthe. Wir ahnen nicht, dass uns noch eine besondere Prüfung bevorsteht. Mit allen Teilnehmern an Bord lenken wir unseren Bus über das Gelände. Plötzlich steigt Rauch im Fahrzeug auf, und innerhalb von Sekunden ist der Nebel so dicht, dass man im Innenraum seinen Nachbarn nicht mehr sehen kann. Die zuvor im Bus platzierte Rauchkartusche wurde von den Trainern ferngezündet, um einen Motorbrand zu simulieren. Es dauert zirka drei bis vier Minuten, bis sich das 
Feuer im gesamten Fahrzeug ausbreitet. Dem Fahrer bleibt dann gerade einmal eine Reaktionszeit von 30 Sekunden, um den Bus zum 
Stehen zu bringen und die Insassen zu evakuieren. Dabei die Ruhe zu bewahren, bedarf einer gewissen Abgeklärtheit, die sich auf diese Weise trainieren lässt.

Mit diesen Eindrücken beenden wir unseren interessanten Trainingstag, bei dem wir viel gelernt haben und bereits Erlerntes nochmals festigen konnten. ■

Kirsten Krämer

Fotos: Kirsten Krämer

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Seite 46 bis 49 | Rubrik Spotlight/Report/Porträt