Kleinbus mit Anschluss
MB Sprinter:
Bei der ersten Begegnung mit dem Sprinter setzt der Van Marken nicht nur als moderner, konnektiver Transporter, sondern mehr denn je als Bus. Beim Antrieb setzt man aber auf bewährtes, bis die Elektro-Variante 2019 kommt.
Natürlich soll der Mercedes Sprinter weiter ein guter Transporter sein, aber das genügt dem Hersteller nicht, bei der Neuauflage des Namensgebers einer Klasse nach zwölf Jahren Bauzeit. Gute Transporter zu bauen, das ist für die Daimler-Macher selbstverständlich. Insofern hakt der Sprinter beim Vorab-Termin alle geläufigen Standards zügig ab: Fünf Radstände, drei Höhen, dazu einen formal fast nicht angetasteten Raum von 7,8 bis 17 Kubik Volumen. Neu, aber nach dem Vorpreschen von VW nicht überraschend, ist die Einführung einer Frontantriebsvariane mit niedrigerem Zustieg (minus 8 cm), mehr Volumen (plus 0,5 m³) und Nutzlast (plus 50 kg). Sie deckt in zwei Radständen Tonnagen von 3,0 bis 4,1 Tonnen ab, ist in der Anhängelast aber auf 2,0 Tonnen beschränkt. Der Hecktriebler mit 3,0 bis 5,5 Tonnen Solo-Gewicht soll immerhin 15 Kilo leichter geworden sein. Das Leergewicht des Sprinter startet bei 1.990 Kilo, der Preis passend bei 19.990 Euro. Wahlweise gibt es für die 3,5- und 4,0-Tonner jetzt ab Werk eine Luftfederung mit Niveauregulierung.
Motorisch bleibt fast alles beim alten, hier sehr wohl überraschend. So fährt der Hersteller wider Erwarten statt des brandneuen OM 654 aus den Pkw weiter den nochmals reibungsoptimierten OM 651 mit 2,15 Liter auf, in Leistungsstufen zu 114, 143 und 163 bzw. beim Fronttriebler als Reisemobil 177 PS auf. Darüber rangiert weiter der üppige 3,0-Liter-Sechszylinder-CDI. Ein „Elektro-Sprinter“ folgt 2019 mit der Technik aus dem eVito. Getriebeseitig gibt es für den Frontantrieb ein neues Sechsgang-Handschaltgetriebe sowie erstmals eine 9-Gang-Wandlerautomatik, die 7G-Tronic tut im Hecktriebler weiter und neu auch beim Allradmodell Dienst.
Bei der Lenkung setzt man anders als VW nicht auf eine elektromechanische, sondern eine elek-trische Servo-Ausführung. Beim obligatorischen Spurassistenten, der neben zahlreichen anderen Fahrassistenten seine Arbeit verrichtet, bringt einem ein Bremseingriff wieder auf Linie. Bereits vom VW Crafter bekannt, ist der Abstandstempomat, bei Daimler Distronic genannt, der jetzt nicht nur die Distanz zum Vordermann wahrt, sondern nötigenfalls auch bis zum Stillstand abbremst.
Schläfrigkeitsassistent
Im Hintergrund wacht wahlweise ein Attention Assist, der das Fahrerverhalten unter anderem über Lenkradbewegungen erfasst und in den ersten 15 bis 20 Minuten ein Fahrerprofil erstellt. Ergibt die Analyse von über 70 Parametern Anzeichen für Schläfrigkeit, erfolgt eine akustische und optische Warnung nebst Aufforderung zur Pause. Zudem wird die Fahrzeit seit der letzten Pause angezeigt. Dazu garniert Daimler ein behutsam modernisierendes Design, das den Sprinter sofort als solchen erkennbar macht, nur dass er mit seiner verbreiterten Spur irgendwie satter auf der Straße steht. „Es war gar nicht leicht, die bisher eher durch harte Schnitte gekennzeichnete Blechhülle zu beherrschen und in eine Form zu bringen, die verbunden und wie aus einem Guss wirkt, bei der die Übergänge präzise sind und nahtlos wirken“, erzählt Chefdesigner Kai Sieber aus der Gestaltungs-Genese.
Irgendwie muskulös sollte der Sprinter aussehen, Intelligenz und Emotion ausstrahlen, „sinnliche Klarheit“ ausdrücken, so Sieber. Lange getüftelt hat man etwa an der optischen Integration der Seitenschutzleisten. Die augenfälligste Änderung findet sich in der Frontpartie in Form der schlank gestalteten, mandelförmigen Scheinwerfer, die es wahlweise mit LED-Tagfahrlicht und Voll-LED gibt. „Flacher ging es technisch nicht“, erklärt Sieber.
Worauf man praktisch Wert legte war, in der Frontpartie eine breite Stufe beizubehalten, die den Aufstieg zur Windschutzscheibe erleichtert. Unten in der fließend gestalteten Frontschürze sitzt der Radar für den Abstandstempomaten sowie eine von gleich vier Kameras, die zusammen einen 360-Grad-Rundblick im Cockpit ergeben sollen. Dazu tragen auch die dezent integrierten Kameralinsen in den kompakteren Spiegeln bei, die aerodynamisch geschliffen wurden, samt kleinem Spoiler an der Unterkante.
Apropos Aerodynamik: Die soll tatsächlich besser geworden sein, auch wenn Daimler auf die von VW beim Crafter angewandte „Fishtail“-Form mit leicht abfallender Dachlinie und zulaufenden Seiten verzichtete. „Das hat pragmatische Gründe. Wir wollten den Innenraum weitgehend so lassen und das gleiche Raumangebot realisieren“, erklärt Sieber. Am Heck hat man ebenfalls „aufgeräumt“, Sieber spricht von „cleanem“ Erscheinungsbild, das sich bei den ebenfalls in LED-Technik ausgeführten Rückleuchten unter rotem Rauchglas am Design der Pkw orientiert.
Fest rastende Hecktüren
Ein auffälliger Schachzug, um den lange gerungen wurde, ist der nach unten gerückte Stern. „Das ist viel weniger komplex, als ihn wieder in die Glasscheibe zu integrieren. Wir wollten ihn aber unbedingt als zentralen Fixpunkt behalten“, schildert Sieber. Auffällig ist auch der schlanke, fast elegante Heckstoßfänger, oben am Dach prangt die Linse der Rückfahrkamera, kein grober Klotz, sondern ein eleganter Bügel. Optisch wenig zu machen war bei den naturgemäß „herausragenden“ Scharnieren der Heckportale, die schon beim Prototypen leicht öffnen und satt schließen.
Dafür haben die Designer auf die üblichen klobigen Anschlagmagnete der 270-Grad-Öffnung verzichtet. „Die Türen halten auch so ihre Position. Wir haben das sogar mit vorbeifahrenden Lkw getestet“, versichert Norbert Kunz, Leiter Produktmanagment Sprinter. Auch die wahlweise elektrisch unterstützt öffnende Schiebetür fädelt ohne Kollisionsgefahr hinter dem Heckportal ein. Noch ein Detail am Heck: Die Wischer stehen aufrecht und wirken so nicht nur aufgeräumter, sondern dienen auch nicht mehr als unbeabsichtigtes Schmutz- und Restwasserreservoir. Auch die vorderen Wischer sollen weniger schmutzanfällig sein und durch Wasserauftrag direkt vor die Blätter effektiver reinigen.
Im Passagierabteil gibt es wenig Überraschungen, hier sollte alles so bleiben wie es war. Wenn man davon absieht, dass die jetzt erhältliche Frontantriebsversion einen um acht Zentimeter niedrigeren Zustieg und entsprechend mehr Innenhöhe bietet. Kombi-Passagiere dürfen sich über edlere dunklere Verkleidungen, Teppiche und deutlich bequemere, fast fauteuilartige Sitze freuen. Vorn im Fahrerabteil zieht dann aber endgültig die Moderne ein. Kein Wunder, hier ist quasi die Schnittstelle zwischen Fahrer und der digitalen Wolke, die den neuen Sprinter als mobile Datensammeleinheit immer umgeben soll.
Wie Reiseunternehmen Kunden binden können
Das macht vor allem die Topversion mit dem „Skateboard“ genannten Zentraltablet deutlich. So „spacig“ war noch kein Interieur eines kargen Transporters. Das kapazitive HD-Display in 7“ oder 10“ lässt sich entweder per Touch bedienen oder vom, der Pkw-Sparte entliehenen, klavierlack-veredelten Lederlenkrad per Daumenwischen. Die schicken Graphiken des auf den Namen „MBUX“ getauften LTE-fähigen, per fester SIM-Karte verbundenen Multimediasystems erinnern an die Ästethik, die Daimler um den „Vision Van“ geschaffen hat. Vor allem bieten sie eine erschöpfende Fülle von Informationen und Steuerungen, die man sich „wischend“ und wahlweise sprachgesteuert erschließt: Von dem Arsenal an Fahrerassistenzsystemen über die 360-Grad-Kameraperspektive bis hin zur Telematikanbindung über das Mercedes-Benz Pro Connect System.
Deutlich mehr Sitzkomfort
Angenehm: Bei allen Sprintern hilft ein kleiner Griff an der A-Säule beim Einstieg ins Cockpit. Die Türen öffnen von außen weiter mit den klassischen Bügelgriffen. Auch sie fallen beim Prototypen wie die Hecktüren satt ins Schloss. Innen haben sich die Daimler-Designer dann für ein kleines Ablageschälchen statt durchgehenden Bügeln zum Türenschließen entschieden. Aber selbst mit großen Händen baut man hier genug Spannung auf, um die Tür locker zuzuziehen.
Nicht verzichten konnte Daimler auf den Kardantunnel. Dennoch gelingt der Durchstieg zur Seite auch mit dem Schaltknauf des standardmäßigen Sechsgang-Getriebes, der kurzerhand eines der Konsolenfächer besetzt, recht gut. Selbst mit den Staufächern in der Mitte sollte der ohnehin selten platzierte dritte Mann auf der Beifahrersitzbank keine Kollisionssorgen haben. Die ganze Kabine wirkt generell so luftig und geräumig wie beim Vorgänger, auch die gute Übersicht zur Front hat nicht gelitten. Die Spiegel stellen trotz kleinerem und aerodynamischen Format einen Fortschritt dar.
Grundsätzlich befleißigten sich die Daimler-Designer einer sehr anständigen Materialauwahl, die Kunststoffe wirken ansehnlich genarbt und recht wertig, die Top-Cockpits sind in dunklem und hellerem Grau abgesetzt. „Man darf nicht vergessen, wir sprechen hier immer noch von einem Transporter“, relativiert Designer Kai Sieber.
Ehrlich gesagt, am sympathischsten wirkt auf Anhieb die radikal reduzierte Basis-Cockpit-Landschaft mit ihrem pragmatischen DinA4-Staufach in der Mitte und den selbsterklärenden beiden Drehreglern für die Lüftung/Heizung. Wenn’s dazu ein Radio sein soll, wählt man eben die „goldene Mitte“, bekommt dann statt des großen Fachs mehrere kleine Fächer sowie die wertigen und weit verstellbaren Kugelluftausströmer in der Mitte. Das ist insofern ablagentechnisch kein großer Schaden, als unterhalb der Windschutzscheibe noch ein großen DIN-A4-Fach sowie Staumulden mit integrierten Cupholdern zur Verfügung stehen.
On Air: Gute Vernetzung
Auch ohne im Zweifel teure High-End-Goodies, die für feine Hotel-shuttles oder noble Reisebusse vielleicht passend sind, soll der Sprinter ein bestens vernetztes Fahrzeug sein. Die wichtigen Informationen stellt auch das keineswegs ärmliche 5,5“-Display mitten in wohltuend klassisch gestalteten Cluster mit Rundinstrumenten dar.
Exakt ablesen kann man hier etwa auch Angaben zum AdBlue-Stand. Das auf 22 Liter vergrößerte Reservoir haben die Entwickler nach langem Abwägen wieder im Motorraum platziert, jetzt aber besser erreichbar gleich zuvorderst am Rahmen und von harnstoffunempfindlichen Kunststoff umgeben. Die Vorteile überwiegen: Man kann weiter die Abwärme vom Motor nutzen und bringt ein größeres Volumen unter. „Unterhalb des Dieselstutzens tanken, ist auch nicht wirklich bequem. Und Wischwasser nachfüllen, das muss der Kunde ohnehin ab und zu“, begründet Kunz den Schritt. Die Stickoxide sollen jedenfalls nach der Verbrennung um 80 % reduziert sein.
Überhaupt haben die Entwickler bei der Hardware auf Kontinuität gesetzt und auf Experimente verzichtet. „Wir wollten, dass die Kunden sich sofort wie in einem Sprinter fühlen, einem modernen allerdings“, skizziert Kunz die Leitlinie. Und so vereint die Neuauflage des Bestsellers dem ersten Eindruck nach erfolgreich Klassik und Moderne.
Johannes Reichel
Sprinter Tourer – noch mehr Bus als bisher
Mini-Bussen hat der Hersteller einige Aufmerksamkeit gewidmet. Schließlich ist jeder fünfte in der Welt eingesetzte Sprinter ein „People Mover“, wie Daimler verkündete. Das soll auch die Namensänderung signalisieren: Statt dem schnöden „Kombi“ lauten die Sprinter-Busse künftig verheißungsvoll „Tourer“, wie auch schon beim Kompaktvan Vito. Volker Mornhinweg, Leiter der Transporter-Sparte von Mercedes-Benz, versichert, man wolle die Personentransporter in Zukunft noch stärker in den Vordergrund rücken. Speziell Bus-Kunden dürften also nach individuellem Bedarf fündig werden beim neuen Sprinter. Unter anderem stehen gleich vier verschiedene Cockpit-Konzepte zur Wahl. Sie sind allesamt auf den Fahrer zugeschnitten und reichten vom ganz einfachen Modell für Handwerkerautos bis hin zum Top-Modell mit Bildschirm, Klavierlack und Klimabedienpanel für hochwertige VIP-Shuttles.
Hardware-seitig ist für das mobile Gewerbe in Deutschland wichtig, dass nicht nur der in fünf Varianten erhältliche Fahrersitz, wahlweise als Schwingsitz mit AGR-Siegel und Memory-Funktion, komplett neu ist und bis zur aus den Pkw bekannten 10-Wege-Verstellung in der Seitentür mit nach vorn ausziehbarem Sitzkissen aufgerüstet werden kann. Vielmehr wurden auch die Polsterung und die Ergonomie der Fahrgastsitze überarbeitet. Ihre Kennzeichen sind eine Lehneneigungsverstellung, 4-Wege-Kopfstütze, optionale Armlehnen und zwei vorn aus der Sitzfläche ausfahrbare Getränkehalter. Wahlweise gibt es USB-Anschlüsse und Smartphone-Verstaumöglichkeiten im Passagierraum. Wegen der wieder integrierten Dreipunktgurte ist das Gestühl nicht viel leichter geworden, aber künftig soll es dank einem „Easy-Mounting-System“ mit Rollen leichter aus- und wiedereinbaubar sein, auch von einer einzelnen Person, wie Daimler verspricht. Die Sitzkonfiguration im Sprinter Tourer bietet eine Spanne von 8+1 bis 19+1 Plätzen. Insbesondere für den Personentransport verspricht Mercedes-Benz eine verbesserte Geräuschdämmung und ein niedrigeres Geräuschniveau, was auch der Nutzung des sprachgesteuerten MBUX-Multimediasystems zugute kommen soll. Nützlich: Ein Parkpilotsystem, das auch querenden Verkehr erkennt und notfalls eine Bremsung einleitet. Für die Top-Varianten gibt es ein Klimabedienpanel für vorn und für den Fahrgastraum, das mit Pkw-Anmutung aufwarten soll. Auch eine Dachklimaanlage rückte ins Angebot.
Dietmar Fund/ Johannes Reichel
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