„Wir haben die Corona-Zeit genutzt, uns schlagkräftiger aufzustellen“

Wir sprachen mit dem neuen Geschäftsführer von Volvo Busse Deutschland, Gerd Schneider, über die künftige Ausrichtung des Busbauers im deutschsprachigen Raum.

Gerd Schneider, Geschäftsführer von Volvo Busse Deutschland, Bild: Volvo Busse Deutschland
Gerd Schneider, Geschäftsführer von Volvo Busse Deutschland, Bild: Volvo Busse Deutschland
Claus Bünnagel
INTERVIEW

Herr Schneider, wie fällt Ihre erste Bilanz nach einem guten halben Jahr als Geschäftsführer von Volvo Busse Deutschland aus?

Wir konnten 2020 mit einem guten Ergebnis abschließen. In 2021 sind wir im Stadtbusbereich Deutschland und Schweiz auf Kurs, mussten aber unsere Erwartungen im Reisebusmarkt dämpfen nach den etlichen Lockdown-Phasen, die insbesondere das Tourismusgeschäft hart getroffen haben.

Diese Zeit haben wir in Deutschland, in der Schweiz und in ganz Europa genutzt, um uns intern noch schlagkräftiger aufzustellen. Mit dem Launch des 9700 DD konnten wir sogar ein Highlight setzen und unsere Produktpalette komplettieren. Anfang Juni hatten wir eine Roadshow in der Schweiz und einen Presseevent in Deutschland mit unserem Doppeldecker – ein gutes Timing für den gebeutelten Reisebusmarkt, da heuer die sinkenden Inzidenzen das Reisbusgeschäft ganz leicht beleben.

Wir nutzen auch die Zeit in Deutschland und in der Schweiz, um unser Stadtbusgeschäft breiter aufzustellen. Höhepunkte war die erfolgreiche Inbetriebnahme der ersten zwei vollelektrischen Gelenkbusse bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG. Nennenswerte Tendererfolge im elektrischen Segment hatten wir auch bei der VHH und in Flensburg. Die Krönung unseres Erfolgs mit vollhybriden Fahrzeugen war der Gewinn eines große Tenders in Bern – Bernmobil wird 2022 insgesamt 36 vollhybride Stadtbusse in Betrieb nehmen. Unsere Hybride können mittlerweile fast 50 % im rein elektrischen Modus fahren, und über digitalisierte Konzepte lädt sich das Fahrzeug selbst auf, bevor es in die nächste Nullemissionszone fährt.

Wo wollen Sie Schwerpunkte setzen bei Ihrer Arbeit?

Unser Fokus bleibt ganz klar der Kunde. Unser partnerschaftlicher Ansatz hat sich auch in der Krise bewährt und gezeigt, dass wir sogar noch näher beim Kunden sein müssen – und das nicht nur bei den Geschäftsanbahnungen, sondern auch später bei der Betreuung der Fahrzeuge durch sehr gute Serviceleistungen. Wir arbeiten auch daran, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, um den Betrieb unserer Kunden nachhaltig zu optimieren, gerade jetzt, wo sie sich aus einer Krise herausmanövrieren müssen.

Die Kernaufgabe schlechthin ist natürlich, den Wert der Volvo-Marke insbesondere in Deutschland weiterzuentwickeln. Obwohl wir eher der „Underdog“ sind, haben wir doch klare Botschaften in den Themen Sicherheit und Nachhaltigkeit!

Was die Sicherheit angeht: Neben dem Schutz der Fahrgäste und der Verkehrsteilnehmer durch unsere smarten Assistenzsysteme spielt nun auch der Schutz gegen Viren eine große Rolle, um das Vertrauen der Reisenden in den Bus wiederzugewinnen.

Was Nachhaltigkeit und den Schutz der Umwelt angeht: Seit 1995 nimmt Volvo Busse eine Vorreiterrolle in der Elektrifizierung des busbasierten Verkehrs ein. Mit dem vollelektrischen Gelenkbus 7900 EA haben wir nun eine komplette Produktpalette von vollelektrischen Niederflurbussen zur Verfügung – Overnight und jede Art von Opportunity Charging ist modular konfigurierbar.

Wir haben auch unsere Vollhybride weiterentwickelt. Der neue Name S-Charge soll vermitteln, dass sich die Fahrzeuge selbst aufladen. Die Strecken, die vollelektrisch gefahren werden können, sind deutlich über 1 km und sorgen dafür, dass der Vollhybrid über 50 % im rein elektrischen Modus betrieben werden kann.

Hervorzuheben ist, das alle Dieselplattformen – vom klassischen Überlandbus 8900 LE über den 9900er Reisebus bis zum 9700 DD bereits für die Euro-6e-Norm fit sind und sogar alle Motoren mit Biodiesel als auch mit dem umweltfreundlichen HVO-Kraftstoff betrieben werden können.

Der Reisebusmarkt liegt immer noch darnieder in Deutschland und Europa. Wie wollen Sie Ihre Reisebusreihen 9900 und 9700 mit dem neuen Flaggschiff 9700 DD dennoch pushen?

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Wir haben in der Krise vielfach bewiesen, dass wir unsere Kunden nicht hängen lassen und uns um ihre Belange kümmern. In diesen intensiven Gesprächen mit den Kunden haben wir viel gelernt – dies wird uns noch erfolgreicher machen! Unsere klaren Botschaften in Sachen Nachhaltigkeit und Sicherheit und unser wunderschönes Design in den Baureihen 9900, 9700 und 9700 DD helfen uns natürlich.

Der E-Bus-Markt in Deutschland nimmt mehr und mehr Schwung auf. Wie kann Volvo Busse daran in Zukunft strategisch partizipieren? Bislang konnten Sie ja nur vereinzelt Plug-in-Hybride (z.B. Göttingen) bzw. E-Busse (z.B. VHH, SSB) absetzen.

Es ist richtig, dass wir uns auf bestimmte Städte fokussiert haben. Das ist aber Teil einer durchdachten und langfristigen Strategie – wir wollten als Volvo-Gruppe lernen, wie der anspruchsvolle und komplexe ÖPNV in Deutschland funktioniert – nämlich anders als der eher von privaten Betreibern dominierte Markt in Skandinavien oder Benelux. Diese Lernphase haben wir nun abgeschlossen und unsere Produkte dafür fit gemacht. Wir sind also bereit, unseren Ansatz nun auszudehnen – aber immer unter der Prämisse, nicht nur den Tender zu gewinnen, sondern auch unsere Fahrzeuge über eine Laufzeit von zwölf Jahren oder mehr vollumfänglich zu betreuen. Hier haben wir nun eine zehnjährige Erfahrung in E-Mobilität – welcher andere OEM kann das schon vorweisen?

Wir sind auch davon überzeugt, dass gerade kleine ÖPNV-Betriebe im ländlichen Raum mit unserem Vollhybriden schrittweise in die E-Mobilität einsteigen können, ohne große Investitionen in die Infrastruktur.

Die Tendenz geht offensichtlich in Deutschland zum Overnight Charging. Werden Sie Ihre möglichen Batteriekapazitäten dementsprechend anpassen?

Die Batteriekapazitäten entwickeln sich ständig weiter. Wir sind jetzt bei die Batteriegeneration Volvo 3. Reichweiten hängen jedoch von Einsatzgebiet, Topographie, Klimatisierungsvorgaben und vielem mehr ab. Overnight Charging ist bestimmt das einfachste Konzept, hat aber auch den höchsten Energieverbrauch, da maximales Batteriegewicht mitgeführt werden muss. Wir sind daher davon überzeugt, dass man neben Overnight Charging auch das Opportunity Charging nicht außer Acht lassen darf. ■

Das Interview führt busplaner-Chefredakteur Claus Bünnagel.

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Seite 8 bis 9 | Rubrik Markt & Meinung